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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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konzentrieren. Das war nicht einfach. Acht Uhr abends. Bis dahin waren es nur noch etwa zwanzig Stunden.
    Wie geplant verbrachte ich den ganzen nächsten Tag damit, das Haus meiner Zielperson zu beobachten. Ich notierte mir, wann Leute kamen und wieder gingen. Ich schrieb mir die genauen Zeiten auf, wann die Hausangestellte von Zimmer zu Zimmer ging und wie lange sie sich in jedem Raum aufhielt. Ich fertigte eine Tabelle an, in der ich vermerkte, wie oft sich die Kameras drehten, wenn sie irgendwelche Bewegungen registrierten, wie zum Beispiel Eichhörnchen oder herabfallende Blätter. Ich fing an, den Plan auszuarbeiten. Am Montag würde ich das Haus nochmals einen ganzen Tag lang observieren müssen, um ein paar Dinge zu verifizieren. Ich ging davon aus, dass sich das gesamte Wochenende als hoffnungsloser Fall erweisen würde. Das Wochenende würde ohne Muster und deshalb nutzlos für mich sein. Ich konnte einige Nachforschungen in Bezug auf die Kameras anstellen und das Equipment besorgen, das ich benötigte, aber abgesehen davon würde ich mir am Wochenende freinehmen. Unter normalen Umständen graute mir vor solchen Auszeiten. Dieses Mal bestand jedoch zumindest eine gewisse Aussicht darauf, dass ich nicht das ganze Wochenende allein würde verbringen müssen.
    Es kam mir vor, als wollte der Tag niemals enden. Um sieben Uhr abends kam meine Zielperson nach Hause. Nur einer der Bodyguards ging mit ins Haus, der andere wurde am Tor für den Tag entlassen. Heute war der Amerikaner an der Reihe, über Nacht zu bleiben. Es war Freitag, und sie hielten sich genau an den Zeitplan. Das war die letzte Bestätigung, die ich brauchte. Ich notierte es, dann machte ich mich schleunigst auf den Rückweg durch den Park. Ich musste mich für mein Treffen mit dir fertig machen.
    Ich war fünf Minuten zu früh da. Als ich ankam, standest du schon vor dem Kino und wartetest auf mich. Der Himmel hatte sich bereits verdunkelt und eine tiefviolette Färbung angenommen, doch die Straße und der Bürgersteig wurden von den Lichtern der umliegenden Geschäfte und Restaurants hell erleuchtet. Du standest vor dem Kino und betrachtetest die Gesichter der Leute, die an dir vorbeigingen. Ich schlich mich von hinten an dich heran, bis mein Mund nur noch wenige Zentimeter von deinem Ohr entfernt war. »Läuft irgendwas Gutes?«, flüsterte ich. Du erschrakst nicht. Du reagiertest kaum. Es war, als hättest du damit gerechnet, dass ich hinter dir auftauche. Du standest einfach mit verschränkten Armen da, und an deinen Mundwinkeln zeichnete sich ein Lächeln ab.
    »Hallo, Perverser«, erwidertest du, ohne mich anzusehen und ebenfalls im Flüsterton.
    »Und, sehen wir uns tatsächlich einen Film an?«, flüsterte ich dir ins Ohr, da ich meine Lippen kein Stück von deinem Gesicht entfernen wollte und mich nicht vom Duft deines Haares losreißen konnte.
    »Dazu geht man normalerweise ins Kino«, entgegnetest du.
    »Okay, und was sehen wir uns an?«
    Du drehtest dich wieder um und sahst zur Anzeigetafel empor. In dem Kino liefen etwa zehn verschiedene Filme. Das Licht der Anzeigetafel schien auf uns herab. Du hast in diesem Licht geleuchtet. »Du entscheidest«, sagtest du und hast die Arme ausgebreitet, so weit du konntest, als wolltest du die Möglichkeiten auf der Anzeigetafel umfassen.
    »Warum darf ich entscheiden?«
    Ohne den Blick von der Liste von Filmen zu wenden, entgegnetest du: »Weil ich schon alle gesehen habe«, als hätte ich soeben die dümmste Frage der Welt gestellt.
    Nach dem Kino begleitete ich dich nach Hause. Am Abend war es kalt geworden, und du hattest dir deine Kapuze aufgesetzt, genau wie bei den ersten beiden Malen, als ich dich gesehen hatte. Es fühlte sich gut an, bereits Erinnerungen an dich zu haben. Ich kannte dich erst seit drei Tagen, wusste jedoch, dass du für immer in meinen Gedanken leben würdest. Die Kälte machte dir nicht viel aus. Du machtest dich über meine »typisch amerikanische Verfrorenheit« lustig. Und du sprachst über den Film, über die Dinge, die dir beim ersten Mal nicht aufgefallen waren. Der Film habe dir beim zweiten Mal besser gefallen, sagtest du. Beim Gehen tanztest du geradezu um mich herum, bewegtest dich leichten Schrittes im Kreis. Ich sagte fast gar nichts, da mir bereits davor graute, mich von dir verabschieden zu müssen. Als wir schließlich bei deinem Wohnblock ankamen, hatte es zu schneien begonnen. Du stelltest dich im Eingangsbereich unter und vergrubst die Hände in den

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