Der Himmel so fern
verabschieden würde. So wurde es jedenfalls erwartet.
Die Planung der Beerdigung hatte ich Mikael oder, besser gesagt, seiner Mutter überlassen. Birgitta war viel länger in der Wohnung geblieben, als ich erwartet hatte, und das ärgerte mich. Sicher, sie kümmerte sich um Mikael, wenn er zu nichts anderem imstande war, als an die Decke zu starren, doch sie beschäftigte ihn auch permanent mit belanglosem Gerede und verschiedenen Kleinigkeiten, die es mir erschwerten, tagsüber an ihn heranzukommen. Unsere Zeit waren die Nächte und die Stunden am Abend und am Morgen, wenn ich neben ihm im Bett lag und mir vorstellte, dass sein leerer Blick in Wirklichkeit voller Liebe auf mich gerichtet war. Oder auch jetzt, da er sich zurückgezogen hatte, um seine Ruhe zu haben und ich ihm Gesellschaft leistete. Ihn tröstete, seinen Schmerz linderte mit meinen Worten. Ihm Bilder und Gefühle aus unserem Leben übermittelte, die ihm im Gedächtnis bleiben sollten, so wie es hätte sein können. Dieses Mal trug er selbst dazu bei. Die bevorstehende Beerdigung rief in ihm die Erinnerung an unsere Hochzeit hervor, und ich musste ihn dafür nur leicht in die richtige Richtung schubsen. Vorübergehend waren die dunklen Gedanken an das, was bevorstand, verdrängt.
Eigentlich hatte es nicht so gut begonnen. Wie immer hatte ich Mikael die Initiative überlassen. Damals war das Muster in unserer Beziehung schon so ausgeprägt, dass es keiner von uns hätte einfach ändern können, selbst wenn er es gewollt hätte. Diese Person, die immer so uninteressiert tat und lieber abwartete, war ein Teil von mir geworden. Manchmal vergaß ich sogar, dass das nur ein Spiel war, dass ich jenseits dieser Fassade vor Freude über jeden Schritt auf unserem gemeinsamen Weg Luftsprünge machte. Dass die Hochzeit für mich genau so ein Meilenstein war wie für Mikael. Stattdessen blieb ich distanziert, und als ich so unbeteiligt wie nur möglich mitteilte, dass ich seinen Nachnamen, Jolin, annehmen würde, betonte ich überdeutlich, dass das keinerlei sentimentale Gründe hätte. Da ich zahlreiche Kontakte ins Ausland hatte, sei Högberg ein eher unpraktischer Name, hatte ich argumentiert. Dass ich gleichzeitig das Gefühl großer Befreiung empfand, endlich das Erbe meiner Familie hinter mir zu lassen, erwähnte ich nie.
Wir ließen uns im Stadshus trauen, was natürlich meine Idee war. Wenn wir schon heirateten, dann sicher nicht so, wie andere das gern gehabt hätten. Eher als Konsequenz aus einem Leben, das wir bis dahin bereits geführt hatten: Die Ehe war eine Bequemlichkeit, die praktisch war und juristische Sicherheit gab.
Von einem Brautkleid konnte also keine Rede sein, aber ich hatte mir ein Kleid mit hübschen weiten Ärmeln zugelegt, und der Lippenstift, den ich dazu auflegte, hatte dieselbe Farbe. Sie erinnerte an eine hellrote Mohnblume in einem Kornfeld. Als ich mich damals im Spiegel betrachtete, bevor wir losfuhren, staunte ich nicht schlecht. Ursprünglich hatte ich vorgehabt, ein Kostüm in irgendeiner neutralen Farbe anzuziehen, aber wenn ich mich jetzt so sah, mit hohen Absätzen und der roten Seide, die sich um meine Taille schmeichelte, war mir klar, dass alles andere nicht gepasst hätte. Mikael sagte kein Wort, als er mich im Flur sah, er staunte nur und lächelte. Das war das erste und einzige Mal, dass er mich in Rot sah. Als er meine Hand nahm und wir zum Taxi gingen, hielt er sie so fest, dass die Abdrücke noch lange auf meiner Haut blieben.
Vor dem Stadshus warteten Mikaels Eltern und unsere Freunde. Sie applaudierten und pfiffen, als wir am Eingang unter dem Portal erschienen. Alle waren festlich gekleidet. Birgitta trug zu ihrem Frühlingsmantel sogar einen Hut, und sie hatte rosige Wangen, so aufgeregt war sie wegen der bevorstehenden Festlichkeiten. Dann erklang der Glockenschlag, und die Gespräche verstummten, und als wir die Treppen hinauf in das Trauzimmer stiegen, war nur noch Geflüster von Mette und Siri zu hören. Mikael hatte wieder meine Hand genommen, als könnte ich wegfliegen, wenn er mich losließ, und wir sahen uns beide schweigend an. Ein paar Minuten mussten wir noch warten, bis der Standesbeamte herauskam und unsere Namen aufrief. Ich sah Mikael ins Gesicht. Er hatte feuchte Augen, und als ich das sah, spürte ich deutlich, wie nah auch ich den Tränen war.
Während des Aktes hielten wir uns an der Hand, was sehr beruhigend war, doch mein »Ja« war mehr ein heiseres Krächzen, und ich spürte, das
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