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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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befand, anzuhalten, so viel abzuheben, wie der Geldautomat ausspuckte, wieder ins Auto zu steigen und wegzufahren. Voraussetzung war natürlich, dass meine Bankkarte noch funktionierte. Sie hatten aber sicher darauf spekuliert, dass ich sie benutzen würde, da sie genau wussten, dass mich das verraten würde.
    Die Straßen der Stadt waren fast leer. Alle paar Häuserblocks sahen wir jemanden die Straße entlanggehen, auf dem Heimweg von Freunden oder von einer Bar. Wir fuhren durch ein wohlhabendes Viertel mit großen Häusern und altem Geld. Von der Stadt führten Highways in alle Himmelsrichtungen. Ich hatte mir noch nicht einmal überlegt, in welche Richtung wir fahren würden. Eins nach dem anderen , dachte ich. Du saßest schweigend auf dem Beifahrersitz. Ich wusste nicht, ob du an den sterbenden Mann dachtest, den wir am Straßenrand zurückgelassen hatten, oder ob du versuchtest, an gar nichts zu denken.
    Ich spähte eine lange Straße hinunter und entdeckte eine Bank mit Geldautomat. Als wir vor der Bank ankamen, parkte ich unseren Wagen in einer Lücke auf dem Seitenstreifen und blickte mich um. Die Straße war leer. Das glaubte ich zumindest. Ich löste meinen Sicherheitsgurt und drehte mich zu dir. »Warte hier«, sagte ich. Du nicktest. »Und diesmal wirklich. Bleib im Auto.« Dann machte ich die Fahrertür auf und stieg aus. Ohne Zeit zu verlieren, lief ich zur Eingangstür der Bank und öffnete sie mit meiner Karte. Ich drehte mich ein letztes Mal zu dir um, vergewisserte mich, dass alles in Ordnung war, und betrat die Bank.
    »Komm schon, komm schon, komm schon«, flüsterte ich, als ich meine Bankkarte in den Geldautomaten schob und die Geheimnummer einhämmerte. Der Bildschirm leuchtete auf und fragte mich, welchen Betrag ich abheben wolle. Ich tippte tausend Dollar ein, doch der Automat ließ mich nicht so viel abheben. Als Nächstes tippte ich fünfhundert Dollar ein und wartete. Ich hörte das Rascheln der Scheine aus dem Geldautomaten, dann spuckte er fünfundzwanzig Zwanzig-Dollar-Scheine aus. Damit würden wir etwas Zeit gewinnen.
    Als ich mich umdrehte, um zum Auto zurückzugehen, sah ich dich darin sitzen. Alles war in Ordnung. Du schienst in Sicherheit zu sein. Auf dem Weg zur Eingangstür entdeckte ich an der Wand gegenüber von den Geldautomaten ein Telefon. Es handelte sich nicht um ein Bank-Notruftelefon, sondern um ein normales Münztelefon. Ich beschloss, ein Versprechen einzuhalten, das ich gegeben hatte. Nachdem ich die fünfhundert Dollar in meine Geldbörse und die Geldbörse in meine Tasche gesteckt hatte, ging ich zu dem Telefon hinüber, nahm den Hörer ab und wählte die Nummer des Notrufs. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich das alles schon einmal erlebt hatte. Mein Magen verkrampfte sich. Eine Rezeptionistin nahm ab. »Ich möchte einen schweren Unfall melden«, sagte ich.
    »Wo?«, erkundigte sich die Telefonistin.
    »Ein Mann liegt am Straßenrand«, erwiderte ich. »Er wurde von einem Auto angefahren und braucht dringend Hilfe.« Ich nannte der Rezeptionistin den Namen der Straße, neben der wir ihn gefunden hatten.
    »Würden Sie bitte am Apparat bleiben?«, sagte die Frau.
    »Nein«, erwiderte ich. Ich wollte gerade auflegen, als ein Schuss ertönte. Der Schuss war klar und laut. Zunächst erkannte ich das Geräusch nicht. Es klang zu sehr nach einem Knallkörper. Dann ertönte ein zweiter Schuss. Dieses Mal war das Geräusch weniger deutlich, gedämpfter. Es stammte aus einer anderen Waffe. Plötzlich wurde mir bewusst, was vor sich ging. Ich warf einen Blick hinaus zum Auto. Du saßest noch immer auf dem Vordersitz, doch du hattest dich unter das Fenster geduckt. Eine Kugel hatte bereits das hintere Fenster auf der Beifahrerseite unmittelbar hinter dir zersplittern lassen. Ich konnte nicht erkennen, ob du unverletzt warst, und rannte auf die Tür zu. In diesem Moment hörte ich ein weiteres Knallen, und die Glasscheibe neben dem Geldautomaten zersplitterte in tausende winzige Stücke. Ich lief weiter in Richtung Tür, lief in deine Richtung. Mein Herz raste. Wenn ich in diesem Augenblick eine Kugel auf dich hätte zufliegen sehen, hätte ich mich dazwischengeworfen. Allerdings wäre ich dir dafür nicht annähernd nahe genug gewesen. Ein weiteres Knallen ertönte, und eine Kugel riss ein Loch in unseren rechten Hinterreifen. Mir war nicht klar, von wo aus sie schossen. Als ich vor der Tür war, stellte ich fest, dass die Schüsse aus entgegengesetzten Richtungen

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