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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Hoffnungen wecken. Im Leeren Viertel hätten Eindringlinge kaum Überlebenschancen. Inschallah werde man seine Leiche finden, wenn die Beduinen sie nicht schon ausgeraubt und verscharrt hatten.
    Der winzige GPS-Sender in der Kapsel in Gabriels Körper erzählte eine ganz andere Geschichte. Es war die Story eines Mannes, der im Leeren Viertel lebend aufgefunden und mit dem Hubschrauber nach Riad in den weitläufigen Komplex der Mabatith, der Geheimpolizei des Innenministeriums, gebracht worden war. Nach fünftägigem Aufenthalt schien er mit erstaunlich geringer Geschwindigkeit quer durch Riad und in die Wüste östlich der Stadt gefahren zu werden. Einige sorgenvolle Stunden lang fürchtete das Team in Raschidistan das Schlimmste – dass er hingerichtet und nach wahhabitischer Tradition in einem namenlosen Grab beigesetzt worden sei. Aber dann konnten CIA-Analysten erleichtert bestätigen, dass sein neuer Standort die zentrale Kläranlage von Riad sei. Das bedeutete, dass Gabriel den Sender gar nicht mehr im Körper trug. Es bedeutete jedoch auch, dass er vom Radar verschwunden und für Langley nicht mehr erreichbar war.
    Das Geschoss hatte Gabriel zwei Rippen gebrochen und den rechten Lungenflügel verletzt. Die Saudis warteten, bis er sich notdürftig erholt hatte, bevor sie mit der Vernehmung begannen. Geführt wurde sie von einem großen, kantigen Mann mit dem Gesicht eines Falken. Seine gestärkte und frisch gebügelte olivgrüne Uniform hatte in Bezug auf Rangabzeichen wenig vorzuzeigen. Er nannte sich Chalid, hatte in England studiert und redete wie ein BBC-Nachrichtensprecher.
    Er begann damit, dass er Gabriel nach seinem Namen fragte und wissen wollte, weshalb er im Leeren Viertel neben der Leiche einer erschossenen Saudi-Araberin aufgefunden worden war. Gabriel gab sich als Roland Devereaux aus Quebec City aus. Er behauptete, bei einem Geschäftsbesuch in Dubai sei er von islamischen Extremisten entführt, bewusstlos geschlagen und in die Wüste gefahren worden, um erschossen zu werden. Dort habe es zwischen den Terroristen Streit gegeben, der in eine Schießerei ausgeartet sei. Weshalb es Streit gegeben habe, könne er leider nicht sagen, weil er kein Arabisch spreche.
    »Überhaupt nicht?«
    »Ich kann einen Kaffee bestellen.«
    »Wie trinken Sie ihn?«
    »Mittelsüß.«
    »Was hatten Sie geschäftlich in Dubai zu tun?«
    »Ich arbeite bei einer internationalen Spedition.«
    »Und die Frau, die in Ihren Armen gestorben ist?«
    »Die hatte ich noch nie gesehen.«
    »Haben Sie jemals ihren Namen erfahren?«
    Gabriel schüttelte den Kopf, dann fragte er, ob seine Botschaft wisse, wo er sei.
    »Welche Botschaft wäre das?«, fragte der Saudi.
    »Natürlich die kanadische Botschaft.«
    »Oh, natürlich«, sagte Chalid lächelnd. »Wie konnte ich das nur vergessen?«
    »Haben Sie sie benachrichtigt?«
    »Wir sind dabei.«
    Der Offizier schrieb etwas in sein Notizbuch, dann verließ er den Raum. Gabriel bekam Handschellen angelegt und wurde in seine Zelle zurückgebracht. Danach sprach viele Tage lang niemand mehr mit ihm.
    Als Gabriel das nächste Mal in den Vernehmungsraum geführt wurde, lag auf dem Tisch ein bedrohlich wirkender Aktenstapel. Chalid der Falke rauchte, worauf er bei ihrer ersten Begegnung verzichtet hatte. Diesmal stellte er keine Fragen. Stattdessen setzte er zu einem Monolog an, der Ähnlichkeit mit dem hatte, den Gabriel zu Füßen Raschid al-Husseinis hatte über sich ergehen lassen müssen. Diesmal ging es jedoch nicht um den unvermeidlichen Triumph des salafistischen Islams, sondern um die lange und umstrittene Karriere eines israelischen Geheimdienstoffiziers namens Gabriel Allon. Chalids Bericht war bemerkenswert genau. Besonderes Gewicht wurde auf Gabriels Rolle bei dem Attentat auf Abdul Aziz al-Bakari und die spätere Anwerbung von Zizis Tochter gelegt, die erfolgt war, um das von Raschid al-Husseini und Malik al-Zubair aufgebaute Terrornetzwerk zu unterwandern.
    »Es war Nadia, die im Leeren Viertel in Ihren Armen gestorben ist«, sagte der Saudi. »Malik war auch dort. Wir möchten, dass Sie uns erzählen, wie alles abgelaufen ist.«
    »Tut mir leid, ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Hören Sie, Ihr Videogeständnis läuft überall im Internet und im Fernsehen, Allon. Arbeiten Sie nicht mit uns zusammen, bleibt uns keine andere Wahl, als Sie vor Gericht zu stellen und öffentlich hinzurichten.«
    »Wie großzügig von Ihnen.«
    »Die Mühlen der saudischen Justiz mahlen

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