Der Himmel über Garmisch (German Edition)
wenn sie in Garmisch wäre, sie kündigte sich für elf Uhr an, und er legte auf.
Die Tür öffnete sich, und Frau Fuchs balancierte ein Tablett herein. Sie schien zu schweben.
»Grüß Gott«, flötete sie.
»Meine liebe Frau Fuchs, was ist Ihnen denn widerfahren?«, fragte er.
Sie stockte in der Bewegung und errötete. »Warum?« Sie klang verlegen.
»Nun, Sie strahlen so.«
»Darf man nicht mal gute Laune haben?« Sorgfältig schenkte sie Kaffee aus der Thermoskanne in seinen SC -Riessersee-Becher und stellte ihn vor Schwemmer ab. Dabei lächelte sie unterdrückt.
Schwemmer erinnerte sich, dass sie kurz vor seinem Abschied die Scheidung eingereicht hatte, und entschied sich gegen jedes Nachfragen – schon wieder ein Eis, von dem er nicht wusste, wie dünn es war. »Na, so richtig verbreitet scheint das mit der guten Laune hier ja nicht zu sein«, sagte er stattdessen und bereute es sofort.
Frau Fuchs sah ihm in die Augen, und aus ihrem Lächeln wurde ein kummervolles Kopfschütteln.
»Sie hätten uns nicht verlassen dürfen«, flüsterte sie.
»Aber Frau Fuchs …«
Sie machte eine abwehrende Geste, legte den Zeigefinger auf die Lippen und zeigte dann auf die Mikrofone des Aufzeichnungsgerätes, das auf dem Tisch des Verhörzimmers installiert war.
»Die sind doch aus, Frau Fuchs.«
»Sind Sie sicher?«
»Das Gerät ist ausgeschaltet.«
»Ja dann … sind wir ja sicher«, sagte sie spöttisch.
»Wer sitzt denn Ihrer Meinung da am anderen Ende?«
»Bestenfalls die Amis, oder?«
Schwemmer lachte seufzend. »Ach, Frau Fuchs, das kann doch nicht ihr Ernst sein.«
»Ich hab hier genug Sachen erlebt, von denen ich dachte, ich würde auf den Arm genommen.«
»Von was reden Sie?«
Sie schüttelte stumm den Kopf und legte erneut den Finger auf die Lippen. Dann sagte sie: »Sie können ja die Frau Zettel fragen. Auf dem Markt.«
Schwemmer traute seinen Ohren nicht. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah Frau Fuchs ungläubig an.
»Glauben Sie nicht, dass ich die Einzige bin, die das weiß. Ich bin auch nicht die Erste.«
»Wer hat Ihnen das erzählt? Herr Schafmann?«
»Wenn Sie sonst noch was brauchen, rufen Sie mich einfach an«, antwortete sie. Sie sah noch einmal auf die Mikrofone und verabschiedete sich dann mit einem Winken.
Schwemmer griff nach seinem Becher und nahm einen lustlosen Schluck. Der Kaffee war bitter und nicht richtig heiß.
Das war zu albern. Dass jemand intern Räume abhörte, kannte er nur aus Erzählungen, wenn interne Ermittler nach schwarzen Schafen suchten.
Er kratzte sich am Kopf. Immerhin kannte er es.
Langsam stand er auf, zog die Stecker aus den Mikrofonen und konnte kaum glauben, das getan zu haben.
Interne Ermittlungen. Wär doch möglich. Vielleicht haben sie Grellmayer längst auf dem Kieker, dachte er.
Aber es fühlte sich nicht richtig an.
Dass Frau Fuchs von seinem Gespräch mit Zettel wusste, war allerdings erstaunlich. Schafmann musste über sein Treffen gesprochen haben, während Frau Fuchs im Raum war. Mit wem?
Und warum?
Nach einem weiteren Schluck Kaffee stand er auf und machte sich auf den Weg zu Schafmanns Büro. Als er an die Tür klopfte, kam von drinnen ein ärgerliches »Jetzt nicht!«. Achselzuckend sah er auf die Uhr. Frau Isenwald würde noch eine Weile auf sich warten lassen. Er ging zurück in sein Verhörraumbüro und suchte die Akte Unterwexler heraus.
***
Hardy saß auf dem Rudergerät, und das Rauschen des Widerstandspropellers hätte ihn fast das Läuten der Türglocke überhören lassen. Es war kurz vor acht. Außer ihm würde höchstens Carlo auf sein. Und der war nicht der Mann, der die Haustür öffnete. Hardy stieg von dem Gerät und lief die Treppe hoch. Um diese Zeit läutete niemand hier, der nicht angemeldet war. Es sei denn, er musste sich nicht anmelden.
»Boris«, sagte der Mann nur. »Hardy?« Sein Akzent machte ein »Chardy« daraus.
»Ja. Kommen Sie rein.« Er ließ Boris den Vortritt und wies auf das Kaminzimmer. »Entschuldigen Sie meine Aufmachung. Ich war beim Training.«
Boris machte eine großzügige Geste.
Er war nicht älter als vierzig, nicht besonders groß, eins achtzig höchstens. Sein Oberkörper, den ein perfekt sitzender und extrem teuer wirkender Anzug verhüllte, ließ Hardy annehmen, dass er seinen Work-out für den Tag schon hinter sich hatte. »Carlo ist momentan nicht zu sprechen«, sagte er.
Boris sah ihn prüfend an. »Und wenn ich darauf bestehe?«
»Dann müssen Sie noch
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