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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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verdreckten, zerknitterten Zeitungsausschnitte nicht mehr, die sie anschließend darin gefunden hatten, aber er hatte Kopien, und wenn sie ihm eine Minute Zeit ließe, würde er sie aus dem Auto holen.
    Das hört einfach nicht auf,
dachte sie
. Warum hört das nicht auf?
    Als er zurückkam, merkte sie, dass die alte Lebhaftigkeit wieder da war, seine Koffeinaugen strahlten.
    «Was immer das ist, sollten Sie mir das zeigen?»
    «Merrily, ich hätte nicht mal die Kopien mitnehmen sollen. Aber wen interessiert das?»
    Er ließ den gelbbraunen Umschlag auf den Küchentisch fallen und zog einen Stoß Papiere heraus. Er breitete sie aus. Merrily prallte zurück.
    Schlagzeilen schrien, Schlagzeilen verteidigten, Schlagzeilen empörten sich, schwarz auf weiß, hart und kontrastreich und unermesslich hässlich.
     
    IN DEN TIEFEN DES BÖSEN
    DIE RAUBTIERE
    SIE WURDEN ZU MONSTERN
    TÖDLICHE LUST
     
    «Ich verstehe nicht.» Obwohl es nur Kopien von Kopien alter Zeitungen waren, mochte sie die Blätter nicht berühren. Fast sah sie eine Wolke aus schwarzfleckigem Dunst über den Papieren. Bliss zog ein Blatt hervor, das zwischen den anderen fast tröstlich vertraut wirkte: die
Hereford Times.
     
    GERICHTLICHE UNTERSUCHUNG DES
    LEICHENFUNDES VON FINGERPOST-FIELD
    IN MUCH MARCLE
     
    «Komisch, wie viele Leute das erwähnt haben, als wir in Underhowle waren», sagte Bliss. «Hätten wir nicht gedacht. Ist ja nur ungefähr zehn Kilometer entfernt, Luftlinie. Das ist doch gar nichts, oder?»
    «Ich verstehe nicht   –»
    «Much Marcle?»
    «Frannie   …?»
    Merrily erstarrte.
    Der Tisch lag voller entsetzlicher Bilder: Leichen unter Beton in einem Keller in Gloucester, Polizisten, die in der roten Erde von Hereford gruben. Eine Reihe junger vergewaltigter Frauen, gequält und zerhackt über einen Zeitraum von zwanzig Jahren. Der Gemeinderat von Gloucester hatte das Haus abreißen lassen und darüber diskutiert, den Namen Cromwell Street zu ändern, aber sowohl Gloucester als auch der Ort Much Marcle in Herefordshire würden die Erinnerung an diesen Mann und seine heimtückische Frau für immer bewahren. An etwas Böses, das nicht zu durchblicken war, denn auf der andern Seite war nichts als die Nacht.

24   Auf dem Sofa in Roddys Bar
    «Wie viele?»
    «Zwölf, offiziell. Mit seiner ersten Frau und zwei Töchtern.»
    «Aber wahrscheinlich noch mehr.»
    «Oh ja», sagte Bliss, «es könnten viel mehr sein. Die Schätzungen gehen von zwanzig bis sechzig. Das Schwein hat genau mitgezählt, da bin ich sicher, selbst, wenn er sich angeblich nicht an die Namen erinnert. Er war sehr gründlich, auf seine Art – das ist es, was die Leute nicht bemerken. Die meisten Serienmördergenießen ihren Ruf, das Drama, die ausgefallenen Namen, die die Zeitungen ihnen geben:
Der nächtliche Jäger
und so ’n Scheiß. Aber für ihn hatte das keine große Bedeutung. Er hatte einfach eine extrem verdrehte Auffassung von Gut und Böse. Er fand es nicht reizvoll, böse zu
sein
, weil er sich nicht als böse
betrachtet
hat. Er hat vielleicht nicht mal verstanden, was böse eigentlich bedeutet. Das war ein Mann, dem ein großer Teil seiner selbst fehlte und der diesen leeren Raum mit etwas Finsterem gefüllt hat.»
    «Ja.» Merrily machte das alles ganz krank, sie verstand nicht, worum es ging, und hätte lieber mit der Eheberatung weitergemacht.
    Bliss hatte seine Jacke über einen Stuhl gehängt. Jetzt faltete er eine der Kopien auseinander und strich sie glatt.
    «Das hier ist am wichtigsten. Nicht der Artikel – das Foto.»
    Das Bild unter der Überschrift wirkte steif. Eine Fotografie der beiden, eindeutig gestellt. Merrily war sicher, sie schon einmal gesehen zu haben.
    Selbst, wenn man nicht wusste, wer er war und was er getan hatte – was sie beide getan hatten   –, hätte man ihm sofort eine Identität gegeben: vielleicht der scharfe Zeitungsjunge, der über seinen Lenker grinste, aus dem jetzt ein Hinterhof-Kfz-Mechaniker geworden ist, der dir garantiert deine Klapperkiste durch den TÜV bringt, wenn du ihm zwanzig auf die Hand gibst – weil du es bist, Süße – oder einfach einen Zehner und einen Kuss.
    Frederick West, in Anzug, Hemd und Krawatte, beugte sich von hinten über das geblümte Sofa. An der Wand war eine Fotografie von Bergen und Tannen zu sehen. Freds Hände ruhten auf den Schultern der Frau, die auf dem Sofa saß – die dralle Rosemary, seine Frau. Fred sah aus, als hätte er reizvollere Pläne mit ihr, als sich

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