Der Highlander und die Kriegerin
verstehen, dass sie nach wie vor keinen Appetit hatte.
„Ihr müsst bei Kräften bleiben. Ich werde Euch ein wenig Brühe bringen lassen. Die könnt Ihr schlucken, ohne zu kauen, sodass Ihr Mund und Kiefer schonen könnt. Und Ihr werdet sie zu Euch nehmen.“
Er hatte damit gerechnet, dass sie den Befehl mit einem wütenden Funkeln bedenken werde. Bislang war jede seiner Weisungen mit einem zornigen Blick oder unverhohlener Missachtung gestraft worden. Doch ihre Augen blieben stumpf. Sie schmiegte sich ins Kissen und schloss die Augen. Es war, als wollte sie ihn fortschicken.
Verhalten fluchend wandte er sich zur Tür. Als er auf den Gang trat, entdeckte er Gannon, der an der gegenüberliegenden Wand lehnte. Gannon richtete sich auf, als Caelen leise die Tür hinter sich schloss.
„Wie geht es ihr?“
„Man hat ihr die Seele aus dem Leib geprügelt“, presste Caelen hervor.
„Wer?“
„Camerons Halunken. Sie haben ihr eine Botschaft mit auf den Weg gegeben. Diese Hundesöhne haben sie schwer misshandelt. Es gibt keine Stelle in ihrem Gesicht, an ihrem Hals, die nicht versehrt wurde.“
Groll glomm in Gannons Augen. „Cameron hat keine Skrupel, auch Frauen in seinen Krieg hineinzuziehen. Aber warum jetzt? Weshalb Rionna? Welcher Sinn steckt dahinter? Wieso greift er nicht einfach an? Die Kerle müssen doch gewusst haben, dass Ihr auf der Jagd wart.“
„Er will mich hervorlocken“, erwiderte Caelen grimmig. „Er will mich aufstacheln, mich zu einer Dummheit verleiten. Zum Beispiel der, ihm mitten im Winter mit einer Bande unzulänglicher Krieger nachzusetzen und gegen seine Feste zu ziehen, um ihm einen leichten Sieg zu bescheren - sofern wir nicht vorher Kälte und Hunger anheimfallen.“
„Er muss Euch für einen rechten Narren halten“, meinte Gannon verächtlich.
„Was er denkt, ist nicht von Belang. Was er wissen wird, sobald mein Schwert ihm ins Herz fährt, das ist es, was zählt.“
„Ich fürchte, um dieses Vorrecht werdet Ihr Euch mit Euren Brüdern streiten müssen. Cameron hat Mairin und Keeley viel Leid angetan.“
„Wie auch Rionna“, fügte Caelen an. „Er glaubt, uns durch unsere Frauen schwächen zu können.“
„Es gereicht einem Mann nicht gerade zur Ehre, sich an Schwächeren zu vergreifen.“
„Ich möchte, dass du jemanden zu Ewan schickst, der ihn über das Vorgefallene in Kenntnis setzt. Lass Ewan mitteilen, dass es neue Drohungen gegen seine Gemahlin und seine Tochter gibt und dass Camerons Übergriffe allmählich ausufern. Ich will, dass die Burg nicht einen Moment ohne Wachposten ist. Sie sollen sämtliche Zugänge im Auge behalten. Sorge dafür, dass die Ausbildung der Männer sofort fortgesetzt wird. Sie werden üben, und zwar hart. Sollte es ihnen zuvor an Eifer gemangelt haben, jetzt dürften sie genug davon besitzen.“ Gannon nickte, wandte sich ab und schritt davon.
„Sag Sarah, sie soll Wasser und Brühe für Rionna herauf schicken lassen“, rief Caelen ihm nach.
Gannon hob eine Hand, um zu verstehen zu geben, dass er verstanden hatte, und verschwand nach unten.
Geräuschlos stahl sich Caelen zurück in die Kammer, um nach Rionna zu schauen. Sie lag genauso da, wie er sie verlassen hatte.
Um sich zu vergewissern, dass sie tatsächlich schlief, beugte er sich vor und lauschte ihrem leisen, gleichmäßigen Atem. Als sie sich nicht regte, zog er sich zurück und ging zum Kamin, um Holz nachzulegen.
Als die Flammen wieder hell aufloderten, ließ er sich gesenkten Hauptes auf den Stuhl nieder. Wie anmaßend es gewesen war, nur die Jagd im Sinn zu haben. Nahrung zu beschaffen war ihm wichtiger gewesen als alles andere. Er hatte seinen Clan beköstigen und sich erst dann um dessen Schutz kümmern wollen. Es war seine erste Handlung und Entscheidung als Laird gewesen, und schon hatte er einen großen Fehler begangen - einen Fehler, für den seine Gemahlin teuer bezahlt hatte.
Kapitel 17
R ionna betastete sachte ihr geschwollenes Auge und zuckte zusammen, als sie an eine besonders empfindliche Stelle rührte. Caelen war im Hof und beaufsichtigte die Waffenübungen der Männer. Bevor er hinuntergegangen war, hatte er dafür gesorgt, dass sie eine anständige Mahlzeit aß, und ihr eingebläut, sich auszuruhen.
Allerdings hatte sie im Laufe der vergangenen Woche mehr Ruhe gehabt, als sie ertragen konnte. Sie hatte sich in ihrem Elend gesuhlt und geschmollt. Zudem hatte sie sich ihren Ängsten gestellt wie auch dem Gefühl, versagt zu haben. Jetzt ...
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