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Der Himmel über Garmisch (German Edition)

Der Himmel über Garmisch (German Edition)

Titel: Der Himmel über Garmisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schüller
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Schmarrn?«
    »Es gibt eine erstaunliche Menge Leute, die das glauben.«
    »Wie ist er denn dahin gekommen, der Hitler?«
    »Mit dem U-Boot.«
    »Und wieso unterirdisch?«
    »Na, weil die Erde hohl ist. Und am Pol ist der Eingang.«
    »Die Erde ist hohl? Oder ihre Bewohner?«
    Schwemmer drehte sich zu ihr um. »Manchmal wünschte ich, es wäre die Erde«, sagte er bekümmert.
    »Also: Was ist das für ein Quatsch?«
    »Es gibt in Garmisch einen Verlag, der druckt Bücher, in denen das behauptet wird. So wie ich das bisher verstehe, geht das Prinzip so: Der eine Autor behauptet was und der nächste etwas Ähnliches. Dann erklären sie sich gegenseitig zu Experten, womit beide Behauptungen bewiesen sind. Das erlaubt dann dem nächsten, darauf aufbauend etwas völlig anderes zu behaupten. Ad infinitum.«
    »Und wer kauft so was? Nazis?«
    »Neeeiiin! Bloß weil man glaubt, dass das vom internationalen jüdischen Großkapital unterjochte Amerika versucht, die Wahrheit über die technische und moralische Überlegenheit der germanischen Herrenrasse zu unterdrücken, um die Weltherrschaft an kommunistische Freimaurer zu übergeben, ist man doch kein Nazi!«
    »Stimmt. Ist man nicht.«
    »Wie bitte? Meinst du das ernst?«
    »Ach Hausl, dass einer völlig bescheuert ist, bedeutet wirklich nicht, dass er ein Nazi ist. Er ist halt völlig bescheuert. Das ist schade, aber legal. Und leider leider hat weder meine noch deine Branche bislang einen Weg gefunden, diese traurige Gegebenheit zu ändern.«
    »Sie hat eine Achtundachtzig auf dem Nummernschild. Das ist dann wahrscheinlich auch ein Zufall.«
    »Weiß nicht. Ist möglich, oder?«
    Schwemmer ächzte und drehte sich wieder seinem Laptop zu. »Diese Leute kaufen offenbar noch mehr Bücher, als sie schreiben. So viele, dass man sich einen Mercedes davon leisten kann. Oder zumindest leasen.«
    Burgl legte ihre Hände auf seine Schultern und knetete sanft die Muskeln dort. »Was ist los?«, fragte sie. »Warum bist du so schlecht drauf?«
    »Harter Tag«, murmelte er.
    »Hast du Hunger?«
    »Ich … weiß nicht.« Einigermaßen erstaunt stellte er fest, dass er es tatsächlich nicht wusste. Aber nachdem er einmal mit der Frage konfrontiert war, entschied sein Körper sich rasch und überzeugend für eine Antwort. »Doch. Klar hab ich Hunger. Was gibt’s?«
    »Von dem Wirsinggemüse von vorgestern ist noch reichlich über. Da könnt ich ein paar Pfefferbeißer reintun.«
    Er drückte Alt und F4, der Browser schloss sich. »Her damit«, sagte er und stand auf.
    ***
    »Ich hab keine Ahnung«, hörte er Reagan sagen. »Ich kann mich an nix erinnern. Mann, ich war doch total hinüber, sonst wär der Scheiß doch gar nicht passiert!«
    »Ihre Adresse«, sagte Hardy ins Handy. »Oder wenigstens der Vorname.«
    »Nein. Nix. Nada. Niente. Ich würd sie nicht mal mehr wiedererkennen. Sorry, Hardy, aber –«
    »Sorry kannst du dir sparen. Glaub nicht, dass zuwarten es besser macht, wenn du deinem Vater noch mal unter die Augen treten willst. Komm hierher und red mit ihm.«
    Hardy beendete das Gespräch und warf das Handy auf den Tisch. Es klopfte. Er sah auf.
    »Ich bin’s, Ula«, hörte er durch die Tür.
    »Komm rein.«
    Sie sah sich in der Dachkammer um. Genau wie ihr Vater war sie zum ersten Mal hier, und sie war genauso konsterniert.
    »Das ist ja winzig«, sagte sie.
    Mit einer Geste bot er ihr den zweiten Stuhl an, sie setzten sich.
    »Ich wollte über Vater reden«, sagte sie.
    »Warum?«
    »Hardy, bitte. Du weißt, warum.«
    »Kann sein. Sag es mir trotzdem.«
    »Er verändert sich.«
    »Jeder verändert sich.«
    »Du nicht. Du bist immer derselbe.«
    Er schwieg. Für sie mochte es aussehen, als ob er sich nie geändert hätte. Aber wenn die Welt sich ändert, muss man sich mit ihr ändern, wenn man derselbe bleiben will. In ein paar Tagen würde sie vierundzwanzig. Er hatte sie im Arm gehalten, als sie noch nicht laufen konnte – Carlo hatte sie ihm hineingelegt. Zu zweit hatten sie dieses winzige Wesen angehimmelt, Carlo hatte gelacht vor Glück.
    Hardy schwieg.
    »Weißt du etwas, das ich nicht weiß?«, fragte sie.
    »Das brauchst du mich nicht fragen. Du weißt, dass ich dir nichts sage, was dein Vater dir nicht sagt.«
    »Ich hoffte, dass du meine Sorgen teilst. Und mir ein bisschen hilfst.«
    »Deine Sorgen sind meine Sorgen, und ich helfe dir mit allem, was ich habe. Aber worauf willst du hinaus?«
    »Er wirkt … schwach. Unentschlossen. Anders eben. Und dann

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