Der Himmel so fern
die Gäste hinter meinem Rücken lächelten. Die wenigen Minuten, die die Trauung dauerte, kamen mir wie Stunden vor. Oder Sekunden. Alles kam zur Sprache. Wir haben uns gegenseitig erwählt. Hinterher flossen die Tränen. Ich heulte, Mikael heulte, seine Mutter heulte, die anderen Gäste auch. Der Einzige, der nicht weinen musste, war Stellan, doch auch er sah sehr gerührt aus.
Hinterher fuhren wir in ein Restaurant, das ein bisschen außerhalb der Stadt lag. Ich hatte es ausgesucht. Es war betont modern eingerichtet, mit Holzböden, rustikalen Tischen und Servietten aus derbem Leinen. Das Personal hatte den Tisch mit herrlichen Frühlingsblumen dekoriert, und sie begrüßten uns lächelnd mit einem Glas Sekt. An den Gläsern des Brautpaars war jeweils ein rosafarbenes Seidenband befestigt. Während der Autofahrt hatten sich die Gemüter beruhigen können, und mit einem Mal begann ein munteres Geplapper, jeder schwärmte, wie wunderschön die Zeremonie gewesen sei. Nie hätte man gedacht, dass eine standesamtliche Trauung so feierlich sein könne. Jonas, Siris Mann, der sich üblicherweise eher zurückhielt und den ich bislang nur von ein paar wenigen gemeinsamen Abendessen kannte, war gleicher Meinung und meinte, wenn er das vorher gewusst hätte, dann hätten sie ihre eigene Hochzeit eigentlich auch so feiern können. Sie hatten sich im Vorjahr in einer Kirche auf Lindingö von einer Pfarrerin trauen lassen, die so jung gewesen war, dass Jonas felsenfest davon überzeugt war, dass sie noch Jungfrau war. Wir mussten laut lachen, als er sich darüber aufregte, dass ihre Ehe von einer Jungfrau gesegnet worden war und was das wohl für Konsequenzen für ihr eheliches Leben haben musste. Allerdings kann ihr Einfluss nicht allzu groß gewesen sein, denn Siris konsequente Abstinenz während des Essens enthüllte schließlich, dass sie im dritten Monat schwanger war.
Mikaels Vater hielt eine Ansprache, eine ernsthafte Rede über die Liebe, die Ehe und die Verantwortung füreinander. Ich hatte das Gefühl, er würde dabei besonders zu mir sehen, doch vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Birgitta wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Dann erhob sich Mette. Stellan und sie hatten sich einen Sketch ausgedacht: Sie stellten den Abend nach, an dem wir uns kennengelernt hatten. Mette war sicherlich eine großartige Schauspielerin, aber Stellan war gar nicht der Typ, der das Scheinwerferlicht suchte, und wir waren sehr überrascht, als sie diesen Auftritt ankündigten. Stellan spielte Mikael mit nach hinten gegeelten Haaren und weit aufgeknöpftem Hemd, und Mette stopfte ihren roten Wuschelkopf unter eine Perücke mit langem braunem Kunsthaar. Dann erklärten sie, dass sie ja zufällig dabei gewesen seien und deshalb alles wörtlich zitieren könnten. Dass Mette sehr direkt sein konnte, wusste ich, aber dass auch Stellan sich und seinen Freund auf die Schippe nehmen würde, war mir neu. Wir mussten so lachen, und als die Vorführung am Ende in das allseits bekannte »Marmor, Stein und Eisen bricht« mündete, stimmten sogar Mikaels Eltern mit ein.
Das ganze Essen verlief so perfekt, dass es uns und unseren Gästen schwerfiel, sich schließlich auf den Heimweg zu machen. Schließlich brachen wir beide einfach auf, als alle noch mit gefüllten Gläsern dastanden und sich angeregt unterhielten, und nahmen ein Taxi zurück in die Stadt. Wir hatten im Grand Hotel eine Suite für die Hochzeitsnacht gebucht. Die kostete zwar fast genauso viel wie eine Hochzeitsreise, aber da wir keine Zeit dafür hatten – ich behauptete stock und steif, dass vor dem Sommer überhaupt nichts zu machen sei –, bestand Mikael auf diesen Luxus. Als wir im Hotel ankamen, war ich darüber heilfroh. Im Zimmer stand ein Wahnsinnsrosenstrauß, den Mikael bestellt hatte, und eine Flasche Champagner daneben in einem Kühler mit Eis. Ich streifte meine Stilettos ab und sank dankbar auf das weiche Sofa, mit Blick auf den Nachthimmel über dem Wasser. Mikael kam zu mir. Da saßen wir nun nebeneinander und sprachen kein Wort. Ich hielt meine linke Hand gegen das Licht und betrachtete den Ring, den Mikael mir ein paar Stunden zuvor auf meinen Finger geschoben hatte.
»Jetzt sind wir verheiratet«, stellte ich fest, und Mikael nickte langsam. »Wie schön«, sagte ich. »Jetzt ist alles so, wie es sein soll.«
ERSTAUNLICH , mit einem Mal waren all diese alten Erinnerungen wieder da! Wie lange hatte er nicht mehr an ihre Hochzeit gedacht? In
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