Der Himmel über Garmisch (German Edition)
nimmst du nicht den großen?«
»Ach Heribert, bitte … Muss ich dir das erklären?«
Heribert lachte dröhnend. »Nein nein, ich kann es mir denken. So ein Sturschädel wie du findet ja immer einen Grund, vom Dienstweg abzuweichen. Ich frag mal rum und meld mich dann. Dann sollt ich dir zumindest einen Ansprechpartner sagen können. Pfüati.«
Schwemmer steckte das Handy ein und stieg aus. »Sturschädel?«, brummte er. »Wieso Sturschädel?«
Frau Fuchs leuchtete heute nicht ganz so wie am Vortag, und ihr Kaffee war leider nicht viel wärmer als das immerhin sehr warme Lächeln, mit dem sie ihn hereinbrachte.
Er nahm die Akte Unterwexler aus seiner Aktentasche. »Sagen Sie, Frau Fuchs, der Herr Schafmann erzählte mir, es habe eine Vergewaltigungsanzeige gegen einen Ronald Unterwexler gegeben, die dann zurückgezogen wurde. Kennen Sie den Vorgang?«
Frau Fuchs schien zu erstarren. »Nein. Nie gehört«, sagte sie.
Schwemmer runzelte die Stirn. »Aber der muss über Ihren Schreibtisch gegangen sein.«
»Ich kann mich nicht erinnern.« Das warme Lächeln war wie weggeblasen, stattdessen pressten sich ihre Lippen zu einem faltigen blassrosa Klümpchen.
»Haben wir denn neuerdings so viele Vergewaltigungen, dass Sie sich an so eine Anzeige nicht erinnern? Das muss in den letzten drei, vier Wochen gewesen sein.«
»Nun, vielleicht … doch, da war was … ich weiß nur nicht mehr …«
»Dann schauen Sie doch bitte mal unter dem Namen nach. Unterwexler, Ronald. Warten Sie, ich hab hier noch mehr …« Er blätterte in der Akte, notierte Geburtsdatum und Adresse auf einem Zettel und reichte ihn ihr. »Können Sie mir das bringen?«
»Ja, natürlich. Ich kümmere mich darum.«
Den Zettel in der Hand eilte sie hinaus. Schwemmer sah ihr kopfschüttelnd nach und griff nach seinem Kaffee. Ab morgen, so beschloss er, würde er eine Thermoskanne mitbringen. Doch dann würde er Frau Fuchs erklären müssen, dass er ihren Kaffee ablehnte. Er erwog eine zweite, leere Thermoskanne, in die er, wenn sie den Raum verlassen hatte, Frau Fuchsens Kaffee einfüllen und ihn danach durch den anderen ersetzen konnte. Das wiederum müsste er Burgl erklären, und er beschloss, es zu lassen.
Es klopfte, und Schafmann kam herein. »Ich hoffe, ich bin nicht zu früh«, sagte er.
»Das fehlt mir eigentlich am meisten in München«, sagte Schwemmer. »Dass vor halb zehn alle Angst vor mir haben. Das hatte was, damals.«
»Ich hab sie erst bei acht Uhr«, sagte Schafmann, »aber ich arbeite dran.«
Sie lachten.
»Ich denke, wir sollten die Nachrichtensperre aufheben«, sagte Schafmann.
»Das denke ich auch.«
»Die Jungs vom RD berichten, dass mittlerweile die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass es ein Labor und einen Toten gab.«
»Gibst du das Foto von dem Opfer raus?«
»Ja, das sollten wir tun.«
»Pressekonferenz?«
»Weiß ich noch nicht. Dafür haben wir zu wenig. Aber das entscheidet ohnehin Hessmann.«
Schwemmer nickte. Öffentlichkeitsarbeit lag Polizeidirektor Hessmann. Mehr als jede andere.
»Heute wieder zwei Uhr?«, fragte er.
»Nein. Es gibt momentan nichts Neues, von keiner Seite.«
»Kann man so nicht sagen. Ich hab gestern noch mit dem Plötzl Adi gesprochen, dem Knecht vom Bruggerhof. Diese Frau Morgenbraun hat zwei Männern erlaubt, diesen Stadel zu nutzen. Noch zu Lebzeiten des Bauern.«
»Aha? Kann er sie beschreiben?«
»Selber gesehen hat er sie nicht. Der Bauer sprach von einem Blonden und einem mit dunklen Locken.«
»Hm. Aber dass diese Morgenbraun denen das überlassen hat, weiß er sicher?«
Schwemmer seufzte. »Ach, vergiss es«, sagte er.
»Nein nein, sag, was los ist.«
»Ein Zeuge vom Hörensagen, kein unterschriebenes Protokoll, nicht sicher, dass es überhaupt eins geben wird. Eigentlich hat sich nichts geändert. Wenn wir bisher nicht durchsuchen durften, dürfen wir es damit auch nicht.«
»Auf die Morgenbraun hast du es abgesehen, was?«
»Sollen wir wetten, dass die mit drinhängt?«
Schafmann grinste. »Um was?«
»Keine Ahnung, schlag was vor.«
»Hast du noch von dem Bordeaux, den du mir letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hast?«
»Weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall was Gleichwertiges. Und was krieg ich?«
»’ne Flasche Whisky.«
»Aber nicht irgendeinen Fusel.«
»Malt. Hab ich geschenkt gekriegt, aber ich trink so was ja nicht.«
»Abgemacht.« Schwemmer wies auf die Akte auf seinem Schreibtisch. »Ich bin grad dabei, mir mal diesen
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