Der Himmel ueber Dem Boesen
Streit», sagte Bliss.
Merrily schloss verzweifelt die Augen. «Oh, Frannie, das gibt’s doch nicht.»
«Ich kann es nicht dabei lassen, Merrily. Ich muss es
wissen
.»
« Was
denn, um Himmels willen?»
«Ob es
stimmt
!» Bliss stützte sich schwer auf den Tisch, sodass seine Tasse und der Löffel klirrten. «Wissen Sie, was die jetzt sagen? Wissen Sie, was Fleming sagt? Er sagt, dass Roddy Lodge nur einen einzigen Mord begangen hat, und zwar einen Beziehungsmord wie aus dem Lehrbuch. Dass er seine Freundin im Suff erwürgt hat und dachte, er könnte es vertuschen, aber als wir ihn dann geschnappt haben, hat er sich, als der großspurige Scheißkerl, der er war, von dieser Serienmörder-Vorstellung hinreißen lassen. So hat Fleming die Situation von Anfang an eingeschätzt. Mit andern Worten: Er sagt, dass Roddy Lodge, der Serienmörder,
meine
Erfindung ist.»
«Oh.»
«Und dann hat er mit Roddys Hausarzt gesprochen, und anschließend hat er Moffat konsultiert, den Gerichtspsychologen, der bestätigt, dass Roddy die klassischen Symptome einer fortgeschrittenen manischen Depression hatte. Sehen Sie, worauf das hinausläuft?»
«Es …» Merrily zögerte. Lol wüsste es, aber sie hatte ebenfalls eine ziemlich genaue Vorstellung, es passte alles zu gut zusammen. «Die lügen, oder?», sagte sie bedrückt. «Manisch-Depres sive lügen im großen Stil.»
«Genau.» Bliss lächelte eisig. «In der manischen Phase erzählen manche die unglaublichsten Lügengeschichten, die aber sehr überzeugend sein können, weil sie nämlich selbst halb dran glauben. Falls es nicht der Wahrheit entspricht, dann glauben sie, es
müsste
so sein. Mit anderen Worten, sie prahlen mit Sachen, die sie gar nicht gemacht haben.»
Hab den ganzen feinen Pinkeln hier in der Gegend ihre Tanks eingebaut,
bis nach Wales rein. Hab sogar Prinz Charles die Abwasserleitungen gelegt drüben in Highgrove.
Bliss sagte: «Fleming weist vor allem auf eins hin, was Roddy gesagt hat, als er auf dem Mast war. Er hat gesagt, er würde Madonna umbringen – wir haben das natürlich alles auf Band, dank eines besonders schlauen Einheimischen, der eine Videokamera dabeihatte. Sie haben ja selbst gesagt, dass er behauptet hat, Madonnas Abwasseranlage in den Cotswolds eingebaut zu haben. Und Madonna lebt ja noch nicht mal in den Cotswolds – das hat er falsch verstanden. Ihr Haus ist in Somerset oder so. Roddy Lodge ist nie bei Madonna gewesen, er kennt nur die Fotos aus
News of the World
.»
«Aber was ist mit den andern beiden? Mit Melanie Pullman und dem Mädchen aus Monmouth?»
«Sie sagen, ich hätte ihm die Namen genannt und er hätte sich sofort draufgestürzt. Sie sagen, mein Fragestil wäre antiquiert und unbeholfen gewesen angesichts der Tatsache, dass wir nicht mal den Tod dieser Frauen eindeutig beweisen können. Um ein für alle Mal Klarheit zu haben, hat Fleming eine andere Firma mit fünf Baggern beauftragt. Sie haben bis gestern fünfzehn weitere Efflapures ausgegraben.»
«Nichts?»
Er antwortete nicht mal. Merrily wusste nicht, was sie sagen sollte. Wenn Roddy Lodge
tatsächlich
kein Serienmörder war, wenn es keine weiteren Leichen
gab
, war das natürlich der beste denkbare Ausgang … Abgesehen davon, dass Frannie als ehrgeiziger, aber fehlgeleiteter Polizist betrachtet werden würde, der einen Mann in den Tod getrieben hatte – einen Mann, der, wenn er auch sicher nicht unschuldig war, sehr viel weniger Schuld auf sich geladen hatte als …
Verdammter Mist
.
Bliss legte die Hände hinter den Kopf, streckte die Beine aus und sprach in Richtung Decke weiter.
«Als Letztes hat Fleming gestern Nachmittag gesagt, wenn ich Roddy vorgeworfen hätte, in den siebziger Jahren Lord Lucans Kindermädchen umgebracht zu haben, hätte er das auch noch zugegeben. Fleming hat gesagt, ich war gefährlich naiv. Er hat gesagt, in meiner Ruhmsucht sei ich wahrscheinlich kaum weniger manisch als Lodge selbst. Er hat gesagt, die explosive Kombination von Lodge und mir hätte für West Mercia Auswirkungen, die man nicht so leicht ungeschehen machen könnte. Er hat gesagt – am Schluss hat er gesagt, dass er sehr glücklich wäre, mich für den Rest seines Berufslebens nicht mehr sehen zu müssen.»
Seine Hände fielen von seinem Kopf, und er sackte auf seinem Stuhl in sich zusammen, die Lippen zusammengepresst, wie man es machte, um das Weinen zu unterdrücken. Er brauchte keinen katholischen Pfarrer;
dies
hier war seine Beichte. Merrily
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