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Der Himmel über Kasakstan

Der Himmel über Kasakstan

Titel: Der Himmel über Kasakstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in die große Sowchose ›Roter Oktober‹ eingegliedert worden, einen Riesenbetrieb, der 2.500 Hektar groß war und für den in Uspenski 25 Buchhalter arbeiteten, um die jährlichen Einnahmen von über 6.000.000 Rubel gewissenhaft zu verbuchen.
    Das Land wurde kolonisiert. Kartoffeln wurden angepflanzt, Mais, Buchweizen, Roggen; riesige Gemüsefelder entstanden … hinter Judomskoje bis zum Balchaschsee über 230 Hektar! 24.000 Obstbäume mußten gepflegt, beschnitten, gespritzt werden. An über 760 Bienenstöcken arbeiteten die Imker. Eine besondere Traktoren-Brigade fuhr von Feld zu Feld und pflügte, säte, eggte.
    Erna-Svetlana hatte sich einen Topf mit Borschtsch, der russischen Gemüsesuppe mitgenommen. Dazu hatte die Köchin ihr ein Stück kalten Rinderbraten und ein halbes Schwarzbrot gepackt. Wenn es dämmerte, wollte Svetlana ein Feuer entfachen und die Suppe wärmen. Vielleicht blieb sie in der Nacht draußen in der Steppe. Die Dunkelheit war schon warm, und Svetlana fand es herrlich, die Sonne über der Steppe untergehen zu sehen. Dann brannte der Himmel von Kasakstan … soweit das Auge reichte, war das Land rot und golden … Erde und Himmel wurden eins, die ganze Welt ging unter in dem Abendmantel der Sonne. Staunend stand oder saß sie dann und starrte in den Himmel, über die Steppe und die Weite, die Unendlichkeit der Schönheit ergriff ihr Kindergemüt mit einer Andacht, daß sie unwillkürlich die Hände faltete, wie man es sie vor Jahren in der kleinen Hügelkirche von Neuenaue gelehrt hatte.
    Gegen Mittag erhob sich Svetlana und ging etwas Brennholz suchen, um am Abend den Borschtsch zu wärmen. So sah sie nicht, wie auf drei Panjewagen eine Schar Jungen über die Weiden jagten und sich der Schafherde näherten. Erst, als sie vor dem Zeltdach hielten und es einrissen, hörte Svetlana ihr lautes Lachen.
    Sie ließ das gesammelte Holz fallen und rannte mit nackten Füßen über die Steppe.
    »Was macht ihr?!« schrie sie mit ihrer hellen Stimme. »Laßt das doch! Mein Dach! Mein Dach!«
    Atemlos kam sie bei den drei Panjewagen an. Fünfzehn Augenpaare musterten sie … dreißig Augen, groß, braun, schwarz, geschlitzt … in schmalen oder breiten Gesichtern, zwischen weißer, brauner oder gelber Haut. Sie kannte diese Jungen nicht … sie mußten aus Judomskoje kommen. Kinder von Verbannten, die in Kasakstan blieben und dort heirateten … Kalmückenfrauen, Nomadenmädchen, Kirgisen, Turkmeninnen. Ein buntes Völkergemisch, eine menschliche Palette.
    »Was wollt ihr?« schrie Erna-Svetlana. Die Augen und die plötzliche Stille um sie herum krampften ihr Herz vor Furcht zusammen. Sie umklammerte das eingerissene und zerfetzte Zeltdach und sah in die mitleidlosen Jungenaugen.
    »Du bist die Deutsche!« sagte einer der Jungen, mit langen schwarzen Haaren und einem asiatischen Gesicht. »Wir wissen es … du bist es! Dein Vater hat meinen Vater getötet!«
    »Das ist nicht wahr.« Svetlana wich zurück. »Mein Vater ist auch tot. Und meine Mutter auch. Eure Soldaten haben sie zertreten!«
    »Das tut kein sowjetischer Held!« schrie einer der Jungen vom Wagen herab. »Das ist deutsche Hetze! Ihr habt in Rußland die Kinder lebend ins Feuer geworfen! Mein Vater hat es erzählt!«
    »Es ist nicht wahr!«
    »Willst du sagen, daß mein Vater lügt?« Der Junge sprang vom Wagen und stellte sich vor Erna-Svetlana hin. »Sag es noch einmal, du deutsches Schwein! Sag, daß mein Vater lügt!« Er ballte die Faust.
    Svetlana wich weiter zurück. Aber sie kam nicht weiter … die Jungen hinter ihr bildeten eine Mauer. Sie hatten das Mädchen eingekreist. Zitternde Angst sprang in Svetlana auf. Sie sah sich um. Kein Mensch außer den Jungen … nur weit, weit hinten ratterte ein Traktor über das Kartoffelfeld. Es war zu weit, um zu rufen.
    »Das ist unsere Weide«, sagte ein anderer Junge. »Geh mit deinen Schafen weg!«
    »Die Weide ist Eigentum der Sowchose«, sagte Svetlana schwach.
    »Es ist unsere Weide! Du kannst in die Wüste gehen. Alle Deutschen gehören in die Wüste! Man sollte alle Deutschen erschlagen!«
    »Ich bin in Rußland geboren«, stammelte Svetlana. »Mein Vater –«
    Der große Junge mit den langen schwarzen Haaren lachte. Er ergriff Svetlana an den blonden Haaren und riß sie zu sich heran. Sie schrie auf, aber es ging unter im Lachen der anderen Jungen.
    »Dein Vater war ein Lump und Mörder!« schrie der Schwarzhaarige. »Und deine Mutter war eine Hure! Wiederhole es! Los! Wiederhole

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