Der Himmel über New York (German Edition)
sicher, ob das die Sorte cooler Club ist, von denen Max geredet hat. Eigentlich mag ich auch lieber Gitarrenpop als Salsa.
Aber wenigstens ist hier niemand zu cool, um sich zu bewegen oder laut zu lachen.
»Was trinkst du?«, fragt María Conny.
»Was soll sie dir mitbringen?«, fragt Conny mich. Ich blicke auf das gelbe Band an meinem Handgelenk.
»Was ist das eigentlich?«
Sie sieht mich verwundert an. »Du bist unter 21. Deshalb verkaufen sie dir keinen Alkohol.«
»Was? Ich darf nicht mal ein Bier trinken?«
Conny kneift mich freundschaftlich in die Wange. An ihrem Handgelenk baumelt ein grünes Band. »Herzchen, das ist doch kein Problem. Der Barkeeper ist ein ganz lieber Freund von mir, der sagt nichts, wenn ich zwei Drinks gleichzeitig hole. Also, Budweiser ? Corona ? Brooklyn Pale Ale ?«
Conny ist in ein Gespräch mit einem der Schnurrbartträger vertieft, als María zurückkommt. Er redet auf Connys Ohrmuschel ein und legt ihr dabei eine Hand ins Kreuz. Sie versucht, sich aus der Gesprächsumarmung zu winden, aber sie steht mit dem Rücken zur Wand. Also beugt sie sich demonstrativ von ihm weg, wenn sie ihm antwortet. Er tippt mit verkniffenem Gesicht auf sein Ohr, bedeutet ihr, dass er nichts versteht.
María hält mir eine durchsichtige Bierflasche mit Limonenschnitz im Flaschenhals hin, stellt sich dann auf die andere Seite des Typen und brüllt ihm was ins Ohr. Vielleicht ist das Enrico, den sie ablenken soll. Wenn ja, dann macht sie ihre Sache nicht besonders gut.
Während ich mich umsehe, muss ich immer wieder den Blick senken. Denn jedes Mal, wenn ich einem der Typen in die Augen schaue, fühlt er sich gleich aufgefordert, mich anzulächeln und mir zuzuprosten. Hola, chica, cómo te llamas? Ich habe aber keine Lust, mich mit einem von ihnen zu unterhalten.
Stattdessen trinke ich hastig mein Bier. Schaum spritzt aus dem Flaschenhals und läuft mir über das Kinn. Mit jedem Schluck werde ich wütender. Drinking age! Hundehalsbänder am Handgelenk! Ich fühle mich wie zu Zeiten, in denen mich meine Mutter abends um zehn von Partys im Jugendzentrum abgeholt hat. Direkt vor der Tür hat sie geparkt, sodass beim Rausgehen jeder das Auto sehen konnte.
Ich muss hier weg. Ich muss hier raus. Aber jetzt kommt Conny auch noch mit dem Typen auf mich zu.
»Darf ich vorstellen? Jenny, das ist Enrico.«
Wieder diese förmliche Art, die ich sonst nur von den Freunden meiner Eltern kenne.
»Hi, Jenny. Lust zu tanzen?«
Eines muss man ihm lassen. Der berüchtigte Enrico hat zwar Automechanikerhände und schwarze Ränder unter den Fingernägeln, aber er ist ein guter Tänzer. Als wir kurz darauf über den schmutzigen Steinboden wirbeln, glaube ich fast, ich könnte tatsächlich ein paar Salsaschritte. Später, als ich ihm von meinem Freund in Deutschland erzähle, nimmt er folgsam seine Pranke von meinem Po, legt sie auf meiner Schulter ab und bietet mir an, noch ein Bier zu holen. Wie brav.
Nach einer Weile kleben mir die Haare an der Schläfe und mein T-Shirt ist nass. Fast bin ich Max dankbar: Wenn es ihn nicht gäbe, müsste ich ihn erfinden, um Enrico auf Distanz zu halten. Immer wieder rutscht seine Hand tiefer, aber sobald ich meinen Verlobten ins Spiel bringe, wird er lammfromm. Sieht mich schief an und schmachtet mir ins Ohr, wie glücklich sich mein novio aus Alemania schätzen dürfe.
Als ich Conny wiederentdecke, müssen mindestens zwei Stunden vergangen sein. Enrico sitzt neben mir an der Bar und zeichnet mir die Positionen einer Baseballmannschaft auf einer Papierserviette auf. »Was ist denn jetzt ein homerun ?«, frage ich mäßig interessiert. Mittlerweile habe ich zu Caipirinha gewechselt (ich werde sowieso zu allen Drinks eingeladen, deshalb spielt der Preis keine Rolle) und versuche, die zerstoßenen Eiswürfel aus meinem Plastikbecher durch den Strohhalm hochzuziehen. Ich kenne die Masche mit den Sportregeln, mir hat vor ein paar Jahren mal ein Typ auf einer Schulparty die Abseitsfalle erklärt und gedacht, aus lauter Dankbarkeit würde ich mich von ihm auf der Tischtennisplatte abknutschen lassen.
Connys Bluse ist zerknittert, der Lippenstift fortgewischt. Sie stürmt auf mich zu, María im Schlepptau. »Da bist du ja, wir haben dich schon gesucht.« Ehe ich sie fragen kann, wo sie gesteckt hat und wer sie so zugerichtet hat (sieht nicht so aus, als hätte sie sich gewehrt), nimmt Conny mir den Becher aus der Hand und deutet Richtung Ausgang. »Hier ist nichts mehr los, lass uns
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