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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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ist, oder jedenfalls ist er da nicht geblieben, denn als das Feuer gemeldet wurde, sind wir zu seiner Wohnung, aber da war er nicht.»
    «Was soll das denn heißen?» Gomer warf einen Blick auf die qualmenden Trümmer und ballte die Fäuste. Merrily sah, dass sich hinter der eingestürzten Halle ein kleineres Gebäude befand, wahrscheinlich aus Beton, deshalb stand es noch.
    «Wir wollten dich nur fragen, Gomer», sagte Cliff so freundlich, dass Merrily sich Sorgen machte, «wo Nev hingegangen sein könnte. Zu einem Freund   … oder einem Mädchen?»
    «Was willst du damit sagen?» Gomer drehte sich langsam um, das Blaulicht spiegelte sich in seinen Brillengläsern. «Was willst du damit sagen, Cliff Morgan?»
    Um sie herum standen ein paar Feuerwehrleute, die ihreHelme abgenommen hatten. Plötzlich wirbelte Gomer herum, schubste sie alle beiseite und verschwand in der Dunkelheit jenseits des milchigen Scheinwerferlichts.
     
    Merrily holte ihn vor dem kleinen Betongebäude ein. Es roch nach Öl und verkohltem Holz. Ihr war leicht übel. Hinter sich hörte sie Cliff erschöpft sagen: «Sorgt dafür, dass der Kerl nicht da reingeht.»
    «Geben Sie mir die Taschenlampe, Frau Pfarrer.»
    Aber wenn sie die schwere Taschenlampe nicht mehr umklammert hielte, würden ihre Hände zittern. Merrily atmete tief ein und richtete den Lichtstrahl in das Gebäude, in dem zentimeterhoch das Wasser stand. Und dann war der Lichtstrahl plötzlich überall, weil sie sich wegen des Geruchs den Arm vors Gesicht schlug.
    Sie hustete. Es roch nicht nur nach Diesel und Holzasche. Da war noch etwas anderes. Der Lichtstrahl wanderte über versengte Rigipswände, über einen zerbeulten grauen Metalltisch, einen Holzstuhl, der aussah, als bestünde er aus brüchigen Aschesäulen.
    Merrily biss sich auf die Lippe. Sie richtete die Taschenlampe wieder auf Gomer, der seine Mütze verloren hatte, sein weißes Haar war zerzaust, die nicht angezündete Zigarette klemmte zwischen seinen Zähnen. Und dann schien er in sich zusammenzusinken, Merrily war, als sähe sie nur seine Kleidung, deren lebendiger Kern sich in Luft auflöste. Sie hielt die Taschenlampe in die Richtung, in die er schaute, auf das, was einmal eine Matratze gewesen war.
    Und
Oh Gott. Du lieber Gott
. Wie der Anfang eines Gebets.
    War es das, was sie jetzt zu tun hatte – beten für das, was da auf der Matratze lag, für die Seele, die diese rissige, mit Blasen bedeckte Hülle verlassen hatte, die bis auf die Knochen verbranntenBeine, die Füße in den Doc Martens mit den geschmolzenen Gummisohlen?
    Merrilys Magen ließ sie im Stich.
    Hände griffen nach ihren Schultern. In Gomer war das Leben zurückgekehrt, er drehte sie zu sich herum, entriss ihr die Taschenlampe, aber selbst, als sie irgendwo außerhalb der Geruchswolke in einer Pfütze stand und ihre Füße langsam nass wurden, sah sie noch den Arm vor sich, der schützend über das geschwollene, fußballgroß aufgequollene Gesicht gelegt war, von dem nur die grimassenhaften Zähne zu sehen waren.
    Sie hörte Gomer heiser zu Cliff sagen: «Willst du jetzt den Namen? Willst du den Namen jetzt?»

5   Leugnung des Offensichtlichen
    Es regnete wieder, der Mond war nicht zu sehen. Cliff Morgan sagte: «Ich weiß, wie hart das ist. Wenn du nicht hundertprozentig sicher bist, musst du es sagen.» Sein grauer Schnurrbart verdeckte beinahe seinen gesamten Mund, und seinem erschöpften Blick war anzusehen, dass er den Ruhestand herbeisehnte. «Offen gesagt, Gomer, du
kannst
nicht sicher sein. Entschuldige, aber ich glaube, da muss sich ein Zahnarzt drum kümmern.»
    Er öffnete eine der hinteren Türen des Polizeiwagens und hielt sie ihnen auf, aber Gomer blieb trotzig im Regen stehen und rieb an seiner Brille herum, ohne sie abzunehmen. «Du schreibst das jetzt auf», sagte er, als hätte er gar nicht gehört, was Cliff gesagt hatte. «Du nimmst das jetzt offiziell auf. Ich will das in dem Bericht, schwarz auf weiß.»
    «Ich nehme jetzt gar nichts auf, Gomer. Ich glaube, du stehst unter Schock.» Cliff sah Merrily an. «Mrs.   Watkins, oder?»
    Sie nickte. Sie konnte sich nicht erinnern, ihn schon einmal gesehen zu haben, aber er schien sie wiederzuerkennen. Vielleicht gehörte er zu den Polizisten, die letzten Januar in Old Hindwell dabei gewesen waren.
    «War Gomer den ganzen Abend mit Ihnen zusammen?»
    Merrily erschrak. «Was soll das denn heißen?»
    «Ich nehme nur die Fragen anderer Leute vorweg, Mrs.   Watkins. Fragen von

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