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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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hallte über den Gefängnishof.
«Na, baust du uns eine Terrasse, Fred? Haha!»
    Die Tage verschwammen, führten zu nichts, würden nie mehr zu irgendetwas führen. Er würde nie mehr selbständig arbeiten, nie mehr etwas aufbauen. Diese Hände waren zu nichts mehr nütze
.
    Keine Frauen, nie mehr eine Frau. Nicht mal seine Ehefrau. Vor Gericht hatte sie ihn nicht mal ansehen wollen – nach allem, was er für sie getan hatte, als er versuchte, sie aus allem rauszuhalten, indem er den Bullen erzählt hatte, sie hätte überhaupt nichts gewusst. Und sie hatte auch nicht mit ihnen geredet. Und er   … er hatte genug gesagt. Ihm waren nur seine Geheimnisse geblieben – das Wer und Wann und das Wo. Und das Wie viele. Sie wussten praktisch nichts oder höchstens die Hälfte, und das war für ihn vollkommen in Ordnung   – Freddy, der Geheimnisvolle. Freddy, der Massenmörder von Gloucester.
     
    Und Huw hörte seine Stimme in der Kapelle, aber er fühlte nichts dabei. Keine Energie. Alles, was er sehen konnte, war die Gefängniszelle am Neujahrstag 1995.   Dem Tag, an dem der Wärter die Zellentür nicht aufbekam, weil etwas dahinter hing, an einem Strick, der – hier gab es unterschiedliche Versionen – aus einem zerrissenen Hemd oder einem zerrissenen Bettlaken gedreht worden war.
    Ein schlimmeres Verbrechen hätte an den Angehörigen jedes einzelnen vermissten Mädchens in Großbritannien nicht begangen werden können. Es war unfassbar. Dass die Polizei das zugelassen hatte – dass sie Fred hatten entkommen lassen, mit all seinen Geheimnissen.
    Hätten sie sich nicht denken können, dass er so etwas versuchen würde, weil er wusste, dass er seine übermächtigen Leidenschaften niemals mehr befriedigen konnte?
    Vielleicht
hatten
sie es sich ja sogar gedacht, verdammt. Huw hatte von Polizisten gehört, die über Freds Selbstmord in Jubel ausgebrochen waren.
    Doch jetzt würde niemand mehr etwas über das Wer, das Wo und das Wie viele erfahren. Lynsey hatte ihre Geheimnisse in ihrem Tagebuch aufgeschrieben, aber der heitere, redselige Fred konnte kaum schreiben, und Rose sagte kein Wort.
    Freddy, der Mann mit den vielen Geheimnissen, und seine Jünger. Lynsey und die anderen, die unbekannten anderen, die in der Cromwell Street gewohnt hatten und deren Identität man nun niemals mehr feststellen würde. Sie waren da draußen, und sie trugen den Virus in sich.
    Huw starrte in die dunkelste Ecke der Kapelle, lauschte auf den Widerhall von Lachen und Gekicher, das Geräusch eines Hammers, der von hoch oben auf die Fliesen fällt.
    Doch er hörte nichts außer dem Gemurmel von Merrilys Ad-hoc-Ritual, das vollkommen sinnlos war.
    Alles war sinnlos. Es gab niemanden, der sie beobachtete, nichts, gegen das sie kämpfen konnten.
    Huw drückte Donnas Bild, das Julia gemalt hatte, an sein schmerzendes Herz, dachte an all die Verwandten und Freunde und Geliebten der lange vermissten Mädchen und Frauen, die jeden Abend mit diesen Gefühlen fertigwerden mussten. Und dann brach er zusammen.
     
    Irgendwann schlug Fergus die Augen auf, und Merrily stellte ihm die rituelle Frage: «Was erbittest du von Gott in seiner heiligen Kirche?»
    Fergus war darauf nicht vorbereitet und schwieg einen Moment. Während sie wartete, hörte sie draußen den Wind über den Howle Hill fegen.
    «Ich erbitte», sagte Fergus, «was ich verdiene.» Er lächelte sie an.
    Merrily wurde flau im Magen.
    «Widersagst du dem Teufel und allen unheilvollen Kräften, die gegen Gott aufbegehren?»
    Fergus lächelte weiter. «Klar.»
    «Widersagst du all den Mächten des Bösen auf dieser Welt, die Gottes Schöpfung zerstören?»
    «Ich   … ja», sagte Fergus. «Natürlich.»
    «Widersagst du allen sündigen Begierden, die dich von der Liebe Gottes entfernen?»
    Als er zögerte, bemerkte Merrily, dass er auf ihre Brüste starrte. Dann hob er den Blick und sah ihr ins Gesicht.
    «Oh ja», sagte er.
    Sie sah ihm in die Augen, und da wusste sie es. Was für ein dummes Klischee.
Ich habe es in seinen Augen gesehen. Die Augen sind der Spiegel der Seele
– all dieser Quatsch.
    In Fergus’ Augen sah sie überhaupt nichts. Da war nur Leere.Abwesenheit. Es war, als wären die Türen eines Aufzugs vor ihr aufgegangen und sie stünde vor dem dunklen Abgrund des leeren Schachts. Es war eine
Abwesenheit
, die nur mit Leben und Energie gefüllt werden konnte, wenn er deinen Körper mit seinen Händen erkundete und seine Augen zu strahlen begannen wie Taschenlampen.

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