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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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konnten oder nicht. Ich war der Meinung, dass wir uns ein bisschen Bewegung verschaffen sollten, deshalb hast du uns vom Highway zu irgendeinem Naturschutzgebiet gelotst, das du auf der Karte entdeckt hattest. Wir machten eine zwei Meilen lange Wanderung an einem Bach entlang. Es war herrlich, sich die Füße zu vertreten. Meine Wunde verheilte gut. Die zwei Meilen gaben dir den Rest. Nachdem wir wieder ins Auto eingestiegen waren, schliefst du binnen Minuten mit der aufgefalteten Karte im Schoß ein.
    Ich zählte jede Stunde, die verging, ohne dass jemand auf uns aufmerksam wurde. Jede Einzelne davon machte es ein wenig wahrscheinlicher, dass wir irgendwann in Vergessenheit geraten würden. Es ging nicht um Entfernung, sondern ausschließlich um Zeit. Am Nachmittag überquerten wir die Grenze nach Ohio. Dort fuhren wir wieder an irgendeiner beliebigen Ausfahrt ab, um uns ein billiges Restaurant zu suchen. Unser Geld wurde schnell weniger. Die Nacht war abermals klar, deshalb suchten wir uns zum Übernachten erneut eine abgelegene Stelle neben einer Landstraße. Ich beobachtete dich in dieser Nacht, während du schliefst, und hatte große Schuldgefühle. Du warst siebzehn, schwanger und obdachlos. Wir bewegten uns am Rand der Zivilisation und hofften, dass uns niemand finden würde. Eines Tages wollte ich dich zurück in die Zivilisation bringen. Ich wusste nur noch nicht, wann.
    In dieser Nacht schliefen wir zum ersten Mal wieder miteinander, seit wir uns gegenseitig unsere Geheimnisse verraten hatten. Du krochst zu mir in meinen Schlafsack. Zu zweit war es darin viel wärmer. Wir zogen uns gegenseitig unbeholfen von der Taille abwärts aus und behielten unsere Sweatshirts an, um uns vor der kalten Nachtluft zu schützen. Wir küssten uns. Der Schlafsack passte wie angegossen, wenn wir beide darin lagen. Die Bewegungsfreiheit war eingeschränkt, aber wir konnten uns ausreichend bewegen. Wir bewegten uns langsam, vorsichtig. Es war anders. Wir waren jetzt andere Menschen. Zuvor waren wir unschuldige Menschen gewesen, die ein gefährliches Spiel spielten. Jetzt waren wir gefährliche Menschen, die das Unschuldigste, Ursprünglichste taten, was sie sich vorstellen konnten. Am Ende hast du dir auf die Unterlippe gebissen und am ganzen Körper gezittert, gabst aber keinen Laut von dir. Der ganze Schlafsack bebte mit dir. Anschließend weintest du.
    Der nächste Tag verlief genauso. Wir kämpften uns durch eine zwölfstündige Autofahrt und versuchten, sie auf drei Tage auszudehnen, ohne dabei einen echten Zwischenstopp einzulegen. Du fandest abermals einen Ort auf der Karte, an dem wir Zeit totschlagen konnten. Es handelte sich um einen Leuchtturm am Eriesee. Wir verbrachten ein paar Stunden in dem Park, der den Leuchtturm umgab. Einmal mehr aßen wir unser Mittagessen aus dem Kofferraum. Du hattest Besseres verdient, beklagtest dich aber nicht.
    Bei einem unserer Stopps kaufte ich eine Zeitung. Ich überflog die Überschriften und das Polizeiregister auf der Suche nach irgendetwas Interessantem, nach irgendetwas, das mir einen Hinweis darauf hätte geben können, was in meiner alten Welt vor sich ging. Die Lage war ruhig. Ich las den Wetterbericht. Für den Abend war Regen vorhergesagt. Mit dem Regen krochen die Kreaturen aus dem Schlamm.
    Der Regen setzte am späten Nachmittag ein. Noch bevor er begann, sahen wir hohe dunkle Wolken über die Prärie auf uns zurollen. Die Luft wurde dick und feucht. Kurze Zeit später verhängten die dunklen Wolken den ganzen Himmel und verdeckten die Sonne. Es wurde kalt, und der Wind frischte auf. Die Bäume um uns raschelten in der Brise. Dann kam der Regen, schnell und heftig.
    Als wir die Regenwolken auf uns zukommen sahen, batest du mich anzuhalten. Du wolltest spüren, wie der Sturm sich nähert, sagtest du. Also hielt ich am Straßenrand an, und wir setzten uns auf die Motorhaube, als die Wolken heranrollten. Wir spürten den Sprühnebel und den Wind. Unmittelbar bevor es anfing zu regnen, fragte ich dich: »Genügt das?« Du sagtest ja, und wir stiegen hastig wieder ins Auto. Da unsere Kleidung feucht vom Sprühnebel war, schaltete ich die Heizung ein, nachdem ich den Wagen angelassen hatte, damit wir schneller trocken wurden. Das Prasseln der Regentropfen auf dem Autodach war so laut, dass wir unser eigenes Wort kaum verstanden. Wir saßen eine Weile einfach nur da und warteten darauf, dass der Regen nachließ, damit ich durch die Windschutzscheibe sehen konnte.
    »Wo ich

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