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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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brauchte ich nicht mehr zu schreien. Sie nickten gleichzeitig. »Ich möchte niemanden töten!«, brüllte ich. Sie schüttelten simultan den Kopf. »Ich werde jetzt weglaufen«, erklärte ich. Sie nickten wieder. »Aber wenn ich auch nur einen einzigen Schuss höre, komme ich zurück, und dann ist der Teufel los.« Erneutes Nicken. Ich drehte mich um undrannte los. Einen Plan hatte ich jetzt keinen mehr. Ich rannte einfach, so schnell ich konnte. Ich lief in Richtung Park. Es waren keine Schüsse zu hören. Bald durchschnitt das Heulen von Sirenen die nächtliche Luft. Ich warf die Skimaske weg und rannte weiter, um zu der sicheren Unterkunft zu gelangen. In Sicherheit würde ich erst dann sein, wenn ich mich umgezogen hatte. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so schnell gerannt, und ich werde vermutlich nie wieder so schnell rennen. Ich behielt mein Tempo bei und verbrannte im Laufen meine Angst. Kurz nach Mitternacht erreichte ich die sichere Unterkunft.
    Nachdem ich die Wohnung betreten hatte, zog ich mich aus und stieg unter die Dusche. Ich brauchte lange, um mir das Blut vom Nacken zu schrubben.
    Der Rest des Abends zog verschwommen an mir vorbei. Wenn ich heute daran denke, erinnere ich mich nur an einzelne Momente und nichts dazwischen. Rückblickend ließ ich mich wie in einem Traum von einem Ort zum nächsten treiben. Ich weiß allerdings noch, dass ich beim Geheimdienst anrief und mit Brian sprach. Zunächst war er verärgert, dass ich den Job vermasselt hatte. Das änderte sich jedoch, als ihm bewusst wurde, wie durcheinander ich war. Mein Telefongespräch mit Brian glich einem Geständnis. Ich heulte und schwafelte. »Ich hätte beinahe jemanden getötet«, stammelte ich mit bebenden Lippen und wiederholte diesen Satz immer und immer wieder. Brian hörte mir schweigend zu und wartete darauf, dass meine Beichte endete. Als es so weit war, sagte er: »Verschwinde einfach aus der Stadt. Verdammt, verschwinde aus dem Land. Und zwar noch heute Abend. Such dir irgendwas in Vermont, wo du untertauchen kannst. Aber hau ab. Und ruf mich in drei Tagen an.« Dann nannte er mir den Code. Ich verstieß gegen die Regeln und schrieb mir die Namen auf. Ich hatte Angst, dass ich zu durcheinander war, um sie mir zu merken. Stephen Alexander. Eleanor Pearson. Rodney Grant.
    Als Nächstes tat ich das, was man auf keinen Fall tun durfte. Ich tat das Unvorstellbare. Ich machte mich auf den Weg ins Krankenhaus, um nach meinem Opfer zu sehen. Mir war klar, dass ich nicht weitermachen konnte, dass ich die Stadt nicht verlassen konnte und dass ich dir nie wieder ins Gesicht würde sehen können, wenn ich mich nicht vorher vergewisserte, dass er überleben würde. Ich war kein Mörder. In einen Mörder hättest du dich nicht verliebt. Dafür warst du zu gut.
    Sich ins Krankenhaus zu schleichen war einfach, sogar mitten in der Nacht und um einen Mann zu besuchen, der soeben angeschossen worden war. Das Krankenhauspersonal hatte die Aufgabe, für die Gesundheit der Patienten zu sorgen und nicht für ihre Überwachung. Ich betrat das Zimmer des Australiers und setzte mich auf einen Stuhl gegenüber vom Bett. Ich wagte es nicht, das Licht einzuschalten. Der große Australier schlief. In seinem Arm steckte eine Infusionsnadel. Seine Schulter war bandagiert. Über seinem Bauch lag die Bettdecke, doch dieser musste ebenfalls ziemlich stark bandagiert gewesen sein. Die Verbände verdeckten die Nähte, mit denen die Wunden verschlossen worden waren, die ich ihm nur wenige Stunden zuvor zugefügt hatte. Er war an einen Herzmonitor angeschlossen, der rhythmische Pieptöne von sich gab. Das war beruhigend. Ich wäre auf meinem Stuhl beinahe eingenickt. Ich erinnere mich, dass ich mich fragte, ob mein Herz jemals wieder so gleichmäßig schlagen würde. Ich bezweifelte, dass es das tun würde. Nach etwa fünfzehn Minuten wachte der Australier auf. Er drehte den Kopf und sah mich in der Dunkelheit in gekrümmter Haltung auf dem Stuhl sitzen. Dann blickte er mir in die Augen und erkannte mich. »Du bist es«, sagte er. Ich nickte. Er wusste, dass ich derjenige war, der auf ihn geschossen hatte. »Vor dem Strip-Club?«, fragte er. Daran erinnerte er sich also auch. Ich nickte abermals. Dann fragte er: »Warum?«
    Ich wollte ihm antworten. Ich wollte ihm von dem verdammten Krieg erzählen, in dem ich gefangen war. Ich wollte ihm erklären, dass eigentlich er der Glückliche war und ich der Pechvogel – dass ich mir gerne zwei Kugeln hätte

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