Der Himmel über Garmisch (German Edition)
unerträglich.«
»Aber verabschieden hättest du dich können.«
»Du hast so schön geschlafen. Ich wollte dich nicht wecken.«
Sie beugte sich vor und machte einen Kussmund. »Bist schon ein Schatz«, flüsterte sie.
Ihre wachsenden Gefühle für ihn waren ihm unbehaglich. Aber immerhin fiel dadurch das Kapitel »Exmann« erheblich kürzer aus als gewohnt. Ziemlich bald schon kam sie auf das Thema Arbeit zu sprechen. Die Bullen hatten immer noch keine Ahnung, wer der Tote in dem Labor war, und es gab auch keine Spur zu den Drogen.
»Warum veröffentlicht man nicht ein Foto?«, fragte er. »Vielleicht erkennt ihn ja jemand.«
»Wir wollen, dass erst mal keiner weiß, dass wir das Labor gefunden haben. Der Täter soll sich in Sicherheit wiegen.«
Sie sprach immer von »wir«, wenn es um wichtige Dinge und Erfolge ging. Ärger und Misserfolge dagegen wurden gern personalisiert.
»Was ist das denn für ein Typ, der Tote?«, fragte er. »Wie sieht er aus?«
»Ein kräftiger Typ mit langen dunklen Locken. Ziemlich nichtssagend, finde ich. So Mitte dreißig.«
Es kostete ihn einige Konzentration, seine Miene unter Kontrolle zu halten. Claude ist verschwunden. Seit ein paar Tagen. Der, der mit dem Mädchen gesprochen hat. Der mit den Locken.
Es gab verdammt noch mal Grund zur Sorge.
»Hör mal, mein Liebes«, sagte er und beugte sich vertraulich vor.
»Liebes hast du mich noch nie genannt«, sagte sie entzückt.
Er lächelte. »Ich hab eine Frage, und ich weiß gar nicht, ob ich dir die stellen darf.«
»Versuch’s mal.« Mit kokett gespitzten Lippen trank sie von ihrem Aperol Spritz.
»Ich hab einen alten Freund, und der hat eine Enkelin. Um die sorgt er sich. Sie ist so verändert in letzter Zeit, aber sie spricht nicht darüber, weder mit ihm noch mit ihren Eltern. Und du hast neulich mal erwähnt, dass ein Mädchen eine Vergewaltigung angezeigt hätte, und dann die Anzeige wieder zurückgezogen …«
»Und er meint, das könnte seine Enkelin sein?« Sie runzelte die Stirn.
» Er meint gar nichts. Ich trag doch nicht weiter, was du mir hier erzählst, Liebes. Ich dachte das. Es ist ja auch nur so eine Idee. Wenn du den Namen des Mädchens wüsstest …«
Ihre Stirn glättete sich. Sie lächelte verstehend.
»Du Armer«, sagte sie. »Musst dir dauernd meine Gruselgeschichten anhören. Kein Wunder, dass du auf solche Ideen kommst. Wie heißt die Kleine denn?«
Hardy lachte verlegen. »Das weiß ich tatsächlich nicht. Er nennt sie immer nur ›die kleine Lady‹, wenn er über sie spricht. ›Die Lady‹ ist seine Tochter, ihre Mutter. Deswegen weiß ich nicht mal den Nachnamen. Das heißt, er hat ihn vielleicht mal erwähnt, aber ich weiß ihn nicht mehr.«
»Männer!«, sagte Silvia und schüttelte gönnerhaft den Kopf. »So was ist doch wieder typisch. Wieso könnt ihr euch keine Namen merken?«
Hardy hob hilflos lachend die Arme. »Aber lieben muss man uns trotzdem, oder?«
»Ach ja … manche von euch.« Sie legte ihre Hände auf seine und sah ihm in die Augen. »Kommst du nachher wieder mit zu mir?«
Er wiegte den Kopf und deutete lächelnd ein Zweifeln an.
»Wenn ich dir den Namen sage, kommst du dann mit?«
Er hob die Brauen. »Ist das der Preis?«
»Nein. Der Preis ist das und ein gemeinsames Frühstück.«
»Oh … das ist teuer.«
»Na schön. Aber einen Kuss, bevor du gehst.«
»Das klingt fair. Ich bin einverstanden.«
Sie lachte. »Ich muss besser verhandeln lernen.«
»Ich fand dich nicht schlecht. Aber jetzt musst du mir auch den Namen sagen.«
»Den hab ich doch nicht im Kopf, mein Schatz. Aber morgen kann ich nachschauen. Sobald ich im Büro bin. Direkt nach dem Aufstehen.«
Sie strahlte ihn an.
Er lächelte zurück und konnte kaum glauben, mit der Geschichte durchgekommen zu sein.
FÜNF
Ein Verhörzimmer, fensterlos, war alles, was man ihm hatte anbieten können. Schwemmer stellte seine Tasche auf den Boden und nahm den Hörer des Telefons ab. Als er eine Null wählte, erhielt er ein Besetztzeichen. Von dem Apparat konnte er nicht mal raustelefonieren. Für einen Internanruf zur Kaffeebestellung bei Frau Fuchs reichte er immerhin. Schwemmer sah auf sein Handy. Das Netz hier drinnen war deutlich unter mittel. Das Freizeichen klang entsprechend wackelig, als er bei der Staatsanwaltschaft anrief. Als Isenwald sich meldete, war sie kaum zu verstehen. Offenbar saß sie im Auto und sprach über Freisprecheinrichtung. Sie machten es kurz. Er bat um ein Gespräch,
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