Der Hinterhalt
kamen. Und ich hörte dich schreien. Das war nicht gut. Stress war nicht gut. Leider hatte die Nacht gerade erst begonnen.
Ich rannte zum Auto und hörte eine weitere Kugel an meinem Kopf vorbeisausen. Ich versuchte zu erkennen, woher die Schüsse kamen. Sie schienen aus sämtlichen Himmelsrichtungen zu kommen. In Wirklichkeit waren vermutlich nur fünf oder sechs Schüsse abgegeben worden, doch es hatte den Anschein, als befänden wir uns mitten in einem Feuergefecht. Ich erreichte die Fahrertür und öffnete sie. »Alles in Ordnung?«, schrie ich dir zu, während ich einstieg.
»Nein!«, schriest du zurück. Ich duckte mich sofort, bis sich mein Kopf unterhalb der Fensterkante befand. Dann ließ ich den Motor an und gab Gas. Ich wollte uns nur aus der Schusslinie bringen. Wir würden den Wagen zurücklassen müssen, da wir einen kaputten Hinterreifen hatten. Sie hatten den Reifen sicher absichtlich getroffen. Mit einem Platten konnten wir nicht aus der Stadt fahren. Aber wir konnten aus der Schusslinie fahren. Anschließend würden wir zu Fuß flüchten müssen. Daran führte kein Weg vorbei.
Ich trat das Gaspedal durch und hob den Kopf gerade weit genug, um über das Armaturenbrett sehen zu können. Ich konnte es mir nicht erlauben, irgendetwas zu rammen. Ich konnte mir keinen weiteren Unfall erlauben. Als sich der Wagen in Bewegung setzte, spürte ich, wie das Hinterrad über den Asphalt rumpelte. In den Häusern entlang der Straße gingen Lichter an. Ich gab mir Mühe, sie zu ignorieren. Wir mussten nur weg.
Wir schlingerten beim Beschleunigen hin und her. Ich versuchte, den Wagen unter Kontrolle zu bringen, doch der kaputte Reifen machte es mir nicht leicht. Nach vier oder fünf Häuserblocks hörte ich keine Schüsse mehr. Ich lenkte den Wagen an den Straßenrand. »Wir müssen aussteigen«, sagte ich zu dir. Du sahst mich an, als sei ich verrückt. »Hier drin sind wir leichte Beute, Maria. Wir müssen aussteigen.«
Du griffst nach unten, löstest deinen Sicherheitsgurt und krochst über die Mittelkonsole, um auf meiner Seite aussteigen zu können. Ich öffnete die Fahrertür und stieg aus. Dann wartete ich einen Augenblick, weil ich damit rechnete, einen weiteren Schuss zu hören, eine weitere Kugel an meinem Ohr vorbeisausen zu hören, doch es blieb still. Ich packte dich am Handgelenk und zog dich auf den Bürgersteig, und wir rannten die nächste Seitenstraße hinunter. Nachdem wir zwei Häuserblocks weit gelaufen waren, entdeckte ich einen Durchgang zwischen zwei Häusern. Wir verbargen uns in einem der wenigen Gärten, die kein verriegeltes Tor hatten. Ich legte den Zeigefinger an die Lippen, um dir zu signalisieren, dass du leise sein sollst. Ich hatte etwas gehört. Jemand lief die Straße entlang. Ich hörte Schritte auf dem Asphalt. Wir hatten Glück gehabt, dass wir rechtzeitig in Deckung gegangen waren. Plötzlich rannte ein Mann an uns vorbei. Er hielt eine Pistole in der Hand.
»Was machen wir jetzt, Joe?«, flüstertest du mir zu, als wir den Mann nicht mehr sehen konnten.
»Ich weiß es nicht.«
»Wie kommen wir von hier weg?«
»Ich weiß es nicht.« Ich versuchte nachzudenken. Wir hatten nicht viele Möglichkeiten. »Wie weit ist es von hier zum Busbahnhof?«, fragte ich dich. Du kanntest die Stadt besser als ich.
»Ungefähr sechs Meilen«, erwidertest du. Das war weit. Die Nacht war dunkel und voller Gefahren. Trotzdem war es unsere einzige Chance.
»Wir müssen irgendwie zum Busbahnhof kommen«, sagte ich zu dir. Dann hörte ich wieder etwas. Ich legte dir die Hand auf den Mund, um sicherzustellen, dass du nicht sprichst. Jemand war ganz in unserer Nähe. Derjenige rannte nicht. Er ging. Und er pfiff im Gehen vor sich hin. Wir gaben uns Mühe, so gut wie möglich in Deckung zu gehen. Er ging in dieselbe Richtung, in die der Mann mit der Pistole gelaufen war. Er hatte keine Pistole. Stattdessen hielt er ein großes Messer in der Hand. Er pfiff die Melodie von »What a Wonderful World« von Louis Armstrong. Wir hielten den Atem an, als er an uns vorbeiging. Zehn Minuten verstrichen, bis wir uns sicher waren, dass er weg war.
Du setztest unser Gespräch genau dort fort, wo wir es untergebrochen hatten. »Ich kann nicht rennen, Joe«, sagtest du und legtest beide Hände auf deinen Bauch.
»Ich weiß«, entgegnete ich. Weiß Gott, welchen Schaden wir unserem Kind bereits zugefügt hatten. Wir sprachen nicht darüber. »Wie spät ist es?«, fragte ich dich. Du sahst auf die
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