Der Himmel über Garmisch (German Edition)
schon zu meiner Zeit nicht problemlos«, sagte Schwemmer. »Daran scheint sich wenig geändert zu haben.«
Schafmann gab ein Schnaufen zur Antwort.
»Ich erinnere mich an zwei Anzeigen gegen ihn. Das war damals Inspektionsrekord.«
»Mittlerweile sind es vier«, sagte Schafmann.
»Beide wurden damals gar nicht erst verfolgt«, sagte Schwemmer.
»Ja ja. So was bügelt die Staatsanwaltschaft zuverlässig ab.«
»Na ja, ich meine, Anzeigen gegen Polizisten …« Schwemmer machte eine vage Handbewegung.
Schafmann beugte sich vor. »Natürlich ist da viel Mist bei«, sagte er scharf. »Aber wenn einer in drei Monaten so viele Anzeigen bekommt wie der Rest der Dienststelle in anderthalb Jahren, dann kannst du doch dran fühlen, dass da was schiefläuft. Und jedes Mal gab es eine Gegenanzeige wegen Widerstands. Und jedes Mal einen heftigen Strafbefehl. Dem einem hat er die Nase gebrochen, als der schon Handschellen trug. War nachweislich Notwehr. Der Mann ist jetzt vorbestraft.«
»Das war dieser Türke, nicht?«
»Araber.«
»Stimmt. Und dann der Russe. Der hatte ihm allerdings wirklich eine geklatscht.«
»Ob das aber mit zwei Monaten Krankenhaus für ihn enden musste … ich weiß nicht.«
»Krankenhaus und Strafbefehl«, sagte Schwemmer. »Und jetzt sind noch zwei Anzeigen dazugekommen?«
»Ja ja.«
»Und?«
Schafmann verdrehte die Augen. »Du wolltest doch nicht fragen.«
»Ich sollte nicht.«
»Ach verdammt … Ja, zwei. Eine wieder eingestellt und eine gegen ihn als Privatmann, die wurde immerhin verfolgt, wobei dann seine Unschuld erwiesen wurde. Daraufhin hat er umgehend Anzeige erstattet wegen übler Nachrede. Die läuft noch. Die Fälle wurden fast alle von Staatsanwältin Isenwald bearbeitet. Drägers Vicky.«
»Verstehe«, sagte Schwemmer. Das machte Drägers Beziehung zu der Staatsanwältin noch heikler für die Dienststelle als ohnehin schon. »Aber Grellmayer ist ja bei den Uniformierten. Er ist gar nicht dein Problem, oder?«
Schafmann rieb sich die Stirn. »Kommst du mit raus? Ich muss eine rauchen.«
»Seit wann rauchst du denn wieder?«
»Seit sie mich befördert haben.«
Sie liefen die Treppen hinunter und nahmen die Tür zum Parkplatz. Neben dem Aschenbecher fummelte Schafmann eine No-Name-Filterzigarette aus der Packung und zündete sie an.
»Disziplinarisch ist Grellmayer natürlich nicht mein Problem. Der untersteht EKHK Dengg, und Hessmann natürlich. Aber dem Hessmann ist er von Anfang an derart hinten reingekrochen, dass dem ganz wohlig wurde. Die beiden können richtig gut miteinander.« Schafmann begann sich in Rage zu reden, und Schwemmer hatte nicht vor, ihn zu bremsen. »Das Schlimmste an dem Kerl sind seine Verbindungen.«
Schwemmer nickte. Komischerweise waren es immer diese Typen, die sich die stabilsten Netzwerke zu schaffen wussten. In der Dienststelle und draußen auch. Grellmayer war so einer. Kollegen, Halbweltler, Wirte, Leute aus der Verwaltung, aus dem ganzen Bezirk. Vielleicht keine Freunde, aber Leute, die ihm irgendwas schuldeten.
»Vor allem zur Presse.« Schafmann sog wütend an seiner Zigarette. »Ich versprech dir: Äußere den kleinsten Verdacht, und morgen steht da: ›Kripochef verdächtigt verdienten Mitarbeiter‹ oder so was. Verfolgte Unschuld, das kann er gut. Und dass der ohne Handy da oben an dem Stadel war, ist eine verdammte Lüge. Da bin ich mir absolut sicher, und es nutzt mir absolut nichts. Was weiß ich, was der da oben in seinen Wagen geladen hat? Die Drogen sind weg.«
»Streng genommen müsstet ihr ihn als Verdächtigen führen«, sagte Schwemmer.
»Wieso streng genommen? Das ist der einzig Verdächtige, den wir haben!«
Die Tür ging auf, und zwei uniformierte Kollegen kamen heraus. Sie grüßten überrascht und freundlich, als sie Schwemmer erkannten, und gingen dann zu einem der Streifenwagen.
Schafmann wartete, bis die Tür sich wieder geschlossen hatte, bevor er fortfuhr. »Überhaupt: dass ausgerechnet der Grellmayer da oben einen Mord entdeckt … ein Schmarrn. Was macht der da? Wieso guckt der da rein, in den Stadel? Aber das kannst du ja mal den Hessmann fragen oder die Isenwald. Und der Kerl meldet sich einfach krank.«
»Kann ich seinen Bericht mal lesen?«
»Klar, wenn Hessmann ihn rausrückt.« Er zog sein Handy und drückte ein paar Tasten. »Frau Fuchs, seien Sie doch so lieb und fragen den Herrn Polizeidirektor, ob er ein Exemplar von dem Bericht Grellmayer entbehren kann … Ja, ich dank Ihnen.«
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