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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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plus. Carters Rache.

40
    L ANGLEY , V IRGINIA
    »Gut gemacht«, sagte Carter. »Eine Bravourvorstellung. Ein Kunstwerk. Wirklich.«
    Er stand in der Executive Suite im sechsten Stock vor dem Aufzug und lächelte mit der ganzen Echtheit der Kunstpflanzen, die im ständigen Halbdunkel seines Büros gediehen. So sieht das tröstliche Lächeln von Führungskräften aus, wenn sie einem kündigen, befand Gabriel. Es fehlten nur noch die goldene Uhr, die bescheidene Abfindung und das Abschiedsessen zu zweit in Morton’s Steak House. »Kommen Sie«, sagte Carter und klopfte Gabriel auf die Schulter, was er sonst nie tat. »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Sie fuhren in eines der Kellergeschosse des Gebäudes hinunter und marschierten gefühlt eine Meile weit durch grau-weiße Korridore. Ihr Ziel war eine verglaste Beobachtungsplattform über einem höhlenartigen Raum, in dem es wie auf dem Börsenparkett an der Wall Street zuging. An allen vier Wänden flimmerten Großbildschirme in der Größe von Werbetafeln. Darunter erhellten zweihundert gewöhnliche Computerbildschirme zweihundert Gesichter. Was diese Leute genau taten, hätte Gabriel nicht sagen können. Tatsächlich wusste er nicht mal mehr, ob er noch immer in Langley oder zumindest noch im Bundesstaat Virginia war.
    »Wir haben entschieden, es sei höchste Zeit, alle unter einem Dach zu versammeln«, erklärte Carter ihm.
    »Alle?«, fragte Gabriel.
    »Dies ist Ihr Unternehmen«, sagte Carter.
    »Das ist alles für ein Unternehmen?«
    »Wir sind Amerikaner«, sagte Carter mit einem Anflug von Verlegenheit. »Wir können nur groß.«
    »Hat dieser Laden eine eigene Postleitzahl?«
    »Tatsächlich hat er noch nicht mal einen Namen. Wir nennen ihn Raschidistan – Ihnen zu Ehren. Kommen Sie, wir machen einen kleinen Rundgang.«
    »Unter diesen Umständen habe ich Anspruch auf einen großen Rundgang, glaube ich.«
    »Wollen wir uns wieder über Zuständigkeiten streiten?«
    »Nur wenn’s sein muss.«
    Carter führte Gabriel über eine enge Wendeltreppe ins Operationszentrum hinunter. Die abgestandene Luft roch nach neuem Teppichboden und überhitzten Stromkabeln. Eine junge Frau mit schwarzer hochgestylter Kurzhaarfrisur drängte sich wortlos an ihnen vorbei und setzte sich an einen der vielen Arbeitsplätze in der Saalmitte. Gabriel sah zu einem der Großbildschirme auf und erkannte mehrere bekannte Washingtoner Journalisten, die in einem Fernsehstudio vor laufender Kamera miteinander diskutierten. Der Ton war abgestellt.
    »Arbeiten sie einen Terroranschlag auf?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Wieso sind sie dann zugeschaltet?«, fragte Gabriel. Er sah sich verwundert und zugleich enttäuscht in dem großen Raum um. »Wer sind alle diese Leute?«
    Selbst Carter, der nominelle Leiter dieses Unternehmens, schien kurz nachdenken zu müssen, bevor er antwortete. »Die meisten kommen aus der Agency«, sagte er dann, »aber wir haben auch NSA, FBI, Justizministerium, Finanzministerium und mehrere Dutzend Grünkartler.«
    »Ist das eine vom Aussterben bedrohte Art?«
    »Ganz im Gegenteil«, sagte Carter. »Alle, die Sie mit grünen Ausweisen herumlaufen sehen, kommen aus der Privatwirtschaft. Nicht einmal ich weiß genau, wie viele davon es in Langley gibt. Aber eines weiß ich bestimmt: Die meisten verdienen weit mehr als ich.«
    »Wofür?«
    »Einige wenige sind ehemalige Terroristenfahnder, die ihr Gehalt verdreifacht haben, seit sie für Privatfirmen arbeiten. In vielen Fällen tun sie genau dieselbe Arbeit und haben genau dieselben Zugangsberechtigungen wie früher. Aber jetzt werden sie statt von der Agency von ACME Security Solutions oder irgendeiner anderen Privatfirma bezahlt.«
    »Und der Rest?«
    »Datengräber«, sagte Carter, »und dank des gestrigen Gesprächs in Zürich sind sie auf die Hauptader gestoßen.« Er deutete auf eine Gruppe von zusammengestellten Arbeitstischen. »Das Team dort drüben befasst sich mit Samir Abbas, unserem Freund aus der TransArabian Bank. Sie seziert ihn Stück für Stück, E-Mail für E-Mail, Telefonat für Telefonat, Überweisung für Überweisung. Sie hat seine Spur schon bis in die Zeit vor dem 11.   September zurückverfolgt. Aus unserer Sicht ist allein Samir die bisherigen Kosten dieses Unternehmens wert. Dass er’s geschafft hat, nie auf unserem Radar zu erscheinen, ist bemerkenswert. Er ist wirklich ein großer Fisch. Und das ist auch sein Freund von der Universität Mekka.«
    Die junge Frau mit den

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