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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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Zeit.«
    »An der Zeit?« Birger schien irritiert, dann erstarrte er. »Sie meinen … an der Zeit?«
    Ich nickte. »Sie müssen ja nicht, wenn Sie nicht wollen«, sagte ich mit ruhigem Tonfall. »Aber für mich ist es nun an der Zeit, all das hinter mir zu lassen, und ich fände es schön, Gesellschaft zu haben.«
    »Und was ist mit ihm?« Birger sah hinüber zum Eingang und nickte zu Mikael, der gerade zur Tür herausgekommen war und in jeder Hand einen Küchenstuhl trug.
    »Er schafft es. Mikael war nie das Problem.«
    Birger antwortete nicht, sondern schloss die Augen.
    »Wenn Sie wollen«, sagte er und streckte die Hand aus. Kurz darauf spürte ich, wie Birger meine Hand fasste. Es war das erste Mal, dass ich Kontakt zum Körper eines anderen Menschen hatte, seit ich gestorben war, und das Gefühl war so intensiv, dass ich zusammenzuckte. Die Wärme seiner Hand ging auf meine Handfläche über. Einen Moment lang war ich nahe daran, die Augen zu öffnen und etwas zu sagen, doch stattdessen drückte ich und spürte, wie er den Händedruck erwiderte. So standen wir einfach nur da, und ich musste daran denken, dass ich keine Ahnung hatte, was jetzt zu tun war. Dass ich überhaupt nicht wusste, was jetzt kam. In dem Moment spürte ich, dass Arayan an meine Seite trat und der Boden unter meinen Füßen verschwand. Hektisch schlug ich die Augen auf. Die Straße, auf der wir eben noch gestanden hatten, lag tief unter uns. Ich sah das Dach des Umzugswagens, Leute auf den Gehwegen, einen vorbeifahrenden Bus, eine Ampel, die gerade auf Grün umsprang. Es war schwindelerregend, die Welt verschwand aus meinem Sichtfeld. Die Ruhe machte mit einem Mal einer brennenden Hitze und kurzen, heftigen Panikattacken, Zweifeln, Angstzuständen und Protestausdrücken Platz. Am liebsten hätte ich mich an Arayan gewandt, ihm etwas von Fehlalarm erzählt, dass ich mich geirrt hätte, doch stattdessen sah ich zu Birger hinüber. Er hatte auch Angst, nickte mir aber zu und lächelte ein wenig.
    »Es wird alles gut, Frau Direktor«, sagte er, und im nächsten Augenblick war ich von kühlem, tiefem Blau umgeben, das sich sanft bewegte. Alle Gedanken, Pläne und Strategien, all die Sorgen, alle Wut und Angst wurden sachte von mir abgetragen wie angetrocknete Malfarbe, die einfach abblättert. Das Blau wurde blasser, changierte in Pastell. Wellen von schimmernder Farbe, Partikel, die sich im Kreise drehten, tanzten und kippten. Ein Kaleidoskop, ein himmlischer Tivoli. Ich lachte. Aber nicht wie eben noch dort auf der Straße. Die Vibrationen des Geräuschs waren tanzende Blasen in meinem Körper. Kribbelnd, fast schon erregend. Ich sah mich an, erkannte aber nichts mehr von dem, was ich gewesen war. Meine Kleider waren verschwunden, und doch war ich nicht nackt. Ich war hell, leicht und fast durchsichtig.
    Und ich fiel, aber dieses Mal nicht nach unten. Ich konnte Birgers Hand nicht mehr spüren, auch Arayan sah ich nicht mehr an meiner Seite. Ich war allein, schwerelos und formlos. An Fluten aus Licht und wohlbekannten Tönen entlang wurde ich in einer aufsteigenden Spirale vorwärtsbewegt. Ich selbst konnte die Bewegung nicht kontrollieren. Gar nichts konnte ich kontrollieren. Ich folgte dem Strom, genoss die Kraft, nahm all diese Eindrücke in mir auf und ließ ihnen Raum. Dann beruhigte sich alles, die Bewegung ebbte ab. Ich befand mich auf einem offenen Feld, kein Ende weit und breit, und in einem gleißenden Licht sah ich Gestalten näher rücken, die ich sehr gut kannte. Ich konnte nicht hören, was sie sprachen, aber in meinem Herzen klangen ihre Worte vor Freude.
    Sei willkommen zu Hause.

Mikael öffnete die Pizzakartons, die Sofia mitgebracht hatte, und stellte sie auf den Tisch.
    »Jetzt müssen wir mit den Fingern essen«, sagte er und sah, wie Melvins Augen zu leuchten begannen. »Beim nächsten Mal habe ich das Besteck bestimmt ausgepackt«, fügte er hinzu, als er sah, wie der Junge mit der ganzen Hand nach einem fetttriefenden Stück Pizza griff.
    Die erste Nacht hatte er nun in der neuen Wohnung verbracht. War am Abend allein durch die öde hallenden Räume, in denen Kartons und Möbel abgestellt waren, gelaufen. Seine Matratze lag direkt auf dem Boden, und es hatte lange gedauert, bis er nicht mehr auf all die neuen Geräusche vom Aufzug, den Nachbarn und den Nachtbussen, die ab und zu vorbeirauschten, gehört hatte. Am Ende war er eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als die blasse Herbstsonne durch das Fenster, vor

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