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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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wirklich mit Michael sprechen. Er hat mir das Leben gerettet. Ohne ihn wäre ich jetzt mausetot, und die Möwen würden mir die Augäpfel aushacken. Mir das Leben zu retten hat ihm ein zwanzig Zentimeter langes Messer im Bauch eingebracht. Möchtest du wissen, was ich dann getan habe? Ich bin abgehauen. Ich habe ihn allein im Krankenhaus zurückgelassen und bin abgehauen. Ich muss mich vergewissern, dass es ihm gut geht.«
    »Oh, Gott, Joe. Tut mir leid, aber ich wüsste nicht mal, wo ich anfangen soll.«
    »Weißt du, wer sein Ansprechpartner ist?«
    »Sicher.«
    »Dann fang bei ihm an.«
    Am anderen Ende der Leitung war ein tiefer Seufzer zu hören. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Ruf mich morgen wieder an. Um dieselbe Zeit. Aber erwarte keine Wunder.«
    »Ich glaube schon lange nicht mehr an Wunder, Brian.«
    »Terry Graham. Annie Campbell. Jack Wilkins.« Brian legte auf.
    Am nächsten Morgen wachte ich wieder früh auf. Im Lauf der vergangenen zwei Jahre war es für mich zu einer Seltenheit geworden, tief zu schlafen. In der Regel schob ich das meiner inneren Anspannung zu. Ich hatte mich ziemlich daran gewöhnt, mit drei bis vier Stunden unruhigen Schlafs durch den Tag zu wandeln. An diesem Morgen wusste ich jedoch, dass meine Anspannung nicht der einzige Übeltäter war, der mich wach hielt. Es war Anspannung gepaart mit Schuldgefühlen. Ich stand auf und ging erneut eine Runde joggen, wobei ich schnell lief, um Stress abzubauen. Als ich wieder zurückkam, waren es immer noch zwanzig Minuten bis zur vereinbarten Zeit für meinen Anruf bei Brian. Ich nahm trotzdem meine Telefonkarte zur Hand und wählte.
    Schließlich meldete sich eine Frauenstimme, die nicht weniger singsangmäßig klang als die Stimmen am Tag zuvor. »Hallo?«
    »Hey, Ma, ich bin’s«, entgegnete ich.
    »Joey! Wird auch langsam Zeit, dass du anrufst. Es ist schon Wochen her.« Ich hatte ein klares Bild meiner Mutter vor Augen, wie sie in ihrem Morgenrock in der winzigen Küche des Hauses umherhuschte, in das wir nach dem Tod meines Vaters gezogen waren, und Kaffee kochte. Ich hatte gewusst, dass sie wach sein würde. Meine Mutter schlief nie länger als bis fünf Uhr.
    »Ich weiß, Ma. Entschuldige. Aber du weißt ja, dass ich aus den sichern Häusern nicht anrufen darf, und manchmal ist es echt schwierig, einen Ort zu finden, an dem man gefahrlos telefonieren kann.«
    »Ich weiß, ich weiß. Nachdem heutzutage jeder ein Handy besitzt, ist es gar nicht so leicht, ein normales, althergebrachtes Telefon aufzutreiben.« Ich war froh, dass sie Ausreden für mich erfand. Auf diese wäre ich niemals gekommen. Sie musste ihr eingefallen sein, nachdem sie stundenlang darüber nachgegrübelt hatte, warum ich sie nicht öfter anrief. »Wie geht’s dir, Joey?«
    »Mir geht’s gut, Mom. Alles beim Alten. Wie geht’s dir?«
    »Es geht schon. Jeffrey ist gestorben.« Toll, noch ein Tod. Jeffrey war unser Kater: Er muss mindestens siebzehn Jahre alt gewesen sein.
    »Wie das?« Eigentlich war es mir ziemlich egal. Ich betrieb einfach nur Konversation. Nach all dem Tod, den ich gesehen hatte, fiel es mir schwer, um eine Katze zu trauern, auch wenn es sich um meine eigene Katze handelte. Meine Mom dagegen war vermutlich am Boden zerstört. Jetzt war das Haus völlig leer.
    »Ich weiß auch nicht genau. Er ging raus und kam ziemlich mitgenommen zurück. Ihm fehlte ein Stück vom Ohr, und er hatte Kratzer auf der Nase und überall Blut. Du weißt ja, Jeffrey war immer ein Raufbold. Jedenfalls kam er nach Hause, und in seinem Alter war das anscheinend einfach zu viel für ihn. Er ist auf meinem Schoß eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht.« Ich hörte, wie ihre Stimme zu zittern begann, während sie sprach.
    »Na ja, zumindest hat er es bis nach Hause geschafft. Wie ich Jeffrey kenne, ist es demjenigen, gegen den er gekämpft hat, nicht so gut ergangen.«
    »Ach, der arme Jeffrey«, sagte sie mit einem kaum hörbaren Seufzen. Dann hielt sie inne, schaltete um und fragte in fröhlichem Tonfall: »Und, was macht die Arbeit?«
    »Bei der Arbeit läuft’s gut«, log ich. »Auch alles beim Alten.« Meine Mutter wusste, womit ich meinen Lebensunterhalt verdiente, aber ich nannte ihr nie irgendwelche Einzelheiten. Das lag nicht daran, dass ich dachte, es würde sie womöglich in Gefahr bringen. Es fühlte sich einfach nicht richtig an, meiner Mutter die Dinge zu beschreiben, die ich tat.
    »Du bist zu bescheiden, Joey. In Wirklichkeit rettest du die ganze

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