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Der Himmel schweigt

Der Himmel schweigt

Titel: Der Himmel schweigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
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deutlich man ihr die Erschöpfung ablesen konnte. Es musste schon sehr deutlich sein, um diese Reaktion auszulösen.
    »Präfektin«, sagte er. »Kann ich kurz unter vier Augen mit Ihnen sprechen?«
    Heißt im Klartext, dachte sie, lassen Sie uns die einfachen Soldaten nicht beunruhigen. Sie nickte und folgte Crow auf den leeren, nur schummrig beleuchteten Gang.
    Sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, drehte er sich zu ihr um und kam bis auf kurze Distanz auf sie zu. Nicht nahe genug, dass es jemandem aufgefallen wäre, der zufällig vorbeikam, und zu Gerüchten hätte führen können. Dennoch schien es ein Abrücken von seiner üblichen strengen Förmlichkeit anzuzeigen. Aus dieser Nähe konnte sie die Erschöpfungslinien in seinem Gesicht sehen, und nicht einmal seine natürliche Bräune konnte die Augenringe überdecken.
    Seine Worte waren offen, aber der Tonfall sanft. »Countess, wenn Sie heute Nacht wieder kein Auge zutun, werden Sie Northwind morgen nicht viel nützen.«
    »Ich sollte in der GZ bleiben .«
    »Lassen Sie mich das übernehmen.« Er lächelte trocken. »Ein Paladin wird die Truppen ebenso beruhigen und ermutigen wie eine Präfektin. Sicher für eine Stunde oder so.«
    Der Gedanke an Ruhe war verlockend, aber sie fühlte sich zu einem letzten schwachen Widerstand verpflichtet. »Sie brauchen den Schlaf so dringend wie ich.«
    »Ich habe mir vorhin in meinem Büro ein kurzes Nickerchen gegönnt. Nicht viel, aber genug. Es wird Zeit, dass Sie das auch tun.«
    Sie zögerte immer noch, aber als sie sich dabei ertappte, ein Gähnen zu unterdrücken, gab sie schließlich doch nach. »Na schön. Aber nur ein paar Stunden. Und rufen Sie mich, sobald es eine Veränderung gibt.«
    »Natürlich«, antwortete er und ging zurück in die GZ.
    Sie machte sich nicht die Mühe, ihr Quartier in der Neuen Kaserne aufzusuchen. Die war zu weit entfernt. Wenn sie sich schon eine Pause gönnte, um Schlaf nachzuholen, wollte sie keine Minute davon verschwenden.
    Ihr Büro - das kleine Ausweichbüro hier im Keller, nicht das Pri-vatbüro in ihrem Quartier oder das große offizielle Büro mehrere Stockwerke höher im eigentlichen Fort - enthielt eine Couch, ein ältliches Möbel, das möglicherweise für die Bequemlichkeit von Besuchern gedacht war, aber wahrscheinlich mehr zu dem Zweck dort stand, für den sie es jetzt zu benutzen plante. Sie legte sich halb, halb sackte sie auf die grünen Lederkissen, ohne sich die Mühe zu machen, die Schuhe auszuziehen oder den Kragen zu öffnen. Nach wenigen Sekunden war sie bereits fest eingeschlafen.

Juni 3133, Sommer
    Das erste Licht der aufgehenden Sonne badete das östliche Vorgebirge der Bloodstones in rosafarbenem Licht. Oberst Michael Griffin wurde von der beginnenden Helligkeit aufgeweckt. Er hatte sich kurz vor Morgengrauen endlich eine Stunde Schlaf gegönnt, in einem Schlafsack auf einem Feldbett am Fuß seines Koshi . Falls die Stahlwölfe in der Nacht angriffen, wollte er keine Zeit damit verschwenden müssen, durch die Dunkelheit zu seinem Mech zu laufen. Er hatte nicht ernsthaft damit gerechnet, stattdessen vom Licht des anbrechenden Morgens und dem Trompetensignal aus den Lagerlautsprechern geweckt zu werden.
    »Tee, Sir?«
    Sein Adjutant, Commander Owain Jones, näherte sich dem Feldbett mit einer dampfenden Tasse in jeder Hand. Griffin setzte sich auf, nahm eine Tasse und trank dankbar vom stark gesüßten Inhalt.
    »Danke, Commander.«
    »Keine Ursache, Oberst.« Der frühe Sommermorgen in dieser Höhe war kälter als auf der Basis. Jones stammte ebenso wie Griffin aus wärmeren Gefilden und hatte die Hände um die Tasse gelegt, um sich zu wärmen. »Die Wölfe sind also doch noch nicht gekommen.«
    »Keine Sorge, Commander. Jetzt, da es hell wird, setzen sie sich bestimmt wieder in Bewegung.«
    »Und segne, was du uns bescheret hast«, kommentierte Jones. »Wie stehen unsere Chancen, sie zu stoppen?«
    »Wir brauchen sie nicht zu stoppen. Ihren Vormarsch zu verzögern genügt.«
    »Für wie lange?«
    »Bis ich sage, es reicht.« Griffin gab ihm die leere Tasse zurück.
    Commander Jones verschwand wieder Richtung Messezelt und Griffin blieb nachdenklich zurück. Wahrscheinlich blieb ihm genug Zeit für ein schnelles Frühstück und die Morgentoilette, Dinge, die sich im Cockpit eines Mechs nicht zufrieden stellend durchführen ließen. Danach würde er zu den Soldaten reden müssen. Viel mehr als er Commander Jones gesagt hatte, würde er ihnen auch

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