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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Ausweis, den er umgehängt trug, und fragte: »Berechtigt der mich dazu, eine Meinung zu äußern?«
    »Ja, leider.«
    »Sie sind dabei, einen Fehler zu machen, Adrian.«
    »Das wäre nicht mein erster.«
    »Mein Team und ich haben viel Zeit und Mühe aufgewandt, um dieses Unternehmen auf die Beine zu stellen. Und Sie wollen es jetzt in die Luft jagen, indem Sie ein paar Leute aus der zweiten Reihe einlochen.«
    »Ich fürchte, Sie verwechseln mich mit jemand anders«, sagte Carter ausdruckslos.
    »Mit wem denn?«
    »Mit jemandem, der die Macht hat, durch präsidiale Anordnungen zu regieren. Als stellvertretender Direktor leite ich die Operationsabteilung der Central Intelligence Agency. Ich habe in diesem Gebäude Vorgesetzte. Ich habe ehrgeizige Kollegen in anderen Diensten, die mit uns konkurrieren. Ich habe einen Director of National Intelligence, Kongressausschüsse und James A. McKenna. Und last, not least habe ich über mir einen Präsidenten.«
    »Wir sind Spione, Adrian. Wir nehmen keine Verhaftungen vor. Wir retten Menschenleben. Sie müssen geduldig sein – genau wie unsere Feinde. Lassen Sie das Geld weiter fließen, sind Sie ihnen jahrelang immer einen Schritt voraus. Sie können sie beobachten, sie belauschen. Sie können zusehen, wie sie wertvolle Zeit und Ressourcen für die Planung von Anschlägen vergeuden, die nie stattfinden werden. Und Sie sollten Verhaftungen nur als letztes Mittel einsetzen, um zu verhindern, dass ein Sprengsatz detoniert oder ein Flugzeug vom Himmel fällt.«
    »Das Weiße Haus ist anderer Meinung«, sagte Carter.
    »Das ist also eine politische Entscheidung?«
    »Über die Motive dafür möchte ich lieber nicht spekulieren.«
    »Was ist mit Malik al-Zubair?«
    »Malik ist ein Gerücht. Malik ist lediglich eine Vermutung Dinas.«
    Gabriel musterte ihn skeptisch. »Das können Sie unmöglich glauben, Adrian. Schließlich haben Sie selbst gesagt, dass die Bombenanschläge in Europa von jemandem geplant worden sind, der sein Handwerk in Bagdad gelernt hat.«
    »Und dazu stehe ich. Aber dieses Unternehmen hatte nie das Ziel, einen einzelnen Mann aufzuspüren. Es soll ein Terrornetzwerk zerschlagen. Dank Ihrer Arbeit sind wir zuversichtlich, in einem Dutzend Staaten achtzig bis hundert Terroristen verhaften zu können. Wann sind zuletzt auf einen Schlag hundert der bösen Kerle geschnappt worden? Das ist eine erstaunliche Leistung. Das ist Ihr Erfolg.«
    »Hoffentlich sind’s die richtigen hundert Leute. Ansonsten könnte auf diese Weise der nächste Anschlag nämlich nicht verhindert werden. Raschid und Malik könnten sich sogar gedrängt fühlen, ihre Planung zu beschleunigen.«
    Carter bog eine Büroklammer auf, vermutlich das letzte Exemplar dieser aussterbenden Art in Langley, und schwieg.
    »Haben Sie sich überlegt, was das für Nadias Sicherheit bedeuten dürfte?«
    »Raschid könnten die Zeitpunkte der Verhaftungen verdächtig vorkommen«, gab Carter zu. »Deswegen planen wir, sie mit einer Reihe sorgfältig platzierter Insidertipps an die Medien zu schützen.«
    »Mit was für Tipps?«
    »Von der Art, die diese Verhaftungen als Höhepunkt jahrelanger Ermittlungen darstellt, welche schon zu Raschids Zeit in Amerika begonnen haben. Wir glauben, dass sie Zwietracht in seinem Führungszirkel säen und das Netzwerk gelähmt zurücklassen werden.«
    »Tun wir das?«
    »Das ist unsere Hoffnung«, sagte Carter ohne eine Spur von Ironie in der Stimme.
    »Wieso bin ich zu alledem nicht befragt worden?«, wollte Gabriel wissen.
    Carter prüfte seine Büroklammer, die jetzt komplett auseinandergefaltet war. »Ich dachte, das täten wir gerade.«
    Das war für einige Tage ihr letztes Gespräch. Während Carter im sechsten Stock blieb, verbrachte Gabriel den größten Teil seiner Zeit damit, den Rückzug seiner Truppen aus dem Feld zu organisieren. Ende Februar hatte die Agency die alleinige Verantwortung für die Überwachung Nadia al-Bakaris und Samir Abbas’ übernommen. An Gabriels ursprüngliches Unternehmen erinnerten nur noch zwei leere sichere Häuser – eines in einem Dorf nördlich von Paris, das andere am Ufer des Zürichsees. Ari Schamron wollte das Château Treville vorläufig behalten, ließ aber das Zürcher Haus schließen. Chiara erledigte den notwendigen Papierkram, bevor sie nach Washington zu Gabriel flog. Die beiden bezogen dort eine sichere Wohnung des Diensts in der Tunlaw Road gegenüber der russischen Botschaft. Um ganz sicherzugehen, ließ Carter sie von

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