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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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nicht hätten bewegen sollen. Womöglich handelte es sich nur um Muskelkrämpfe. Ich war mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt noch lebte. Wir gingen noch ein paar Schritte auf ihn zu. Dann hörten wir ihn stöhnen.
    Wir hatten keine Zeit. Wir wurden verfolgt. Dessen war ich mir inzwischen sicher. Und dieser Mann hatte irgendetwas damit zu tun. Wie er neben die Straße gelangt war, konnte ich mir allerdings nicht vorstellen. »Wir müssen ihn hier liegen lassen«, sagte ich zu dir. Ich drehte mich um und ging auf unser Auto zu.
    »Was?«, fragtest du. »Wir können ihn doch nicht einfach liegen lassen.« Du warfst einen Blick auf den Körper. »Er wird sterben.« Daran bestand kein Zweifel. Was es mit uns zu tun hatte, war mir allerdings schleierhaft.
    »Wir fahren weiter.«
    »Wir können ihn nicht hierlassen!«, protestiertest du. Ich legte erneut meinen Zeigefinger an die Lippen, um dir zu signalisieren, dass du leise sein sollst. Du senktest die Stimme. »Du hast mir versprochen, dass es keine Toten mehr gibt.«
    »Das ist nicht mein Werk«, sagte ich und deutete mit der Mündung der Pistole auf den sich krümmenden Körper. Das war eine Lüge. In gewisser Weise war das eine Lüge. Das Stöhnen wurde lauter und ausgeprägter. Er hörte uns reden. Er versuchte, uns etwas zu sagen. Seine Stimme drang mühsam durch seinen mit Gras und Erde gefüllten Mund. Ich verstand nicht, was er sagte. Dann gelang es ihm, ein Wort herauszubringen: »Bitte.« Du sahst mich an. Selbst in der Dunkelheit erkannte ich den Schmerz in deinem Blick.
    Ich ging an dir vorbei zurück zu dem Körper. Als ich in deiner Nähe war, flüstertest du: »Sei vorsichtig.« Ich trat an den Mann heran. Du standest nur einen Meter hinter mir. Ich hielt die Pistole auf den sich krümmenden Körper gerichtet, obwohl ich mir sagte, dass es sich unmöglich um eine Falle handeln konnte. Für eine Falle war da einfach zu viel Blut. Das Stöhnen war inzwischen verstummt, als hätte der Mann seine gesamte verbliebene Energie dafür aufgebraucht, mit uns zu sprechen. Bitte . Jetzt gab er nur noch ein leises Wimmern von sich, während er zitternd vor meinen Füßen lag. Ich schob ihm einen Fuß unter die Schulter und hob ihn an. Er war unglaublich schwer. Ich musste meine gesamte Kraft aufwenden, doch es gelang mir, ihn umzudrehen, ohne mir dabei die Hände schmutzig zu machen. Er lag jetzt auf dem Rücken.
    Der Mann war blutüberströmt. Ich war mir ziemlich sicher, dass das Blut nicht ausschließlich von ihm selbst stammte. Seine Beine waren verdreht wie ein Korkenzieher, da sie sich nicht mit dem Rest seines Körpers umgedreht hatten. Er konnte sie nicht bewegen. Sein Genick war gebrochen. Als er dem Himmel zugewandt dalag, öffnete er die Augen. Sein Gesicht war zerschnitten und fast vollständig mit Blut bedeckt, doch als er die Augen aufmachte, leuchteten sie hellgrün. Selbst in der Dunkelheit konnte ich ihre Farbe erkennen. »Helft«, sagte er jetzt deutlicher. Eigentlich wollte er »Helft mir« sagen, doch er hatte nicht die Kraft, um das zweite Wort herauszubringen. Perforierte Lunge. Gebrochene Rippen. Ich diagnostizierte einen ganzen Haufen Probleme, die ich nicht heilen konnte. Du tratst vor mich, knietest dich neben ihn ins Gras und wischtest ihm etwas Schmutz aus dem Gesicht.
    Ich nahm Blickkontakt mit ihm auf. »Waren Sie an dem Unfall beteiligt, den wir gehört haben?«, fragte ich. Er bewegte den Kopf unmerklich. Ein deutlicheres Nicken würden wir nicht bekommen. »Ist das bei diesem Unfall passiert?« Ein weiteres Nicken. Er war eindeutig Opfer einer Verfolgungsjagd geworden. »Und dann haben sie Sie aus dem Auto geworfen? Sie haben Sie hier liegen lassen?« Wieder bewegte sich sein Kopf. Dieses Mal erkannte ich Traurigkeit in seinen Augen. Du zogst eine Grimasse, da es dir unbegreiflich war, wie jemand so kalt sein konnte. Ich wusste es. Er war Ballast gewesen. Er hatte eine Mission behindert. Uns zu finden war das Ziel dieser Mission. Wenn man tagtäglich mit dem Tod konfrontiert ist, bedeutet einem ein weiterer Tod nicht allzu viel. Vermutlich hatten sie nicht lange gefackelt, ehe sie ihn aus dem Auto warfen.
    »Wir müssen irgendwas tun, Joe«, sagtest du und drehtest dich zu mir, während du den Kopf des sterbenden Mannes in den Händen hieltst. Er sah dich an, als du ihm sein blutverschmiertes Haar aus der Stirn strichst.
    »Wir können nichts tun, Maria.« Du wusstest, dass ich recht hatte. Trotzdem flehtest du mich mit Blicken

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