Der Himmel über Garmisch (German Edition)
Unterwexler anzuschauen. Ziemlich harter Bursche.«
»Old school« , sagte Schafmann. »Fast ein Museumsstück.«
»Hat aber eine hübsche Tochter.«
»Ach? So weit bist du schon?«
»Irgendwo muss ich ja anfangen. Was Besseres haben wir ja gerade nicht, wie du selber sagst.«
»Viel Spaß.«
Es klopfte, und Frau Fuchs brachte eine Akte herein. Sie legte sie Schwemmer auf den Tisch und huschte wieder hinaus.
»Was ist denn mit der?«, fragte Schafmann.
»Keine Ahnung. Für mich sieht sie aus, als habe sie ein schlechtes Gewissen.«
»Und wieso?«
»Ist dir das nicht klar?«, fragte Schwemmer.
»Nein. Was meinst du?«
»Weil sie mich mehr liebt als dich und das nicht verheimlichen kann.«
»Blödmann«, sagte Schafmann.
Aber immerhin grinste er.
***
Carlo lachte ungläubig auf. »Das ist nicht dein Ernst.«
Hardy zuckte die Achseln und rührte in seinem Kaffee.
» Mein Sohn hat dich k. o. geschlagen?«
»Schließlich hat er bei mir gelernt«, brummte Hardy.
Carlo schüttelte den Kopf. »Unter anderen Umständen hätt ich das gefeiert.«
»Ja ja.«
»Wo steckt er jetzt?«
»Keine Ahnung. Weg. Mit seinen Leuten.«
»Hast du ihn angerufen?«
»Klar. Geht nicht ran.«
»Mist.« Carlo ging zur Kaffeemaschine. Er schenkte sich einen Becher ein und setzte sich zu Hardy an den Küchentisch. »Ich hab keine Ahnung, was wir jetzt machen sollen«, sagte er leise.
»Versuch du ihn anzurufen. Vielleicht geht er dran, wenn er deine Nummer sieht.«
»Und was soll ich ihm sagen?«
»Dass wir die Sache zusammen regeln. Wie auch immer.«
Carlo seufzte. »Okay«, sagte er und nahm einen Schluck aus seinem Becher.
»Sagen wir es Gunther?«, fragte Hardy.
»Erst mal nicht.« Carlo zog sein Handy aus der Seitentasche seiner Hausjacke. Er sah das Gerät zweifelnd an, dann drückte er ein paar Tasten und hielt es ans Ohr.
Die Sekunden vergingen. Dann hoben sich seine Augenbrauen.
»Ronald?«, sagte er. »Ich bin’s … Nein … Ich will, dass du herkommst … Nein, genau das will ich nicht … Das will ich jetzt nicht besprechen … Das bereden wir in Ruhe, wenn du hier bist … Ronald?« Er steckte das Gerät wieder ein. »Er hat aufgelegt.«
»Soll ich ihn suchen?«
Carlo schwieg düster.
»Irgendwas müssen wir machen«, sagte Hardy, aber Carlo reagierte nicht.
»Soll ich mit Boris reden? Oder machst du das?«
Carlo schloss die Augen. »Ich kann nicht mehr«, sagte er, kaum hörbar.
Hardy stand auf. Er ging hinüber ins Kaminzimmer, nahm den Cognac und zwei Gläser aus der Bar und trug sie in die Küche. Carlo sah ihn zweifelnd an, als er einschenkte.
»Scheiß drauf«, sagte Hardy und hob sein Glas.
Carlo nickte und trank.
»Du musst was unternehmen. Du brauchst Hilfe«, sagte Hardy.
»Wo soll ich die hernehmen?«
»Es gibt Profis.«
Carlo lachte böse auf. »Ich kenn keinen. Wenn ich mir die Witzfiguren anschau, die versucht haben, es mit Reagan aufzunehmen …«
»Du bist nicht Reagan. Er wollte nie Hilfe.«
»Ich will auch keine.«
»Aber du hast keine Wahl.«
»Dreck …« Carlo trank sein Glas leer. »Vielleicht hast du recht.« Er schenkte sich nach.
»Wenn du jetzt ausfällst, bricht alles auseinander«, sagte Hardy. »Es gibt ein Chaos, und das weißt du. Es kann Tote geben.«
»Gunther … Er könnte …«
»Gunther ist noch nicht so weit. Nicht einmal Aleko würde ihn akzeptieren.«
»Scheiße … Ich hab keine Ahnung, was ich machen soll.«
»Ich hab da mal jemanden kennengelernt«, sagte Hardy. »Lange her.«
Zwölf Jahre waren es. Und es war nicht ganz freiwillig gewesen.
»Jemanden kennengelernt, was soll das heißen?«
»In Ingolstadt. Eine Frau. Sie war gut.«
Er hatte seinem Zellennachbarn den Unterkiefer gebrochen. Wegen nichts eigentlich. Heute wäre es nichts. Ein falscher Satz zur falschen Zeit. Damals hatte so etwas gereicht. Das Blut hatte die halbe Zellenwand versaut. Sie hatten ihm gesagt, dass er entweder zur Therapie ging oder alles, was mit vorzeitiger Entlassung zu tun hatte, vergessen konnte.
Er war hingegangen. Klar.
»Ingolstadt? Das ist wirklich lange her. Und weit weg.«
»Sie ist nicht mehr in Ingolstadt. Sie ist hier in der Nähe. In Murnau.«
»Und woher weißt du das?«
Hardy zuckte die Achseln. »Hab sie mal gegoogelt.«
»Wieso?«
»Aus Neugier. Ich erinnere mich gern an sie. Wollte wissen, was aus ihr geworden ist.«
Carlo roch an seinem Cognac. »Und du meinst, ich bräuchte das.«
»Keine Ahnung, was du
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