Der Highlander und die Kriegerin
Gannon wütend an, denn derlei Gedanken hätten von ihm, nicht von seinem ranghöchsten Mann kommen sollen. Er sah, dass die Bemerkung gut ankam. Rionnas Blick wurde eine Spur wärmer, und sie entspannte sich.
„Ich möchte mich noch von Keeley und von Mairin und dem Kind verabschieden.“
Caelen nickte. „Ich lasse Euch rufen, wenn es an der Zeit ist aufzubrechen.“
Sie erwiderte sein Nicken steif und schritt zum Wohnturm zurück. Seufzend schaute Caelen zu Gannon hinüber.
„Die Wege freizuschaufeln wird eine schöne Schufterei werden“, meinte er. „Wir können ebenso gut gleich damit anfangen.“
Erst als sie sicher war, dass Alaric aufgestanden war, begab sich Rionna zu Keeleys Kammer. Die McCabe-Krieger waren berüchtigt dafür, Frühaufsteher zu sein - irgendwie schafften sie es, mit nur wenigen Stunden Schlaf auszukommen. Alaric allerdings hatte wochenlang an Keeleys Bett gewacht.
Sie sah ihn die Kammer mit einem gefüllten Teller für Keeley betreten und wartete einen Moment, ehe sie klopfte.
Alaric öffnete, und Rionna straffte die Schultern. „Ich würde mich gern von Keeley verabschieden, sofern sie sich heute Morgen wohlfühlt.“
„Natürlich, kommt herein. Sie isst gerade und bejammert, in ihrem Schlafgemach gefangen zu sein.“
Rionna lächelte über den verzweifelten Tonfall. Als sie eintrat, sah sie Keeley im Bett sitzen. Ihre Wangen hatten wieder mehr Farbe bekommen.
„Ich bin gekommen, um Lebewohl zu sagen.“
Keeley verzog unglücklich den Mund. „Jetzt schon? Ich hatte gehofft, mehr Zeit mit dir verbringen zu können.“
Rionna setzte sich auf die Bettkante, nahm Keeleys Hand und drückte sie. „Wenn du wieder gesund bist, wirst du uns besuchen kommen. Und vielleicht komme auch ich dich besuchen. Immerhin sind wir mit Brüdern verheiratet. Wir sehen uns also häufiger. Ich erwarte, dass du mir bei der Geburt des ersten Kindes beistehst. Also pass auf, dass du nicht wieder etwas Dummes anstellst, zum Beispiel dich verwunden zu lassen.“
In Keeleys Augen blitzte es freudig. „Wie ist es dir letzte Nacht mit Caelen ergangen?“
„Ich hasse ihn.“ Ihre Augen wurden schmal. „Er hat eine verruchte, samtweiche Zunge, aber verwandelt sich prompt in den allergrößten Esel, wenn er das Schlafgemach verlässt.“
Keeley seufzte. „Lass ihm Zeit, Rionna. In ihm steckt ein guter Mensch. Du musst einfach tief genug graben, um ihn zu finden.“
Rionna verzog das Gesicht. „Es mangelt mir an deinem Gottvertrauen, Keeley.“
„Ich will, dass du glücklich wirst. Versprich mir, dass du ihm eine Chance gibst.“
„Versprechen kann ich dir nur, ihm nicht meinen Dolch in den Bauch zu rammen, während er schläft“, murrte sie.
Keeley lachte. „Immerhin. Mach’s gut, Rionna. Und sei glücklich. Schick mir eine Botschaft, sobald ihr sicher auf McDonald Keep angekommen seid und euch eingerichtet habt. Außerdem warte ich auf deine Nachricht, sobald du dein erstes Kind unterm Herzen trägst.“
Rionna stand auf und beugte sich vor, um Keeley auf die Wange zu küssen. „Um die Wahrheit zu sagen, wird das wohl nie der Fall sein, wenn er nicht lernt, zur richtigen Zeit seine Zunge im Zaum zu halten.“
Keeley lächelte breit. „Das ist eine Fähigkeit, die meines Wissens kein Mann beherrscht. Aber vergiss nicht, was ich dir geraten habe. Setze deine weiblichen Reize ein, und ich verspreche dir, dass er den Mund wenigstens vorübergehend schließen wird.“
Rionna saß auf ihrem Pferd und ließ den Blick über die Reihen von McDonald-Kriegern schweifen. Sie hatten sich seit ihrer Ankunft auf McCabe Keep gelichtet, und ihr zog sich schmerzhaft die Brust zusammen, wenn sie an all die Männer dachte, die an der Seite ihres Vaters gekämpft hatten. Männer, mit denen sie aufgewachsen war. Die Jüngeren hatten sich vermutlich von ihrem Vater einwickeln lassen, von seinem Gerede über Treue und das Misstrauen der McCabes. Die Älteren dürften ihm freiwillig gefolgt sein, empört darüber, dass man ihm den Titel des Laird aberkannt hatte.
Es war kaum abzusehen, was geschehen würde, wenn Rionna und Caelen McDonald Keep erreichten und verkündeten, dass Caelen der neue Laird sei. Zwar rechnete ihr Clan damit, dass sie verheiratet zurückkehren und ihr Gemahl eines Tages die McDonalds anführen werde - nicht aber damit, dass Letzteres gewissermaßen über Nacht passiert.
Sie erschauerte unter dem schneidenden Wind. Das Fell, in das sie sich gewickelt hatte, war zerschlissen, und
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