Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
Vom Netzwerk:
verschwendet, deshalb drehte ich mich um, rannte wieder nach oben und hämmerte mit der Faust an deine Tür. »Maria! Maria! Wach auf! Pack deine Sachen! Wir müssen weg!« Das war der zweite Feueralarm, den ich dir innerhalb von drei Tagen zumutete. Und es würde nicht der letzte sein. Du öffnetest die Tür. »Pack deine Sachen, wir müssen sofort los«, sagte ich zu dir mit gedämpfter Stimme. Du nicktest nur, ohne etwas zu sagen. Du warst startbereit. Du warst bereits daran gewöhnt. Während du packtest, lief ich ins Badezimmer und warf alles, was ich besaß, in meine Tasche – alles, bis auf die Pistole. Die Pistole nahm ich aus der Tasche und steckte sie mir hinten in den Hosenbund.
    Als wir am Fuß der Treppe ankamen, saß meine Mutter noch immer auf der Couch und umklammerte das Telefon. Die Sehnen auf ihrem Handrücken spannten sich unter der Haut, als müsste sie sterben, wenn sie das Telefon losließ. Sie blickte auf, als wir unten ankamen. Ich sah ihr ein letztes Mal in die Augen. Sie war wieder meine Mutter. Die Kreatur, die von ihr Besitz ergriffen hatte, war verschwunden. Leider war es zu spät. Sie würden kommen, um uns zu holen. Wir mussten weg.
    Wir gingen in Richtung Tür. Du wolltest dich umdrehen, um etwas zu meiner Mutter zu sagen, doch ich stieß dich leicht von hinten an, damit du nicht stehen bliebst. Du verstandst diesen Wink und gingst weiter. Du fragtest mich nicht, was geschehen war. Ich nahm an, dass du es dir zusammengereimt hattest. Als ich zur Tür hinausgehen wollte, erhob sich meine Mutter schließlich doch mit tränenüberströmtem Gesicht von der Couch.
    »Ich hab dich lieb, Mom, und ich werde dich immer lieb haben«, sagte ich, bevor ich durch die Seitentür ins Freie trat. Sie nickte. Wir warfen unser Gepäck auf den Rücksitz des Wagens und stiegen ein. Ich drehte den Zündschlüssel, und wir schlitterten aus der Einfahrt. Im Wegfahren warf ich noch einen letzten Blick auf das alte Haus. Meine Mutter stand weinend am Fenster und hielt eine Hand über der Schulter. Sie winkte zum Abschied.

DREIZEHNTES KAPITEL
    Wir schafften es, die Stadt ohne Zwischenfälle zu verlassen. Ich fuhr überwiegend auf Nebenstraßen, wechselte häufig die Richtung und warf einen prüfenden Blick auf jedes Auto, das uns begegnete. Ich sah mit einem Auge auf die Straße und mit dem anderen in den Rückspiegel. Jedes Mal, wenn das Bremslicht eines Wagens aufleuchtete, der uns gerade entgegengekommen war, zuckte ich zusammen und dachte, er würde wenden. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Informationen meine Mutter ihnen gegeben hatte. Ich musste davon ausgehen, dass sie wussten, mit welchem Auto wir unterwegs waren, und nahm an, dass uns höchstens eine Stunde blieb, um uns möglichst weit von meinem ehemaligen Zuhause zu entfernen. Für die Zeit danach hatte ich keinen Plan. In Anbetracht der Umstände hatte es jedoch auch keinen Sinn, weiter vorauszuplanen.
    Du saßest eine Weile schweigend neben mir, beobachtetest mich, beobachtetest, wie ich den Rückspiegel kontrollierte, beobachtetest, wie ich nachdachte. Du unterbrachst mich nicht, bis ich mich langsam wieder beruhigte. »Was ist passiert?«, fragtest du schließlich. Obwohl du in einem fremden Haus mitten in der Nacht aus dem Bett gescheucht und aufgefordert worden warst, deine Sachen zu packen, anschließend in ein Auto gezerrt und weiß Gott wohin gefahren worden warst, hast du über eine Stunde gewartet, bis du eine Erklärung von mir verlangtest. Du lerntest die Spielregeln schnell. Zu wissen, wann man Fragen stellt und wann man einfach handelt, war die erste Grundvoraussetzung zum Überleben. Kurz bevor du deine Frage stelltest, fuhren wir auf den Highway. Es war kurz vor zwei Uhr morgens. Die Straße war fast leer. Allem Anschein nach waren wir fürs Erste noch einmal davongekommen.
    »Sie sind uns auf den Fersen«, erwiderte ich, den Blick auf die Straße vor uns gerichtet. Ich sagte dir damit nichts, was du nicht schon wusstest.
    »Was bedeutet das?«, fragtest du, nachdem du kurz darüber nachgedacht hattest.
    »Das bedeutet, dass sie Bescheid wissen. Sie wissen von dir. Sie wissen von unserem Kind. Sie wissen, dass wir auf der Flucht sind.«
    »Nein, Joe. Was bedeutet das?«, wiederholtest du. »Für uns?« Ich sah zu dir hinüber. Du wirktest nicht verängstigt, nur nervös. Ich legte dir meine Hand aufs Bein und streichelte es.
    »Das verändert eigentlich nicht viel. Wir hätten uns ohnehin irgendwann verstecken müssen. Jetzt

Weitere Kostenlose Bücher