Der Hinterhalt
an, es zumindest zu versuchen. Ich kniete mich auf der anderen Seite von ihm hin.
»Können Sie die Beine bewegen?«, fragte ich. Der Gesichtsausdruck des Mannes verzerrte sich. Ich warf einen Blick auf seine Beine. Sie bewegten sich nicht. »Was ist mit Ihren Armen? Können Sie die Arme bewegen?« Wieder verzerrte sich sein Gesicht. Einer seiner Arme bewegte sich. Der andere lag reglos da. Er war offenbar gebrochen. Als er den einen Arm bewegte, stöhnte er abermals vor Schmerz.
Plötzlich hörte ich auf dem Highway ein Auto kommen. Uns blieb keine Zeit, um uns eine bessere Deckung zu suchen. »Duck dich«, sagte ich zu dir. Wir legten uns so flach wie möglich auf den Boden. Der Himmel leuchtete auf, als die Scheinwerfer sich uns näherten. Das Geräusch von aufgewirbeltem Split wurde lauter und dann wieder leiser. Der Wagen schoss an uns vorbei. Kurz darauf war nur noch unser Atmen und das Keuchen des Mannes zu hören.
»Wir müssen weiter, Maria. Wir sind hier nicht sicher.« Ich spürte Panik in mir aufsteigen. Sie würden uns noch schnappen, weil du zu gutmütig warst.
»Wir können ihn nicht einfach hierlassen, Joe«, erwidertest du, und deine Augen füllten sich mit Tränen.
»Hör mir zu, Maria. Du musst jetzt eine Entscheidung treffen. Möchtest du diesen Mann retten, oder möchtest du unseren Sohn retten? Beides ist nämlich nicht möglich.« Du verstandest. Ich konnte es an deinem Gesichtsausdruck ablesen.
Der Kopf des sterbenden Mannes lag noch immer in deinem Schoß. Du sahst zu ihm hinunter. »Es tut mir leid«, sagtest du. Du hobst seinen Kopf von deinem Schoß und standest auf. Du gabst dir Mühe, nicht zu weinen, was dazu führte, dass du anfingst zu schluchzen. Dann wandtest du dich ab und gingst zurück zu unserem Wagen. Ich beobachtete den Mann auf dem Boden. Seine Augen folgten dir, als du dich von ihm entferntest.
Ich wandte mich ebenfalls von ihm ab und folgte dir in Richtung Auto. Dann hörte ich erneut ein Stöhnen, dieses Mal lauter. Er wollte nicht allein gelassen werden. Er muss gewusst haben, dass er sterben würde, doch er wollte nicht allein sterben. Ich drehte mich noch einmal zu ihm um. »Wenn ich ein Telefon finde, schicke ich Ihnen Hilfe«, sagte ich zu ihm. Er schloss langsam die Augen. Ihm war klar, dass niemals Hilfe kommen würde.
Als ich wieder bei unserem Auto ankam, hattest du dich bereits hineingesetzt. Die Tränen waren versiegt. Dein Gesichtsausdruck verriet jetzt nur noch Entschlossenheit. Ich ließ den Motor an und lenkte unseren Wagen wieder auf den Highway. Wir fuhren in die entgegengesetzte Richtung.
»Wohin fahren wir?«, fragtest du.
Ich hatte jetzt einen Plan. Der Anblick des sterbenden Mannes auf dem Boden hatte mir dabei geholfen, einen Plan auszuarbeiten. Sie wussten, wo wir waren. So viel war sicher. Sie opferten nicht einfach so einen Mann. Sie wussten, dass sie ganz in unserer Nähe waren. Meiner Ansicht nach konnten wir das ausnutzen. Wir konnten es ausnutzen, um Geld abzuheben, bevor wir wieder verschwanden. Da wir nur noch ein paar hundert Dollar übrig hatten, brauchten wir dringend Geld. Wir würden eine Weile brauchen, um uns dort, wohin es uns als Nächstes verschlagen würde, einzuleben, und wir mussten mit dir zum Arzt gehen, wenn wir wollten, dass unser Sohn überlebt. »Wir fahren in die Innenstadt«, sagte ich.
»Was? Warum?« Die Innenstadt war nicht weit entfernt, und du wolltest einfach nur so weit weg wie möglich. Rückblickend betrachtet wäre das vermutlich die richtige Entscheidung gewesen.
»Ich habe immer noch meine Bankkarte. Ich habe sie nicht benutzt, weil ich Angst hatte, dass ihnen das verraten könnte, wo wir sind. Tja, aber jetzt wissen sie, wo wir sind. Das ist für die nächste Zeit unsere letzte Chance, an Geld zu kommen. Wenn wir in der Innenstadt abheben, wissen sie nicht, in welche Richtung wir anschließend gefahren sind.« Ich sah zu dir hinüber. Du wirktest skeptisch. »Uns bleibt nichts anderes übrig«, sagte ich. Du wusstest, dass ich recht hatte.
»Okay«, erwidertest du und besiegeltest damit unser Schicksal. Ich trat aufs Gaspedal, und wir rasten in Richtung Stadt.
Während der Fahrt blieb alles ruhig, beinahe unheimlich ruhig. Nichts regte sich. Wir sahen die Lichter der Stadt in der Ferne. Es war mitten in der Nacht. Die Stadt schlief noch, aber die Lichter waren an. Wir fuhren über die Brücke, die zur Stadt führte. Mein Plan war, einfach in eine Straße einzubiegen, in der sich eine Bank
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