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Der Himmel schweigt

Der Himmel schweigt

Titel: Der Himmel schweigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
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kein Wolf war jemals liebedienerisch. Doch er erwies ihr den Respekt, der ihrem Rang und Namen zukam. Sie hatte diese selbstverständliche Hochachtung vermisst, während sie unter den Einheimischen Achernars gekämpft hatte, obwohl Tassa Kay gleichzeitig die lockere Kameraderie genossen hatte, die an deren Stelle getreten war.
    Sie nickte kurz. »Hafenmeister«, antwortete sie. »Gibt es hier auf Tigress derzeit irgendwelche Ereignisse, über die ein Neuankömmling informiert sein sollte?«
    »Ihre Ankunft mit den Landungsschiffen von Achernar ist derzeit das einzige Ereignis von Interesse«, verneinte der Mann. »Wir haben die Unterbringung Ihres Ryoken II bereits arrangiert, eine Reparaturmannschaft steht bereit.«
    Es hatte sein Gutes, einen Ruf zu besitzen, der einem voraneilte, stellte Anastasia in Gedanken fest, selbst wenn der ihre bisher noch weitgehend auf ihrer Abstammung beruhte und nicht auf eigenen Leistungen. »Ausgezeichnet.«
    »Was Sie selbst betrifft, Sterncolonel: Möchten Sie, dass man Ihre persönliche Habe ins Hauptquartier bringt?«
    Anastasia hatte sich diesem Abenteuer nicht unvorbereitet gestellt. Das neu erbaute Hauptquartiergebäude diente als Quartier für die höchstrangigen Stahlwolfoffiziere auf Tigress - zumindest würde es diese Funktion haben, sobald die Stahlwölfe sich fertig eingerichtet hatten - und ihr Rang als Sterncolonel gab ihr das Recht auf eine komplette Suite.
    »Nein«, lehnte sie ab. »Ich habe vor, mir eine Unterkunft in der örtlichen Wirtschaft zu suchen.«
    Eine separate Unterkunft ermöglichte eine weit größere Privatsphäre. Zudem entkam sie so dem Stress, rund um die Uhr die Gesellschaft potenzieller Rivalen ertragen zu müssen. Und nicht zuletzt konnte sie, wenn sie allein wohnte, Tassa Kay viel leichter für ein paar Stunden verantwortungslosen Vergnügens reaktivieren, falls ihr der Sinn danach stand.
    »Wie es dem Sterncolonel beliebt«, antwortete der Hafenmeister. »Die Vier Städte bieten Offizieren mit dem Wunsch nach einem eigenen Quartier zahlreiche Möglichkeiten, und das Hauptquartier hält eine Liste empfohlener Objekte bereit.«
    »Ausgezeichnet. Ich ziehe es vor, keine Zeit mit der Inspektion ungeeigneter Wohnungen zu verschwenden.« Sie schenkte ihm ihr charismatischstes Lächeln.
    Es hatte Tassa Kay auf Achernar gute Dienste geleistet und es würde Anastasia Kerensky hier auf Tigress ebenso nützlich sein. Sie würde unten anfangen, bei den Hilfstruppen, und sich von dort hocharbeiten, sich deren guten Willen und Bewunderung sichern, oder zumindest Respekt. »Wenn man draußen im Feld steht, ist das eine Sache. Wir haben alle schon Schlimmeres erlebt als kaltes Wasser, papierdünne Wände und Ungeziefer. Aber nur weil man etwas auf dem Feldzug ertragen muss, gibt es keinen Grund, es sich auch hinterher zuzumuten.«
    »Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen, Sterncolonel«, stellte der Hafenmeister fest. »Gibt es noch irgendetwas, das ich für Sie tun kann, abgesehen von der Unterbringung und Reparatur Ihres BattleMechs?«
    »Eine Sache, ja. Informiere Galaxiscommander Kal Radick, dass Sterncolonel Anastasia Kerensky auf Tigress eingetroffen ist und ihn zu sprechen wünscht, sobald er es einrichten kann.«
    Stahlwolf-Hauptquartier, Vier Städte, Tigress Präfektur III, Republik der Sphäre
    April 3133, Sommer
    Kal Radick konnte sich schneller Zeit für Anastasia Kerensky nehmen, als sie erwartet hatte. Sie hatte den größten Teil ihres ersten Tages auf Tigress damit verbracht, die örtlichen Miet- und Verkaufsangebote durchzusehen und sich mit einer Gnadenlosigkeit an die Beschaffung einer Unterkunft gemacht, die mehr als einen Makler erschöpfte. Aber die Anstrengung hatte Erfolg: Am Spätnachmittag besaß sie die Schlüssel zu einer kleinen Wohnung in einem mittelprächtigen Viertel der Vier Städte. Das Gebäude selbst war ein unattraktiver Ziegelbau, der an einen Frachtcontainer mit Fenstern erinnerte. Doch er war für die Maßstäbe der Nachbarschaft gut erhalten und verfügte über ausgezeichnete Sicherheitsvorkehrungen.
    Und bei aller Arbeiterklasse-Hässlichkeit des Bauwerks besaß es einen unübertroffenen Vorteil: Kein Stahlwolf hätte Sterncolonel Anastasia Kerensky je in dieser Umgebung gesucht. Sie verfügte immer noch über Tassa Kays Abschiedsgeld vom Militärdienst auf Achernar in harter Republikwährung. Es war mehr als genug für die erste und letzte Monatsmiete, die Kaution, die Anschlussgebühren für die Stadtwerke und

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