Der Highlander und die Kriegerin
Simon in den Burghof ein. Sein Pferd trabte noch, als Caelen von ihm absprang. Sarah erwartete ihn schon vor dem Wohnturm.
„Wie geht es ihr?“, fragte er.
Sarah rang die Hände, Sorgenfalten im Gesicht. „Dem Herrn sei Dank, dass Ihr zurück seid, Laird. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Seit dem Überfall hat sie das Gemach nicht verlassen. Sie ist nicht mehr sie selbst. Sie isst nichts, sondern sitzt nur da und starrt aus dem Fenster.“
Caelen fasste sie bei den Armen und schüttelte sie, bis sie sich beruhigte. „Ist sie wohlauf? Wie schwer ist sie verletzt?“
In Sarahs Augen schimmerten Tränen. „Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß nicht, was diese Strolche dem Mädchen angetan haben. Sie ist so still, seit sie wieder zu sich gekommen ist. Sie will mich nicht in ihrer Nähe haben und vertraut mir nichts an.“
„Ich werde nach ihr sehen.“ Caelen schob sich an Sarah vorbei.
Während er die Treppe hinaufstürmte, wurde er von Grauen befallen, und als er die Tür erreichte, musste er sich eingestehen, dass er sich fürchtete. Das fühlte sich merkwürdig an - und noch merkwürdiger war es, sich diese Furcht einzugestehen. Er hatte gesehen, wie seine Brüder an der Seite ihrer Frauen durch die Hölle gegangen waren. Aber er hätte nie gedacht, dass auch er je von solcher Angst ergriffen werden könnte.
Caelen schüttelte den Kopf. Er würde sich um jede misshandelte Frau sorgen. Es machte ihn rasend, dass ein anderer Mann angerührt hatte, was ihm gehörte.
Er hob die Hand, um zu klopfen, als ihm aufging, was er da tat. Er ließ die Hand wieder sinken und öffnete die Tür.
Eigentlich hatte er erwartet, Rionna schlafend vorzufinden, aber das Bett war leer. Auch wirkte es nicht so, als habe sie kürzlich darin gelegen. Caelen ließ den Blick durch die Kammer wandern und sah Rionna am Feuer sitzen, den Kopf zur Seite geneigt.
Ihm stockte der Atem, als er die Blutergüsse bemerkte, die ihr Gesicht dunkel färbten. Er hatte sie im Profil vor sich, erkannte jedoch, dass ein Auge zugeschwollen war. Selbst von der Tür aus sah er, dass die Quetschungen an ihrem Hals die Form von Fingern hatten.
Lautlos schloss er die Tür, denn er wollte Rionna nicht wecken. Danach durchquerte er das Gemach, um sie eingehender zu betrachten.
Bei allen Heiligen, jemand hatte sie in der Tat windelweich geprügelt. Während er auf sie hinabblickte, ballte er die Hände zu Fäusten. Sie wirkte so zerbrechlich. So zart. Wie hatte sie solche Grausamkeit überstehen können? Schlimmer noch quälte ihn die Frage, was genau ihr angetan worden war.
Als er sich ausmalte, was vorgefallen sein konnte, wurde ihm ganz elend. Sarah hatte gesagt, dass Rionna sich seit dem Übergriff in der Kammer verkrieche und sich niemandem anvertraue. War sie etwa geschändet worden?
Ihm bebten die Hände, als er ihr über die Wange strich. Großer Gott, er ertrug den Gedanken nicht, dass jemand sie angerührt hatte. Dass jemand sie verletzt hatte. Er setzte sich auf die Kante des Kamins, weil seine Beine nachzugeben drohten.
Caelen ließ die Hand sinken, woraufhin Rionna sich regte. Blinzelnd hob sie die Lider und kniff sie sofort wieder zu, als bereite es ihr Schmerzen, das geschwollene rechte Auge zu öffnen.
„Caelen“, hauchte sie.
„ Aye , ich bin es. Geht es Euch gut? Tut es noch weh?“
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und rieb sich mit einer Hand den Hals. Diese grazile Geste ließ sie umso verletzlicher wirken. Blanke Wut kochte in ihm hoch.
„Es fühlt sich noch wund an, aber sonst geht es mir gut. Es ist nichts Ernstes. War Eure Jagd erfolgreich?“
Ihre Förmlichkeit brachte Caelen aus der Fassung. Es war, als sei in seiner Abwesenheit nichts geschehen, als sei er nur nach Hause gekommen, um sich von seiner Frau höflich begrüßen zu lassen.
Die Schatten unter ihren Augen beunruhigten ihn, denn sie kündeten von einer Pein, die tiefer reichte als die Prellungen. Die Zerbrechlichkeit, die er bereits bemerkt hatte, trat mit jedem Augenblick deutlicher hervor. Etwas Unnahbares umgab sie, und jetzt wusste er, was Sarah so bekümmerte.
„Rionna“, setzte er behutsam an. „Könnt Ihr mir erzählen, was geschehen ist? Es ist wichtig, dass ich alles erfahre. Lasst Euch Zeit, es eilt nicht. Nur Ihr und ich sind in der Kammer, und es gibt nichts, das Ihr mir nicht sagen könnt.“
Sie blinzelte und sah ihn unbewegt an. Er wollte sie anfassen, aber bei Gott, er wusste nicht, wo er sie berühren konnte, ohne
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