Der Himmel über Garmisch (German Edition)
dem Dachfenster. Das Purpur des Himmels wandelte sich mehr und mehr zu Gold. Es sah nach einem herrlichen Tag aus.
Ja. Dieser Gedanke machte auch ihm Angst. Ihr merkt nicht, wenn es kommt.
»Ich glaube nicht, dass dein Vater es erlauben würde«, sagte er.
»Ich rede gerade nicht mit meinem Vater. Ich rede mit dir.«
»Und warum tust du das?«
»Weil ich deine Unterstützung brauche. Ich will dich überzeugen. Alleine werde ich mich bei Paps nicht durchsetzen.«
»Mich überzeugen? Wovon? Du weißt doch letztlich gar nicht, auf was du dich da einlassen willst. Du kennst die Geschäfte deines Vaters doch gar nicht.«
»Ich bin vielleicht ein Mädchen, aber ich bin weder doof noch blind noch taub. Dass ihr nicht mit Sanitätswaren handelt, ist mir klar. Ich kann auch gut genug rechnen, um darauf zu kommen, dass die Clubs und die paar Boxkämpfe nicht reichen für das, was wir uns so leisten. Und ich weiß auch, dass es in anderen Familien nicht üblich ist, seinen Sohn von jemand anderem vermöbeln zu lassen.«
»Wir haben trainiert«, sagte Hardy. »Und er hat mich vermöbelt.«
»Lass uns nicht drumrumreden. Paps’ Geschäfte sind illegal. Mindestens, vielleicht auch kriminell. Aber das schreckt mich nicht.«
»Seit wann denkst du eigentlich über so was nach?«
»Seit drei Jahren. Seit Mutter tot ist.«
Unwillkürlich sah er zur Tür, aber da war niemand.
»Und ich fühle, dass er Hilfe braucht«, fuhr sie fort. »Er ist noch lange nicht drüber weg.«
Hardy schwieg.
»Du weißt, dass ich recht habe.«
»Und du weißt, dass ich mit dir nicht über deinen Vater reden werde. Klär das mit ihm.«
»Was denkst du denn über meinen Vorschlag?«
Hardy sah wieder hoch zu dem immer heller leuchtenden Himmel über dem Fenster. »Ich weiß nicht«, sagte er.
»Warum nicht?«, fragte sie drängend.
»Illegal, kriminell … das sind für dich doch nur Worte. Sie haben keinen Inhalt. Du hast das nicht erlebt. Es wäre ein ganz anderer Weg. Außerdem …«
»Außerdem bin ich eine Frau.«
Er sah sie an. »Lassen wir mal beiseite, was ich dazu meine. Die erste Frage ist, was dein Vater dazu meint. Und da bin ich nicht sehr optimistisch. Aber selbst wenn du ihn überzeugst, ist die Frage, was die Leute dazu meinen, mit denen du es zu tun bekommst. Und für die macht es einen Unterschied – ob es dir gefällt oder nicht.«
»Also bist du dagegen.« Sie verzog den Mund und starrte auf die Tischplatte.
»Ich hab nicht gesagt, dass ich dagegen bin. Aber eines sage ich dir: Es ist härter, als du es dir träumen lässt.«
Sie sah ihn ungläubig an. »Du hilfst mir? Ernsthaft?«
»Ich kann dir nichts versprechen. Ich glaube nicht, dass du deinen Vater überzeugen kannst. Aber wenn du es versuchst, werde ich dich unterstützen.«
Sie sprang von ihrem Stuhl auf und verhedderte sich dabei fast in ihrer Decke. Als sie sich befreit hatte, nahm sie seinen Kopf in beide Hände und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.
»Danke«, sagte sie. Dann lief sie aus dem Zimmer.
Marie stand neben der Tür. Sie hat recht , hörte er sie sagen. Er braucht Hilfe.
***
»Hallo Heribert, wo erwisch ich dich?« Schwemmer saß noch in seinem Wagen auf dem Parkplatz der Wache. Eingedenk des schwachen Netzes in seinem Behelfsbüro hatte er beschlossen, das Telefonat von hier aus zu führen, auch wenn das bedeutete, es vor seiner zweiten Tasse Kaffee tun zu müssen.
»Balthasar! Long time no see. Mein Lieber, wie lang ist das her?« Heribert Mühsams Bass dröhnte derart aus dem Handy, dass Schwemmer die Lautstärke runterregelte.
»Ich weiß gar nicht, drei Jahre mindestens. Das war der Fall mit dem Brandanschlag auf die Gartenhütte von diesem Waffenlobbyisten in Graswang.«
»Genau. Ich hab gehört, du bist zum LKA ?«
»Richtig. Und du sitzt immer noch beim Verfassungsschutz.«
»Auch richtig. Was kann ich für dich tun?«
»Ihr habt mal einen Buchverlag überwacht. NSL -Verlag nennt der sich, das steht offiziell wohl für den Namen Nikolaus Siegfried Lasthammer, bezieht sich aber in Wahrheit auf den Begriff Neuschwabenland.«
»Ach, diese Spinner …«
»Das sagt dir was?«
»Ich hab davon gehört. Aber an einer Überwachung waren wir nicht beteiligt. Da weiß ich auch nichts von. Wir hier sind ja für Links zuständig. Die Rechten haben eine eigene Betreuung.«
»Da kenn ich nur keinen.«
»Sind ja auch nur ein paar. Was brauchst du denn?«
»Alles, was ich auf dem kleinen Dienstweg kriegen kann.«
»Warum
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