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Der Himmel über Kasakstan

Der Himmel über Kasakstan

Titel: Der Himmel über Kasakstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sowchose bin. Außerdem hat mich Serge Sirkow bestellt. Ich soll einen Kurierbrief nach Alma-Ata bringen. Zu dem Genossen Tschetwergow.« Boris streichelte über das Haar Svetlanas. »Ich werde dort gleich bitten, daß wir heiraten dürfen.«
    Natascha Trimofa schüttelte wieder den Kopf. Sie drehte den Docht der Petroleumlampe niedriger. »Es wird sich alles bis zum Morgen regeln«, sagte sie. Mit der einen Hand nahm sie die Lampe, mit der anderen winkte sie Svetlana. »Komm. Oder hast du auch Angst vor mir?«
    »Ich habe vor allen Menschen Angst.«
    »Komm, schlaf. Die Welt sieht anders aus, wenn die Sonne scheint.« Natascha drückte Svetlana die Petroleumlampe in die Hand und nickte zur Tür der Nebenkammer hin. »Geh schon voraus. Ich schließe erst die Außentür.«
    Boris schwieg. Er wußte, daß Natascha Trimofa schon nach seinem Eintritt die Tür verriegelt hatte. Mit aufeinandergepreßten Zähnen sah er, wie Svetlana, die Lampe von sich weghaltend, in den Nebenraum ging. Ein ausgebrannter Körper, zerstört und in eine Welt gerissen, die sie nicht begriff und die ihr eine unheimliche Angst einflößte in ihrer Grausamkeit und Härte. Vielleicht aber auch war es ein Erwachen der Erinnerung, das Wiederkehren der schrecklichen Bilder, als die Rote Armee in Neuenaue einmarschierte und alles, was Röcke trug, bis zu Verzweiflung, Mord und Selbstmord schändete. Erinnerungen, die an ihr selbst jetzt zur Wahrheit und Gegenwart geworden waren.
    Als Erna-Svetlana die Tür hinter sich geschlossen hatte, sah er Natascha Trimofa an. Sie hatte eine zweite Lampe angezündet. Ihr Gesicht war bleich und hart.
    »Du willst wissen, wer es war?«
    »Ja«, stöhnte Boris. Er grub die Nägel in seine Handballen.
    »Ich sage es dir, wenn du mir versprichst, ihn zu töten.« In Nataschas Augen trat eine fanatische Glut. »Du mußt ihn töten, Boris.«
    »Ich schwöre es Ihnen!« Boris reckte den Arm empor zur Balkendecke. »Ich schwöre beim Andenken an meine Mutter!«
    »Noch heute tötest du ihn?«
    »Noch heute! Sofort!«
    Natascha Trimofa ging zum Ofen. Sie öffnete einen Schrank und holte eine Flasche Wodka und ein Wasserglas hervor. Mit langem, gluckerndem Strahl ließ sie den Schnaps in das Glas laufen … das ganze Glas voll. Dann trat sie vor Boris und hielt es ihm hin. Schweigen stand zwischen ihnen … sie sahen sich an und wußten, was es zu bedeuten hatte.
    »Trink, Boris.«
    »Wer war es?«
    »Iwan Kasiewitsch Borkin …«
    Die Hand, die nach dem Glas griff, zitterte wie im Fieber.
    »Nein!« sagte Boris dumpf. »Nein … das kann nicht sein.«
    »Er war es. Frage ihn. Und töte ihn!«
    Boris stürzte das Glas Wodka in einem Zuge herunter. Er brannte wie heißes Pech, aber er machte den Kopf freier. Es war Boris, als habe die Schärfe des Schnapses seine Trauer und die letzten Hemmungen weggesengt. Alles lag klar vor ihm, so wie man eine Gardine vom Fenster wegzieht.
    »Iwan Kasiewitsch kann nicht solch ein Schwein sein. Er hat doch Svetla großgezogen.«
    »Jeder Bauer zieht ein Kalb groß, damit es später einmal gemolken wird und Milch gibt!« Natascha Trimofa sah in den flackernden Schein der Petroleumlampe. Ihr schmales, asketisches Gesicht war wie eine feingeschnitzte Alabastermaske. Die Schatten in den Winkeln des Gesichts gaben ihm etwas Dämonisches. »Ich kenne Iwan Kasiewitsch Borkin«, sagte sie leise.
    Boris atmete tief durch. Er fühlte sich innerlich befreit. Er stellte das Glas auf den Tisch zurück. Dabei sah er, daß Svetlanas zerfetzte Kleider noch immer neben dem Tisch auf den Dielenbrettern lagen. Auf einer Ecke des Tisches lag die große Spülspritze mit dem Gummiball, gefüllt mit einer Desinfektionslösung.
    »Ich bin in einer Stunde wieder da. Was dann, Natascha Trimofa?«
    »Ich werde für euch sorgen, wenn du Borkin tötest.«
    »Sie werden Ihre Stellung verlieren! Man wird Sie nach Karaganda ins Straflager schleppen, wenn Sie uns helfen.«
    »Der Tod Borkins ist mit keiner irdischen Strafe aufzuwiegen.« Nataschas Augen glühten. Boris schauderte innerlich zusammen. Welch eine Frau, durchrann es ihn. Die Urgewalt der Natur ist in ihr … sie ist wilder als der Steppensturm, als der Eiswinter und ein Rudel hungernder Wölfe in der Nacht.
    »In einer Stunde, Natascha Trimofa.«
    »Ich warte auf dich. Aber wage nicht, zurückzukommen, wenn er noch lebt!«
    Mit schnellen Schritten verließ Boris das Haus der Ärztin. Das goldene Pferd kam aus der Dunkelheit der Nacht auf ihn zu, als es den

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