Der Himmel so fern
dem noch keine Gardinen hingen, auf sein Gesicht fiel. Den ganzen Tag lang hatte er Kisten eingeladen und Möbel transportiert und das Bett aufgebaut. Als Sofia angerufen und gefragt hatte, ob sie mit Melvin und etwas zu essen vorbeikommen solle, hatte er sich gefreut. Jetzt saßen sie dort, alle drei – oder vielmehr alle vier, denn Travolta schlief unter dem Tisch – und aßen Pizza, so dass man sie schmatzen hörte.
»Mein Vater hat gestern angerufen.« Sofia sah ihn an.
»Dein Vater?«
»Ja. Ich weiß nicht, was er eigentlich wollte, aber er sprach davon, dass er in Stockholm zu tun hätte. Und dass wir uns vielleicht treffen könnten.«
Mikael legte sein Stück Pizza hin und wischte sich die Finger an einem Stück Küchenrolle ab. »Und was hast du gesagt?«
»Ich wusste nicht recht, ich war ja völlig überrumpelt, aber ich habe ihm geantwortet, er könne sich ja melden, wenn er vor Ort sei.« Sie trank einen Schluck aus einer Cola-Dose, die auf dem Tisch stand. »Er hat sich auch nach Melvin erkundigt«, fügte sie hinzu und stellte die Dose wieder ab.
Der Kleine sah auf, als er hörte, dass sein Name fiel. »Wer denn?«
»Dein Opa.«
»Ich habe einen Opa?«
»Ja, das hast du.«
Melvin machte ein zufriedenes Gesicht, während er weiter auf seiner Pizza kaute.
Mikael schwieg eine Weile. Dann sah er Sofia an und lächelte. »Ich bin froh, dass du hier bist.«
Sie erwiderte sein Lächeln. »Ich auch.«
Melvin schien den Ernst des Moments zu begreifen, denn er legte seine Pizza wieder hin und sah die beiden abwechselnd an. Mikael wollte gerade etwas sagen, als er bemerkte, dass der Junge einen Punkt zwischen ihnen fixierte. Instinktiv drehte er sich um, um festzustellen, was Melvin sah, doch er konnte nichts anderes finden als die Spüle, die voll mit zerknülltem Zeitungspapier war, und eine offene Umzugskiste auf dem Fußboden davor.
»Sie ist nicht mehr traurig.« Melvin wandte den Blick von diesem Punkt ab und sah zu Mikael und dann zu seiner Mutter.
»Wer denn?«
»Die Tante. Sie ist nicht mehr traurig«, wiederholte er.
Mikael erstarrte und sah, dass es Sofia ebenso erging. In der Küche wurde es still. Dann drehte der Junge sich wieder zum Tisch und streckte die Hand aus, um ein neues Stück Pizza zu nehmen.
»Weißt du was, Mikael«, sagte er und lächelte von einem Ohr zum anderen. »Ich möchte am liebsten immer mit den Händen essen, so schmeckt es am allerbesten!«
Über Kajsa Ingemarsson
Kajsa Ingemarsson war zunächst Übersetzerin und Radiomoderatorin, bevor sie sich dem Schreiben zuwandte. Ihre Bücher erscheinen regelmäßig auf den Bestsellerlisten und werden von der Kritik hoch gelobt. Seit Jahren ist sie auch ein gefragter Gast im schwedischen Fernsehen. Die Autorin lebt mit ihrer Familie südlich von Stockholm.
Weitere Informationen, auch zu E-Book-Ausgaben, finden Sie bei www.fischerverlage.de
Impressum
Die schwedische Originalausgabe erschien 2011 unter dem Titel »Nagonstans inom oss« bei Norstedts, Stockholm.
© 2011 Kajsa Ingemarsson
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Grand Agency, Stockholm
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
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Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-401758-7
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