Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
hatte hier, im Licht der Scheinwerfer, das klare Gefühl, sein eigenes Grab zu schaufeln wie ein Kriegsgefangener, umkreist von Uniformierten, und er bemerkte es nicht mal, als sein Spaten auf etwas stieß – etwas, das allerdings nicht weich war – und Frannie Bliss brüllte:
    «Stopp! Was ist das? Was ist das, was ist das   …?»
     
    Ein Schädel? Ein menschlicher Schädel mit festgetrocknetem Lehm? Lol war sofort aus dem Loch und klammerte sich mit beiden Händen an dem Spaten fest.
    «Überlasst das mir», sagte Bliss, als würden die Leute sich auf das Ding in dem Loch stürzen wie auf eine Reliquie. Er schnappte sich die Lampe und leuchtete nach unten. «Spaten, Laurence.»
    Bliss entriss Lol den Spaten und stellte sich breitbeinig über das Loch. Er gab Mumford die Lampe und begann, mit einer Ecke des Spatens prüfend zu schaben. Lol stellte fest, dass er neben dem Anwalt stand, Mr.   Nye, der sich von ihm abgewandt hatte, als hingen Fetzen toten Fleisches an seinen Armen.
    «Wart mal», sagte Bliss. «Was zum   …?» Lol sah etwas in demLoch, das matt und grau und mit Erde verschmiert war. Bliss sagte: «O.   k. Holt Roddy. Sofort.»
    Er schob den Spaten unter das Objekt und hebelte es halb heraus.
    Es war kein Schädel.
    «Ein Koffer, Chef?» Einer der Polizisten ging in die Hocke. Das gebogene, glänzende Etwas, das Lol sehen konnte, war ein metallener Eckenschutz.
    «Zu klein.» Bliss sah empört nach unten wie ein Kind, das zu Weihnachten nun doch kein Fahrrad bekommen hat. «Eher ein Aktenkoffer. Scheint leer zu sein, verdammt. Ich hab gesagt,
holt Roddy her

    Lol, der feststellte, dass er offenbar als Einziger hier erleichtert war, ging aus dem Licht und unter das Vordach der Werkstatt.
    Hände in Lederhandschuhen griffen nach seinem linken Arm und drehten ihn um. Grelles Licht blendete seine Augen. Um ihn herum war Aufruhr, ein Handgemenge, Keuchen.
    Als sie ihn ohne Entschuldigung losließen, dämmerte Lol, dass etwas passiert sein musste.
    «Scheiße.» Die Stimme des jungen Polizisten klang panisch. «Das glaub ich nicht.»
     
    Die erste Panik hatte sich gelegt. Jetzt ging es wohlgeordnet zu. Sie schwärmten aus, bildeten einen Ring aus Taschenlampen und Scheinwerfern.
    Jemand war in den Bungalow gegangen und hatte sämtliche Lichter angeschaltet. Das ganze Gelände war nun erleuchtet, Schatten zuckten über die fensterlose Rückwand der Werkstatt.
    «Dafür», knurrte Bliss hinter zusammengebissenen Zähnen, «wird jemand seinen Hut nehmen müssen.» Seine heisere Stimme ließ vermuten, dass er befürchtete, selbst dieser Jemand zu sein.
    Das Loch im Gras lag verlassen da. Jemand hatte den Aktenkoffer entfernt. Es roch nicht nach verwesendem Fleisch, aber das musste nicht heißen, dass da unten nicht irgendwo eine Leiche war. Lol hielt Abstand zu dem Loch. Nur Roddy Lodge konnte das erklären, und der war nicht da. Roddy Lodge hatte selbst entschieden, dass seine Gegenwart hier nicht länger erforderlich war. Er war einfach in die Dunkelheit verschwunden.
    «Der kann hier nicht rausgekommen sein», sagte Mumford wieder und wieder. «So viel ist sicher. Ich kenne das Grundstück, und wenn jeder an seinem Platz geblieben ist,
kann
er nicht rausgekommen sein.»
    «Ich hoffe, damit haben Sie recht, mein Bester, in unser aller Sinne.» Bliss wandte sich dem Anwalt zu. «Und wenn
Sie
–»
    «Er war krank.» Mr.   Nye hatte die Arme verschränkt und blickte sich um. Automatisch warf auch Lol einen Blick über die Schulter: Wie gefährlich
war
Lodge? «Er ist
krank
», wiederholte der Anwalt. «Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass er krank ist.»
    «Ich fühle mich auch nicht gerade phantastisch, Kumpel, und wenn ich es auch nur eine Sekunde lang für möglich gehalten hätte, dass Sie deshalb gesagt haben, ich soll ihm die Handschellen abnehmen, weil   –»
    «Das ist ja absurd!»
    «Dieser Mann» – Bliss’ Zeigefinger stieß nach vorn wie eine Pistole – «steht im Verdacht, ein
mehrfacher Mörder
zu sein. Sie gehen also überhaupt nirgendwohin, Mr.   Nye.»
    «Ist das eine Dr–?»
    «Und wer zum
Teufel
», schrie Bliss und sah an Mr.   Nye vorbei, «hat
diese
Arschlöcher reingelassen?»
    Vielleicht hatten die Kinder, die vom Absperrband weggejagt worden waren, die Neuigkeit verbreitet. Aber dieses Mal waren es nicht nur Kinder. Lol musste an Fußballfans denken, die sichdurch ein Drehkreuz drängten. Nur, dass sie Taschenlampen hatten.
    «Gott, das ist ein

Weitere Kostenlose Bücher