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Der Himmel über New York (German Edition)

Der Himmel über New York (German Edition)

Titel: Der Himmel über New York (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Carl
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Manhattan vorbei. Rechts und links der Straße sieht es aus wie in einem Umweltkatastrophen-Film: verrostete Fabrikanlagen, sumpfige Wiesen in ungesunden Farben, verfallene Häuser. Nur in der Ferne glitzert es – Wasser, Fenster – und kommt langsam näher.
    Schließlich tauchen wir in einen Tunnel, vor uns stinkt ein beigefarbener Lastwagen. Nach ein paar Minuten kommen wir zurück an die Oberfläche.
    »Ist das jetzt Manhattan?«
    »Wie hast du das denn erraten?« Sie lächelt.
    Ich sehe aus dem Fenster und muss grinsen. Die Gitarren in meinem Kopf werden auf einen Schlag schneller und lauter. Das ist es. Das ist New York. Die Stadt aus den Filmen, die Stadt aus meinem Kopf.
    Jetzt bin ich wirklich da.
    Wir sind eingekeilt zwischen gelben Taxis und einem blau-weiß gestreiften Bus, rechts und links von uns erheben sich Fassaden in allen Schattierungen von Braun und Grau. Wie eine Stehparty, auf der alle Gesellschaftsdamen beschlossen haben, Backstein zu tragen. Zwei Mädchen halten sich an den Händen und rennen über eine Ampel. Don’t walk! , blinkt eine orangefarbene Schrift.
    Anne redet immer weiter wie ein Wasserfall, während ich vor lauter Schauen überhaupt nicht mehr zum Denken komme. Mit der linken Hand deutet sie auf einen riesigen Bauzaun und erzählt etwas, gleichzeitig setzt sie den Blinker und will rechts abbiegen, da höre ich auf meiner Seite plötzlich ein Schlittern, dann einen leisen Schlag und lautes Fluchen.
    Erschrocken drehe ich mich um, im gleichen Moment, in dem Annes Vollbremsung mich mit voller Wucht in den Gurt wirft.
    Ein junger, dunkelhäutiger Typ rappelt sich vom Bordstein auf und wischt seine Hände an seiner eng anliegenden Radlerhose ab. Erst, als er sich ganz aufgerichtet hat, sehe ich, wie groß er ist. Lange Beine, lange Arme, schöne Muskeln.
    »Oh my God!« , schreit Anne, lässt das Fenster auf meiner Seite herunterfahren und lehnt sich herüber. »Haben Sie sich verletzt, Sir?«
    Mit einer langsamen, sehr coolen Geste prüft der Typ den Sitz seiner verspiegelten Sonnenbrille, dann rückt er sich den Fahrradhelm zurecht und den riesigen Rucksack. Schließlich hebt er mit einer Hand sein Fahrrad hoch, als würde es überhaupt nichts wiegen, und lässt es mit einer federnden Bewegung auf dem Asphalt aufkommen. Er wirft einen Blick darauf, ob es verbogen ist. Ist es nicht. Dann kommt er einen Schritt näher, beugt sich herunter, lehnt sich schließlich mit der freien Hand an die Beifahrertür und ich kann meinen Blick plötzlich nicht mehr abwenden.
    Diese große, sehnige Hand, diese breite Brust in dem eng anliegenden Trikot. Rastalocken, die unter seinem Fahrradhelm hervorquellen. Am liebsten würde ich ihm jetzt diese Sonnenbrille abziehen, um einmal seine Augen zu sehen. Am liebsten würde ich …
    Jenny, denke ich, jetzt reiß dich mal zusammen. Das ist nur ein ganz normaler Fahrradkurier, wie es sie in Freiburg an jeder Ecke gibt. Der muss dich jetzt nicht gleich auf abwegige Gedanken bringen. Das ist doch alles nur der Jetlag.
    »Ist alles okay, Ma’am«, sagt er schließlich zu Anne und mir läuft ein Schauer über den Rücken. Was für eine Stimme. »Aber machen Sie das nie wieder, hören Sie?«
    Heilige Scheiße. Der kann ja sagen, was er will, und hört sich dabei an, als würde er gleich einen Soulklassiker anstimmen. Oder ein Gedicht rezitieren. Oder...
    Er stößt sich leicht von der Beifahrertür ab, dann hebt er zwei Finger an seine Sonnenbrille, zieht sie ein Stück herunter und sieht mir direkt in die Augen. Schließlich lächelt er mich an, mehr eine Andeutung als eine wirkliche Mundbewegung, hebt wieder zwei Finger zu einer Art Gruß, schiebt damit die Sonnenbrille auf die Nase zurück und schwingt sich dann mit einer lässigen Bewegung auf sein Fahrrad.
    »Die fahren aber auch wie die Kriminellen, diese Fahrradkuriere«, schimpft Anne leise und ich habe das Gefühl, ihr ist die Situation vor mir etwas peinlich.
    »Ist ja nichts passiert«, sage ich und denke plötzlich: Doch. Da ist etwas passiert. Ich weiß nur nicht genau, was.
    Schließlich lässt sie das Fenster wieder hochfahren, das mich trennt von dieser Welt da draußen, dieser schnellen, hohen Welt, und gibt Gas. Ich verdrehe meinen Hals, aber schon ist er nicht mehr zu sehen, dieser erste Mann, der mir auf New Yorker Boden in die Augen geschaut hat.
    Was steht da eigentlich auf dem Aufkleber in der oberen Ecke des Außenspiegels?
    Objects in the mirror are closer than they

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