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Der Himmel über Garmisch (German Edition)

Der Himmel über Garmisch (German Edition)

Titel: Der Himmel über Garmisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schüller
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Iwan.
    Vorsichtig näherten sie sich dem Gebäude. Etwa dreißig Meter vor dem Haus stießen sie auf einen Stacheldrahtzaun; einen, der Kühe abhielt, aber keine Menschen. Hardy ging zum nächsten Zaunpfahl, stützte sich daran ab und setzte hinüber. Hinter ihm tat Iwan das Gleiche.
    An der Längswand des Gebäudes erkannte man die Tür. Rechts von ihr waren die Umrisse von zwei Fenstern zu erahnen, links mochten mehr sein, aber sie verschwammen in der Nacht.
    »Komm komm«, hörte er Iwan flüstern und fühlte einen Stoß im Rücken. Er lief los. Als er die Tür erreichte, stellte er sich mit dem Rücken zur Wand neben ihr auf. Iwan blieb auf der anderen Seite.
    Hardy hielt die Pistole mit beiden Händen, den Lauf gesenkt. Dies war die letzte Chance. Er hatte die Wahl nur noch jetzt. Was hinter der Tür passieren würde, lag nicht mehr in seiner Entscheidung. Nur jetzt konnte er seine Waffe noch auf Iwan richten.
    Und Iwan wusste das mindestens so gut wie er.
    »Los«, sagte Iwan.
    Hardy drückte auf die Klinke, und die Tür ging tatsächlich auf. Plötzlich hatte Iwan eine Lampe in der Hand. Der gleißende Schein der LED s durchschnitt die Finsternis hinter der Tür. In den schwankenden Schneisen aus Licht erkannte Hardy den Kopf eines ausgestopften Tieres, Jacken, die an Haken hingen, einen Heizkörper, einen riesigen Schrank und eine winzig wirkende alte Frau, deren fragendes Gesicht geradewegs auf die Lampe gerichtet war.
    Der Schuss aus Iwans Waffe zerriss ihm fast das Trommelfell. Der Lichtstrahl blieb auf den zierlichen Körper gerichtet, der nach hinten klappte und rücklings zu Boden fiel.
    »Scheiße«, stieß Hardy hervor. Seine Hand suchte neben der Tür nach einem Lichtschalter. Eine Deckenlampe flammte auf, in deren Licht er den Raum und die Situation zu erfassen versuchte.
    Iwan stand neben ihm, die Waffe in der Hand. Er wies damit auf die Stiege, die wenige Meter entfernt in den ersten Stock führte. Warten würde nichts besser machen.
    Hardy stürmte die Treppe hoch. Oben war kein Licht, aber der vage Schein der Dielenlampe reichte aus, um zu erkennen, dass es hier einen Gang mit drei Türen gab. Eine links von ihm und zwei rechts, von denen eine sich genau in diesem Augenblick öffnete. Ein Mann kam heraus. Sein nackter Oberkörper und sogar seine Glatze waren von Tätowierungen bedeckt. In der Hand trug er eine Halbautomatik. Hardy feuerte. Die Kugel schlug in den Türrahmen.
    Der Mann riss die Waffe hoch, Hardy spürte den Luftzug der Kugel an der Wange. Sein zweiter Schuss traf den Mann in die Brust. Er kollabierte. Reglos blieb er liegen. Hardy kickte die Waffe aus der Reichweite seiner Hände.
    Hinter sich hörte er Iwan die Treppe heraufstampfen. Links, hinter der letzten Tür des Ganges, hörten sie eine Frau zetern, eine Männerstimme antwortete zischend. Iwan marschierte auf die Tür zu, feuerte drei Schüsse auf das Schloss und trat mit Wucht dagegen. Dann federte er zurück in Deckung.
    Hardy wartete auf der Treppe. Der Glatzkopf auf dem Boden begann zu stöhnen. Hardy versuchte, es zu ignorieren.
    »Okay«, schrie ein Mann hinter der Tür. »Was wollt ihr?«
    Seine Stimme klang weder clever noch nüchtern. Und er erhielt keine Antwort. Hardy stand nach wie vor auf der obersten Stufe der Treppe, Iwan neben ihm im Gang, mit dem Rücken zur Wand. Er zerrte etwas aus seiner Jackentasche, einen zylindrischen Gegenstand von der Größe eines Joghurtbechers.
    »Besser Augen zu«, sagte er und schleuderte das Ding durch die offene Tür in das Zimmer.
    Hardy presste die Augenlider zusammen. Dahinter sah er einen hellen Blitz. Eine scharfe Detonation hinterließ ein grelles Piepen in seinen Ohren. Er ahnte mehr, als dass er es sah oder hörte, wie Iwan auf die Tür zustürmte und sechs Schüsse abgab.
    »Herrschaftszeiten«, murmelte er. »Was für eine Scheiße.«
    ***
    Hardy saß, den Kopf in die Hände gestützt, die Augen geschlossen, am Küchentisch. Das Pfeifen ließ nicht nach. Dass Carlo ihm ein Glas Cognac vor die Nase stellte, hörte er nicht. Erst als Carlo ihm auf die Schulter klopfte, öffnete er die Augen.
    »Danke«, sagte er und trank das Glas in einem Zug aus.
    »Was für Drecksäcke«, sagte Carlo und schenkte nach.
    »Ja. Und ab jetzt arbeiten wir mit ihnen zusammen«, sagte Hardy. »Ob wir wollen oder nicht.«
    »Was ist mit dem Typen, den du erwischt hast? Du sagst, er hat noch gestöhnt.«
    »Iwan hat ihm in den Kopf geschossen.« Hardy hieb die flache Hand auf den Tisch.

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