Der Hinterhalt
Ich lag drei Stunden lang da und wünschte mir, dass die Zeit verginge. Ich dachte an Dans ersten Toast, als wir gemeinsam an der Bar gesessen hatten. »Auf dass wir den Mistkerlen das Rückgrat brechen, bevor sie es uns brechen.« Ich vermute, die Reihenfolge spielt nicht wirklich eine Rolle, oder, Dan? Ein gebrochenes Rückgrat ist und bleibt ein gebrochenes Rückgrat.
Um sechs Uhr kroch ich aus dem Bett, eine halbe Stunde bevor der Wecker geläutet hätte, den ich gestellt hatte. Es hatte einfach keinen Sinn, noch länger liegen zu bleiben. Ich suchte das Haus nach einem Telefon ab und wurde an einer Wand neben der Küche fündig. Als ich den Hörer abnahm, hörte ich das Freizeichen. Ich wählte die Nummer des Geheimdienstes. Jimmy Lane, Sharon Bench, Clifford Locklear. Ich wurde zu Allen durchgestellt.
»Ich will kein Wort hören, es sei denn, der Job ist erledigt«, sagte Allen, als er meinen Anruf entgegennahm. So viel zu Begrüßungen.
»Der Job ist erledigt, aber es gab Komplikationen«, entgegnete ich.
»Du bist der verdammte König der Komplikationen.« Allen war in Fahrt. »Ist er tot?«
»Meine Zielperson?«, fragte ich.
»Ja«, erwiderte Allen.
»Ja, er ist tot.«
»Na also, das klingt doch gar nicht so kompliziert. Das klingt eigentlich ganz einfach.« Mein Gott, ich hasste ihn.
»Er ist nicht der Einzige, der tot ist. Mein Gastgeber ist ebenfalls tot. Er hat sich selbst in den Kopf geschossen.«
»Tja, das geschieht deinem Gastgeber recht, nachdem er sich mit dem Feind verbrüdert hat.« Allen wusste es. Dieser Mistkerl wusste es. Es war in letzter Zeit zu einem unangenehmen Trend geworden, dass andere Leute mehr wussten als ich. »Und, wie hast du die Sache geregelt?«, wollte Allen wissen. Das war ein Test.
»Ich habe meinem Gastgeber das Beweisstück für den Mord untergejubelt, damit das Ganze aussieht wie ein erweiterter Selbstmord.« So würden die Presse und die Polizei es nennen: »erweiterter Selbstmord«. In gewisser Weise würden sie damit auch richtigliegen.
»Gute Arbeit, mein Freund. Echt clever. Vielleicht mache ich doch noch was aus dir.«
»Ich muss jedenfalls von hier verschwinden. Ich habe deinen Job erledigt und bin bereit, zurück nach Montreal zu gehen.«
»Ich schicke dich zurück nach Montreal, mein Freund, aber das dauert noch ein bisschen. Nimm dir einen Leihwagen und fahr Richtung Norden. Ich habe ein paar Jobs für dich, die du unterwegs erledigen kannst.« Ich wollte widersprechen, erinnerte mich jedoch daran, wie weit mich das beim letzten Mal gebracht hatte. Allen nannte mir den nächsten Code: »Mary Joyce. Kevin Fitzgibbon. Richard Klinker.« Dann legte er auf.
ZEHNTES KAPITEL
Ich brauchte für Allens Aufträge fast drei Wochen und hinterließ dabei vier weitere Leichen. Nach den ersten zwei Morden bettelte ich darum, aufhören zu dürfen. Ich sagte ihm, dass ich nicht mehr weitermachen könne. Ich fragte ihn, ob ich stattdessen Unterricht geben dürfe, und erklärte, dass ich bereit sei, andere Arbeiten zu erledigen. Er sagte mir, dass ich in näherer Zukunft nicht unterrichten würde, dass ich erst wieder zur Vernunft kommen müsse, ehe sie mich Einfluss auf die nächste Generation würden nehmen lassen. »Wir brauchen Männer, um die Männer von morgen zu unterrichten«, sagte er zu mir, wenn ich mich recht erinnere. »Im Moment bist du nicht Manns genug für diese Aufgabe.« Also ließ er mich stattdessen weiterhin morden. Dafür war ich offenbar Manns genug.
Bei meinem ersten Opfer handelte es sich um einen fünfunddreißigjährigen Mann in Georgia. Er war ein ehemaliger Killer der Gegenseite, der vor kurzem in den Ruhestand gegangen war und sich frisch verheiratet niedergelassen hatte, um eine Familie zu gründen. Seine Frau war nicht in den Krieg hineingeboren worden. Sie hatte eingeheiratet. Allen ließ mir die »Option«, sie ebenfalls zu beseitigen. Ich lehnte ab.
Als Nächstes tötete ich eine Frau in Tennessee. Sie war nur eine Telefonistin. Ich fragte Allen, weshalb wir uns die Mühe machten, Telefonistinnen zu töten. Er sagte mir nur, dass wir uns im Krieg befänden, dass sie für die Gegenseite arbeite und dass alle, die für die Gegenseite arbeiteten, schon allein beim Gedanken an uns vor Angst zittern sollten. »Bis wir sie besiegt haben, ist jeder Einzelne von ihnen ein potentielles Ziel. Sie töten unsere Leute, und wir müssen zurückschlagen.« Ich nehme an, das bedeutete, dass eine unserer Telefonistinnen, eine von den fröhlich
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