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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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komplett verbrannt ist.»
    Die Flammen beleuchteten den Hochspannungsmast und das Ende des Feldes. Als Merrily und die anderen aus der Kapelle gekommen waren, hatten sie zuerst geglaubt, der Mast selbst stünde in Flammen, er sah aus wie eine moderne Version des Weidenmannes, der in der Keltenzeit verbrannt worden war, um von den Göttern eine gute Ernte zu erbitten: ein Feueropfer.
    Merrily hatte einige Zeit gebraucht, um herauszufinden, was hier vor sich ging. Ingrid Sollars war als Erste darauf gekommen und kein bisschen schockiert. «Mr.   Lomas», hatte sie nur trockenbemerkt, «wird wahrscheinlich ziemlich beleidigt sein, wenn er das erfährt.»
    In all dem Gestank von Diesel und brennendem Gummi machte Merrily noch einen viel schlimmeren Geruch aus – Grill, Schweinebraten,
Nev
.
    Sie musste husten und fragte sich, ob Gomer in der Nähe war, vielleicht in der zusehends größer werdenden Zuschauermenge aus Dorfbewohnern, die für Roddy Lodges Beerdigung keinen Schritt aus dem Haus getan hätten.
    «Die Polizei hat schon die Feuerwehr gerufen.» Cherry Lodge lächelte müde und dennoch triumphierend. «Ist aber zu spät. Vermutlich werden sie irgendwas finden, für das sie uns belangen können, aber wir tun schließlich nur, was alle gewollt haben, oder?»
    Das ist meine Schuld
, dachte Merrily.
Ich hätte überprüfen sollen, dass die Kirche abgeschlossen ist
.
    Sie sah Lol mit Huw auf der anderen Seite des Feuers entlanggehen, auf der weniger Leute standen, und Merrily war sicher, dass sie Huw etwas Grau-Weißes in die Flammen werfen sah. Das
Tagebuch
?
    «Wir sind vorhin direkt zum Bauernhof rauf und haben die Reifen und einen Kanister Diesel auf den Anhänger geladen», sagte Cherry. Ein wildes Hochgefühl blitzte in ihren Augen auf. «Und dann haben wir den Scheiterhaufen gebaut, sind in die Kirche, haben den Sarg auf den Anhänger geladen und ihn hierhergebracht. Kein Mensch hat was bemerkt. Es waren noch nicht so viele Polizisten da, und die waren alle hinten bei dem Grab.»
    «War das Ihre Idee?», fragte Merrily sie.
    «Wir sind gemeinsam draufgekommen. Tony war sehr verbittert wegen dieser Demonstration. Hat hier länger gelebt als irgendeiner von denen und wird wie der letzte Dreck behandelt. Das war wirklich sehr hart für ihn. Und für Roddy natürlich auch.»
    Lassen wir ihn verbrennen. Und dann spülen wir seine Asche den Abfluss runter
.
    Katharsis
, dachte Merrily.
    Und die Lodges wussten noch nicht, dass Roddy vermutlich unschuldig war.
    Erlösung
.
    Wirklich?
    Sie ließ ihren Blick über das Feld bis zu dem Zaun schweifen, der es von dem Land hinter Roddys Bungalow trennte, und entdeckte   … eine Frau, die allein und mit verschränkten Armen an dem Zaun stand und bewegungslos zusah, wie Roddy verbrannt wurde.
    Oder war es doch nur ein Zaunpfahl, in dem sich ein alter, ausgefranster Lumpen verfangen hatte, der wie langes Haar im Wind flatterte?

Epilog
    Ihre Haut schimmerte in einem zarten Sepiaton, die Krähenfüße waren nicht mehr zu sehen.
    Engel unserer Zeit
stand über Merrilys Bild.
    Sie schauderte. «Ich habe keine Ahnung, woher sie das hat.»
    «Das wird für immer auf der Seite stehen bleiben», erklärte Jane. «Ist dir das klar? Du wirst für immer rund um die Erde kreisen.»
    «Nichts geht ewig weiter», sagte Merrily. «Und schon gar nicht im Internet.»
    «Das stimmt», sagte Eirion, der den Ausdruck der Seite mitgebracht hatte. «Wenn niemand mehr für die Website bezahlt, wird sie über Nacht abgeschaltet.»
    «Das weiß man nie», sagte Jane. «Es passieren die merkwürdigsten Dinge.»
    Merrily sah das berühmte Lächeln in Eirions Gesicht aufleuchten. Wahrscheinlich hielten sie unter dem Tisch Händchen.
Es passieren die merkwürdigsten Dinge
. Wann hatte ihre Jane das letzte Mal so etwas gesagt?
    Wie schnell sie sich erholten. Wie elastisch ihre junge Haut war. Wogegen Krähenfüße sich immer nur tiefer eingruben.
    Sie streckte die Beine unter dem Tisch aus. Es war das erste Mal, dass sie sich zwar nicht gerade entspannen, aber wenigstens einbisschen
hängenlassen
konnte. Als ob sie ein paar Augenblicke auf einem Berg auf dem Rücken läge, ohne in den Abgrund schauen zu müssen. Vielleicht war das auch alles, worauf sie hoffen konnte: das Gefühl, eine Zeitlang nicht in den Abgrund schauen zu müssen.
    Unter ihrem Bild stand:
     
    Erzengel Uriel wirkt in diesem Augenblick auf unserer Erde durch Ihre Dienerin, Hochwürden Merrily Watkins, Beraterin für spirituelle

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