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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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Küche.
    »Möchten Sie auch ein Bier?«, fragte mich Dan, als ich hereinkam.
    »Gern«, erwiderte ich und setzte mich neben ihn auf einen Hocker. Dan stand auf, ging zum Kühlschrank und holte ein Bier für mich heraus. Als er die Kühlschranktür öffnete, fiel mir auf, dass nur noch eine Flasche übrig war. Das bedeutete, dass er das letzte Bier für mich aufgehoben hatte. Es bedeutete auch, dass er in den vergangenen vierundzwanzig Stunden eine Menge getrunken hatte.
    Er reichte mir die Flasche, und ich begann sofort, daraus zu trinken. Eigentlich wollte ich gar kein Bier. Nach einem Job zu trinken erschien mir respektlos. Doch solange ich die Bierflasche an meine Lippen hielt, hatte ich eine Ausrede, nicht sprechen zu müssen.
    Also saßen wir schweigend nebeneinander. Es war das lauteste Schweigen, das ich jemals erlebt hatte. Schließlich tranken wir beide unser Bier aus. Als die Flaschen leer waren, drehte sich Dan zu mir her. »Ich gehe jetzt ins Bett«, sagte er. »Es war ein langer Tag.« Ich nickte und sah ihm nach, als er zu seinem Schlafzimmer ging.
    Kurz bevor er die Tür hinter sich schloss, brachte ich den Mut auf, etwas zu sagen. »Er wollte sterben, Dan«, sagte ich. »Er hatte auf mich gewartet.« Dan sah mich an und nickte, um mich wissen zu lassen, dass er verstand. Dann machte er die Tür zu. Ich bin froh, dass ich etwas gesagt habe. Ich wünschte, es hätte genügt.
    Ich blieb noch etwa zwanzig Minuten an der Theke sitzen, dann beschloss ich, ebenfalls ins Bett zu gehen. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was mir in diesen zwanzig Minuten durch den Kopf ging. Bevor ich mein Zimmer betrat, schaltete ich alle Lampen aus. Die Dunkelheit fühlte sich gut an. Dann zog ich mich bis auf meine Boxershorts aus und legte mich hin. Normalerweise duschte ich nach einem Job, doch das war diesmal nicht nötig. Ich lag einfach mit geschlossenen Augen in der Dunkelheit.
    Ein Knall weckte mich. Ein lauter, schrecklicher Knall. Ich weiß noch, dass ich aufschreckte und aufrecht im Bett saß, mit Herzklopfen und außer Atem, bevor ich mich überhaupt erinnerte, was mich aus dem Schlaf gerissen hatte. Dann fiel es mir wieder ein. Der Knall. Ich sprang aus dem Bett, lief zur Kommode hinüber, zog die oberste Schublade auf und spähte hinein. Meine Pistole war noch da. Ich holte sie heraus und nahm sie mit, als ich durchs Haus ging. Der Knall. Hatten sie es herausgefunden? Waren sie bereits gekommen, um sich zu rächen? Ich ging durchs Haus, ohne das Licht anzuschalten. Falls jemand hier war, würde ich ihn überrumpeln. Ich bewegte mich schnell und hielt die Pistole auf Kopfhöhe, damit ich bei Bedarf rasch zielen und schießen konnte. Inzwischen fühlte sich die Pistole gefährlich vertraut in meinen Händen an. Das Wohnzimmer war leer, die Küche ebenfalls. Dann fiel mir auf, dass Licht aus Dans Schlafzimmer kam. Als ich mich näherte, bewegte ich mich langsamer und leiser. Ich drehte den Türknopf und stieß die Tür auf. Das Schlafzimmer war leer, das Bett ungemacht. Auf dem Nachttisch standen sechs oder sieben leere Bierflaschen. Das Licht schien durch den Spalt unter der Tür, die ins Badezimmer führte. »Dan?«, rief ich. Keine Antwort, nicht die geringste Bewegung. Ich hielt die Pistole vor mich und stieß die Badezimmertür auf.
    Der weiße Linoleumboden war blutüberströmt. Die weiß gekachelten Wände waren ebenfalls voller Blutspritzer. Das Blut hatte bereits begonnen, zum Boden zu laufen, und hinterließ lange rote Streifen. Dan lehnte zusammengesunken an der Wand, sein Kopf hing herunter, und sein Mund stand offen. Der hintere Teil seines Schädels fehlte. Er hielt einen alten Revolver in der Hand, in dem noch fünf Patronen steckten. Die einzige, die fehlte, war diejenige, die er sich in den Mund geschossen hatte und die an seinem Hinterkopf wieder ausgetreten und in die Wand eingedrungen war.
    Ich hatte keine Zeit für Mitgefühl oder Verärgerung oder irgendeine andere Emotion, die ich in diesem Moment hätte empfinden sollen, als ich auf Dans zerstörten Körper hinunterblickte. Ich musste weg, und zwar schnell. Womöglich hatte irgendjemand den Schuss gehört und die Polizei verständigt. Vielleicht war die Polizei schon unterwegs. Dans Selbstmord zu vertuschen wäre kein großes Problem gewesen, aber letzten Endes würde auch Jims Leiche gefunden werden. Ich musste weg, und ich musste meine Spuren verwischen. Ich lief zurück in mein Zimmer und schnappte mir meinen Rucksack und meine

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