Der Hinterhalt
anderen Soldaten verbrüdert hast. Und dann vermasselst du den Job in Montreal. Es wurde entschieden, dass du mit jemand anderem zusammenarbeiten solltest – mit jemandem, der ein bisschen mehr Erfahrung hat.«
»Und ich habe dabei gar nichts mitzureden? Ich will Matt sprechen.« Meine Stimme bebte. Ich konnte meine Wut kaum kontrollieren.
»Mir ist egal, mit wem du sprechen willst . Du wirst mit mir sprechen, und von jetzt an nur mit mir.« Allens Stimme klang gleichmäßig und monoton.
»Du kannst mich mal«, sagte ich. So etwas war mir noch nie zuvor passiert. Ich wollte es regeln. »Ich arbeite nur mit Matt zusammen. Verbinde mich mit Matt, oder ich tue gar nichts.« Ich versuchte weiterhin, bestimmt zu klingen, doch das war alles nur Show. Ich hatte Angst. Brian war meine einzige echte Verbindung zur Welt. Meine Mutter war ahnungslos. Mit Jared und Michael konnte ich ohne Brians Hilfe nicht in Kontakt treten. Ohne ihn war ich hilflos und allein. Ich konnte noch nicht beurteilen, was für ein Typ dieser Allen war, aber ich wusste bereits, dass ich ihn nicht leiden konnte.
Allen reagierte ziemlich verärgert auf meine Dreistigkeit. »Ich kann dich mal? Für wen hältst du dich eigentlich, verdammt?« Trotz seiner Worte war seine Stimme nach wie vor ruhig. »Hältst du dich etwa für was Besonderes? Du bist ein Niemand. Meinst du, du kannst Ansprüche stellen? Einen Scheißdreck kannst du. Wir haben echte Männer, die seit Jahrzehnten tun, was du tust. Wir haben Männer, die Dutzende von Morden auf dem Konto haben. Wir haben Männer, die sich ihre Sporen verdient haben. Und du? Du wirst in einem Mietwagen nach Montreal geschickt und verbockst den Job, weil der Typ zwei Bodyguards hat? Für wen hältst du dich, verdammt? Ich möchte, dass du mir sagst, für wen du dich hältst, weil ich weiß, wer du bist. Du bist ein Niemand. Du bist eine beschissene Schachfigur. Spielst du Schach, Joey?« Ich hätte am liebsten durchs Telefon gegriffen und ihm den Hals umgedreht. »Spielst du Schach?«
»Ja, ich kenne die Spielregeln«, erwiderte ich. Meine Stimme begann sogar in meinen eigenen Ohren wie die eines bockigen Kindes zu klingen.
»Gut. Dann weißt du ja, welche Aufgabe du als Schachfigur hast. Es ist deine Aufgabe, dich herumschubsen zu lassen. Du bist der Erste, der in die Schusslinie geschubst wird, und wenn wir die Option haben, dich gegen eine von deren Figuren einzutauschen, und es danach aussieht, als würde das der Sache nützen, dann sei’s drum. Du bist nicht in der Position, Entscheidungen darüber zu treffen, was mit dir passiert. Du setzt dich in Bewegung, wenn wir dir sagen, dass du dich in Bewegung setzen sollst. Du tötest, wenn wir dir sagen, dass du töten sollst. Und wenn du überlebst und weit genug nach vorne geschoben wirst, du armselige kleine Schachfigur, dann wird vielleicht eines Tages etwas Nützliches aus dir werden. Dann kannst du Ansprüche stellen. Aber bis dahin hältst du einfach das Maul, du kleiner Scheißer.«
Meine Wut kochte beinahe über. »Wenn ich eine beschissene Schachfigur bin, was bist du dann, du Dreckskerl? Du hockst rum und drehst Däumchen. Du laberst den ganzen Tag ins Telefon. Was zum Teufel bist du?«, fragte ich schäumend.
Allen sprach langsam, als er antwortete, und achtete darauf, jede einzelne Silbe deutlich auszusprechen. »Ich bin der kleine Finger an der Hand desjenigen, der die Schachfigur bewegt.« Er klang nicht stolz. Er nannte einfach nur Fakten.
Ich hatte nichts zu erwidern. Ich wusste nicht, wie ich gegen die gesichtslose Stimme am anderen Ende der Leitung ankämpfen sollte. Er hatte mein Leben in der Hand. Das war die vierte Regel. Diejenige, die wir den Jugendlichen nicht beibrachten. Regel Nummer eins: Unbeteiligte dürfen nicht getötet werden. Regel Nummer zwei: Minderjährige dürfen nicht getötet werden. Regel Nummer drei: Babys von Minderjährigen werden der Gegenseite ausgehändigt. Regel Nummer vier, die unausgesprochene Regel: Beiß in die Hand, die dich bewegt, und sie beißt zurück – nur doppelt so fest. »Okay«, lenkte ich schließlich ein. »Entschuldigung. Keine Forderungen mehr, zu denen ich nicht berechtigt bin.« Die Worte taten mir weh, als ich sie aussprach, aber wenn ich zurück nach Montreal wollte, war ich auf den Wohlwollen dieses Typen angewiesen.
»Schon besser«, sagte Allen. »Siehst du, ist doch gar nicht so schwer.«
»Also, was hast du für mich auf Lager? Ich bin nämlich bereit, nach Montreal
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