Der Historiker
waren, in irgendeiner Kirchenangelegenheit. Diese befinden sich auch in dem Archiv.‹
Er übersetzte schnell für Aksoy, der wollte, dass Turgut noch etwas erklärte. ›Ja, mein Freund gibt mir noch eine wichtige Information. Er erinnert mich daran, dass Sultan Mehmed, gleich nachdem er die Stadt eingenommen hatte, einen neuen christlichen Patriarchen ernannte, den Patriarchen Gennadius.‹ Aksoy, der genau zuhörte, nickte heftig. ›Mehmed II. und Gennadius pflegten eine sehr gute Freundschaft. Ich habe Ihnen bereits berichtet, dass der Sultan den Christen im Reich gegenüber sehr tolerant war, als er sie erst einmal unterworfen hatte. Sultan Mehmed bat Gennadius, ihm eine Erläuterung des orthodoxen Glaubens zu verfassen, die er sich dann für seine persönliche Bibliothek übersetzen ließ. Eine Kopie dieser Übersetzung befindet sich im Archiv. Dann gibt es Kopien von einigen Gründungsurkunden, die die Kirchen dem Sultan vorzulegen hatten. Mr Aksoy war gerade dabei, die Urkunde einer Kirche durchzusehen, einer Kirche in Anatolien, und dabei fand er zwischen zwei Blättern diesen Brief!‹
›Danke.‹ Helen lehnte sich zurück in die Kissen.
›Leider kann ich Ihnen das Original nicht zeigen. Sie können es sich selbst im Archiv ansehen, wenn Sie wollen. Die Handschrift ist sehr schön, ein kleines Stück Pergament, an dem eine Ecke eingerissen ist. Jetzt werde ich Ihnen unsere englische Übersetzung vorlesen. Bitte denken Sie daran, dass es die Übersetzung einer Übersetzung ist, da kann etwas auf dem Weg verloren gegangen sein.‹
Und dann las er uns das Folgende vor:
Eure Exzellenz, Herr Abt Maxim Eupraxios:
Ein demütiger Sünder bittet um Euer Gehör. Wie ich beschrieben habe, gab es in dieser Gemeinschaft eine große Auseinandersetzung, seit wir mit unserem Auftrag gestern gescheitert sind. Die Stadt ist kein sicherer Ort für uns, und doch glauben wir, dass wir sie nicht verlassen können, solange wir nicht herausgefunden haben, was mit dem Schatz geschehen ist, den wir suchen. An diesem Morgen hat sich, durch die Gnade des Allmächtigen, ein neuer Weg eröffnet, den ich Euch hier darlegen muss. Der Abt von Panachrantos kam persönlich zu uns nach Sankt Irene, nachdem er dem heiligen Abt, der unser Gastgeber und sein guter Freund ist, von unserer schmerzlichen Notlage erfahren hatte. Er ist ein gnädiger, heiliger Mann von fünfzig Jahren, der sein langes Leben zunächst in der Großen Lawra auf Athos verbracht hat und jetzt schon seit Jahren als Mönch und Abt in Panachrantos wirkt. Bevor er zu uns kam, beriet er sich mit unserem Gastgeber, und dann sprachen sie mit uns in dessen Räumen unter höchster Geheimhaltung, nachdem alle Novizen und Diener hinausgeschickt worden waren. Er erklärte uns, dass er erst an diesem Morgen von unserer Anwesenheit erfahren habe und daraufhin gleich zu seinem Freund geeilt sei, um ihm Neuigkeiten mitzuteilen, die er bis dahin für sich behalten habe, weil er ihn und seine Mönche nicht in Gefahr bringen wollte. Kurz, er hat uns darüber aufgeklärt, dass das, wonach wir suchen, bereits aus der Stadt und an einem sicheren Platz in den besetzten Gebieten Bulgariens gebracht wurde. Er hat uns die geheimsten Unterweisungen gegeben, wie wir sicher dorthin reisen können, und uns das Heiligtum genannt, das es zu finden gilt. Wir würden gern noch eine Weile hier warten, um Eure Antwort und Eure Befehle in dieser Sache abzuwarten, aber die beiden Äbte wussten ebenfalls zu berichten, dass bereits einige Janitscharen vom Hof des Sultans zum Patriarchen gekommen sind, um ihn zum Verbleib dessen zu befragen, was wir suchen. Es ist äußerst gefährlich für uns, auch nur noch einen Tag hier zu verharren, und wir werden sicherer sein auf dem Weg durch das Land der Ungläubigen, als wir es hier sind. Exzellenz, vergebt uns unsere Eigenwilligkeit, indem wir aufbrechen, ohne um Unterweisungen von Euch nachsuchen zu können, und möge Gottes und Euer Segen auf unserer Entscheidung ruhen. Wenn es notwendig ist, werde ich sogar diesen Brief vernichten, bevor er Euch erreicht, und werde selbst kommen, um Euch mit eigener Zunge, sofern sie mir nicht vorher abgeschnitten wurde, von unserer Suche zu berichten.
Euer demütiger Sünder,
Bruder Kyrill
April, im Jahre unseres Herrn 6985
Auf Turguts Vortrag folgte tiefes Schweigen. Selim und Mrs Bora saßen regungslos da, und Turgut rieb sich mit unruhiger Hand seine silberne Mähne. Helen und ich sahen einander
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