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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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werden?«
    »Nur wenn Sie dafür Nadia al-Bakari leben lassen.«
    »Das ist leider nicht möglich. Ihr Verbrechen ist weit schlimmer als Ihres, Allon.«
    »Dann bleibe ich Jude.«
    »Wie Sie wollen.«
    Raschid erhob sich. Malik schaltete die Kamera aus.
    Das Leere Viertel lag in gleißend hellem Sonnenlicht, als die ersten Gestalten aus dem Zelt kamen. Es waren insgesamt zehn – fünf in Weiß, fünf in Schwarz. Sie verteilten sich rasch auf die Pick-ups und Geländewagen, die in hohem Tempo das Lager umrundeten, um die Wachposten aufzusammeln. Wenige Minuten später raste die kleine Kolonne nach Süden, in Richtung Jemen davon.
    »Wie viel wollt ihr wetten, dass einer dieser Kerle Raschid ist?«, fragte Adrian Carter hilflos.
    »Ein Grund mehr, eine Hellfire einzusetzen«, sagte Navot.
    »Das genehmigt das Weiße Haus nicht. Nicht auf saudischem Boden. Und nicht, ohne genau zu wissen, wer dort unten ist.«
    »Terroristen und ihre Helfer«, sagte Schamron. »Schießen Sie die Lenkwaffe ab.«
    »Und wenn einer von ihnen Gabriel ist?«
    »Das ist leider unmöglich«, sagte der Alte.
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    Schamron deutete wortlos auf einen der Bildschirme.
    »Wissen Sie bestimmt, dass er das ist?«, fragte Carter.
    »Diesen Gang würde ich überall erkennen.«

66
    I M L EEREN V IERTEL , S AUDI -A RABIEN
    Der Talib schritt den Fuß der hufeisenförmigen Düne ab. In einer Hand trug er sein Sturmgewehr, während er mit der anderen Nadia al-Bakari an ihrer Handfessel hinter sich herzog. Als sie die Düne umrundet hatten, sah sie das in den Sand gegrabene runde Loch. Und die in seiner Nähe aufgestapelte Pyramide aus Steinen. Im grellen Sonnenlicht leuchteten sie weiß wie ausgebleichte Knochen. Nadia versuchte tapfer zu sein, wie Rena kurz vor ihrem Tod bestimmt tapfer gewesen war. Dann begann die Wüste, sich vor ihren Augen zu drehen, und sie brach zusammen.
    »Das wird nicht so schlimm, wie Sie denken«, sagte der Talib , während er sie sanft hochzog. »Die ersten paar sind sehr schmerzhaft. Dann verlieren Sie inschallah das Bewusstsein und spüren gar nichts mehr.«
    »Bitte«, sagte Nadia, »Sie müssen eine Möglichkeit finden, mir das zu ersparen.«
    »Es ist Allahs Wille«, sagte der Talib . »Dagegen bin ich machtlos.«
    »Es ist nicht Allahs Wille, Ali. Es ist der Wille verbrecherischer Männer.«
    »Los, weiter«, sagte er nur. »Sie müssen weitergehen.«
    »Würden Sie das Safia antun?«
    »Weiter.«
    »Würden Sie ihr das antun, Ali?«
    »Würde sie gegen Allahs Gebote verstoßen, bliebe mir keine andere Wahl.«
    »Und was wäre mit Hanan? Würden Sie Ihr eigenes Kind steinigen?«
    Diesmal sagte der Talib nichts. Nach einigen Schritten begann er wieder, halblaut eine Koransure aufzusagen, aber mit Nadia sprach er kein Wort mehr.
    Auf der anderen Seite der gewaltigen Düne stapfte nun Gabriel mit Malik al-Zubair neben sich barfuß durch den Wüstensand. Begleitet wurden sie von vier weiteren Männern. Drei von ihnen waren mit Malik in Dubai gewesen, der vierte Mann war Rafiq al-Kamal. Nadias ehemaliger Sicherheitschef trug den Säbel für Gabriels Enthauptung und die Kamera, mit der sie dokumentiert werden sollte. Malik und einer seiner Leute waren mit Sturmgewehren bewaffnet – mit alten AK-47 aus sowjetischer Produktion, die man selbst in den abgelegensten Dörfern des Jemen für ein paar Rial kaufen konnte. Während Gabriel unauffällig das silbrige Gewebeband um seine Handgelenke lockerte, versuchte er sich auszurechnen, wie gut seine Chancen waren, eine Waffe in die Hände zu bekommen. Vermutlich nicht sehr gut, aber erschossen zu werden, war bestimmt besser, als enthauptet zu werden. Falls er an diesem Morgen im Leeren Viertel sterben musste, wollte er zu seinen eigenen Bedingungen abtreten. Und er wollte, wenn möglich, Malik al-Zubair mitnehmen.
    Als Gabriel den Schatten der Düne verließ, sah er Nadia erstmals wieder, seit sie in der Halle des Hotels Burj al Arab an ihm vorbeigegangen war. In ihr Leichentuch gehüllt schien sie vor Angst fast gelähmt zu sein. Ähnlich ging es offenbar ihrem Bewacher, einem jungen Dschihadi mit spärlichem Bartwuchs. Malik ging auf die beiden zu und stieß den Jungen zur Seite. Dann griff er in Nadias schwarzes Haar und zerrte sie in Gabriels Richtung. »Sehen Sie, was Sie getan haben?«, rief er laut, um ihre Schreie zu übertönen. »Das passiert, wenn Sie unsere Leute verführen, damit sie von ihrem Glauben abfallen.«
    »Sie ist nicht von ihrem

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