Der himmlische Weihnachtshund
Hause tragen.«
Michael lachte. »Oder du musst uns heute Nacht Obdach gewähren.« Als er ihre erschrockene Miene wahrnahm, setzte er hinzu: »Wir teilen uns auch gerne die Couch.«
Fiona nippte an ihrem Tee und stellte die Tasse dann auf dem Tisch ab. »Ich könnte euch auch nach Hause fahren.«
»Und wie ließe mich das dann als Gentleman dastehen?«, fragte er grinsend.
»Nicht gut.« Sie lächelte zurück. »Aber da wir im einundzwanzigsten Jahrhundert leben, könnte ich darüber hinwegsehen – zum Wohle des Hundes.«
»Und was ist mit meinem Wohl?«
Verblüfft kniff sie die Augen zusammen. »Was soll damit sein?«
»Nun ja.« Vorsichtshalber stellte auch er seine Tasse ab. »Vielleicht fühle ich mich ja nicht wohl, wenn du mich nach Hause fährst.«
»Du meinst, du läufst lieber?«
»Nicht ganz.« Zum Teufel mit der Zurückhaltung. Alles in ihm sehnte sich danach, ihr nahe zu sein – und er war schließlich auch nur ein Mann. Vorsichtig ergriff er ihre Hände, die sie in den Schoß gelegt hatte. Sogleich spürte er, wie sie sich leicht verkrampfte. Doch sie zog die Hände nicht zurück. »Das war ein sehr schöner Abend«, sagte er ruhig.
»Ja, aber … «
»Bitte kein Aber jetzt, Fiona. Lass mich ausreden – bitte.«
»Okay.« Ihre Stimme klang ein wenig angestrengt.
»Ich weiß, dass du keine gute Meinung von mir hast. Zumindest nicht von der Art, wie ich mein Privatleben bisher geführt habe. Und wenn ich dir jetzt sagte, dass ich meinen Lebensstil deinetwegen ändern möchte, würdest du mir vermutlich nicht glauben.« Er hielt inne und sah ihr forschend in die Augen. Dann wanderte sein Blick unwillkürlich hinab zu ihren Lippen, doch er riss sich zusammen. »Ich habe dich suchen lassen.«
»Was? Wie bitte?« Verwirrt starrte sie ihn an.
»Vor ungefähr zehn Jahren habe ich einen Detektiv beauftragt, dich zu suchen. Er hat dich auch gefunden. Du hast damals in Hamburg gelebt.«
»Aber … « Sie schluckte und schüttelte leicht den Kopf. »Warum hast du dich nicht bei mir gemeldet?«
»Ja, warum nicht?« Er drückte ihre Hände leicht. »Vielleicht, weil ich mich plötzlich gefragt habe, warum ich dich überhaupt gesucht habe.«
»Und … « Sie senkte den Blick. »Warum hast du mich gesucht?«
»Ich hatte gerade mit dem Studium begonnen und dachte, ich müsse erwachsen werden«, erklärte er. »Deshalb habe ich viele alte Besitztümer ausgemistet, wollte alles wegwerfen, um mir ein neues Leben zu verschaffen. Eines ohne Erinnerungen an Tage, die längst vergangen waren. Dazu gehörte auch, dass ich alle alten Fotos und Briefe aus unserer Kinderzeit loswerden wollte.«
»Oh.« Ihr Kopf ruckte hoch, und sie sah ihn betroffen an. »Du hast sie alle weggeworfen?«
»Nein. Ich wollte sie dir schicken.«
»Aber du hast es nicht getan.«
»Als der Detektiv mir deine Adresse gab, zusammen mit einem Foto von dir mit einem sehr nett aussehenden jungen Mann, habe ich es mir anders überlegt. Was hätte es bringen sollen, dich nach all den Jahren zu besuchen? Wie hätte ich dir erklären sollen, dass ich die Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit loswerden wollte?«
»Warum wolltest du sie denn so unbedingt loswerden?«
Er spürte ihren aufmerksamen Blick auf sich ruhen. »Weil ich hoffte, damit auch die Leere loszuwerden, die du in mir hinterlassen hattest, als du mit deinen Eltern weggezogen warst. Es klingt für dich vielleicht albern, aber ohne dich war hier nichts mehr, wie es war. Du warst meinebeste Freundin, meine Vertraute. Natürlich hatte ich noch viele andere Freunde, aber wir zwei, das war … « Er suchte nach Worten.
Fiona nickte verständnisvoll. »Ich weiß. Ich habe dich auch lange Zeit vermisst.« Ihr Kopf senkte sich wieder, und Michael hatte den Eindruck, als beschäftige sie ein unangenehmer Gedanke.
»Fiona?«, fragte er vorsichtig und wartete, bis sie den Kopf wieder hob. Als er die Tränen in ihren Augen glitzern sah, erschrak er. »Stimmt etwas nicht?«
»Es tut mir leid«, sagte sie so leise, dass er sich anstrengen musste, um sie zu verstehen.
»Was tut dir leid?«
»Dass ich aufgehört habe, dir zu schreiben.« Sie blinzelte eine Träne weg.
»Na ja, ich habe ja auch aufgehört, dir zu schreiben«, korrigierte er.
»Ja, aber erst, nachdem ich dir immer seltener geantwortet habe. Auch angerufen habe ich absichtlich nicht mehr.« Sie entzog ihm ihre Hände und verschränkte sie ineinander. »Ich wollte dich vergessen und dass du auch mich
Weitere Kostenlose Bücher