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Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2

Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2

Titel: Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. R. R. R. Roberts
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»Wie geht es Ihnen?«
    »Maaann«, erwiderte er. Er atmete das Wort geradezu aus. Dann ließ er sich im Schneidersitz vor dem Käfig nieder.
    »Graham«, fragte ich, »Sie haben nicht zufällig neunzig Gulden bei sich? Oder wenn nicht, gibt es irgendjemanden, von dem Sie sich neunzig Gulden leihen könnten?«
    Doch es schien, als wäre Graham eingeschlafen.
    Den Rest des Tages verbrachte ich damit, der Sonne dabei zuzusehen, wie sie über den Himmel nach Westen wanderte. Am Abend schließlich kam Barnabas, um den Eimer zu leeren und mir Brot und Käse zu bringen.
    »Wer ist das«, fragte er.
    »Ein Bekannter von mir.«
    »Dachte schon, ich hätte eine olfaktorische Halluzination«, sagte er und sah mich verwirrt an. »Kennen Sie das, wenn …«
    »Barnabas?«, unterbrach ich ihn.
    »Bingo?«
    » Wir sind doch Freunde, oder?«
    »Es ist mir nicht gestattet, mit den Inhaftierten zu fraternisieren«, erwiderte er steif. »Und nein, ich kann Ihnen keine neunzig Gulden leihen. Bei meinem Gehalt? Wissen Sie, ich liebe heiße Schokolade. Ich sollte mir wirklich mal eine heiße Schokolade gönnen. Aber wenn ich mir nicht einmal das leisten kann, wie soll ich Ihnen dann neunzig Gulden leihen?«
    »Ich verstehe«, sagte ich leise.
    Barnabas ging wieder in das Polizeigebäude, und die Sonne ging unter. Der Himmel färbte sich wie roséroter Wein. Das Rot wurde zu Lila und dann zu Schwarz. Die Sterne kamen heraus. Ich legte mich auf die Pritsche und starrte den Mond an. Wie sehr er doch einem abgeschnittenen Zehennagel glich, dachte ich, und dann dachte ich über mein Leben nach, dachte an all die vergebenen Chancen. Vielleicht (so hoffte ich) würden die Zwerge ja wirklich einen Tunnel graben, direkt unter dem Käfig, und mich in einer gewaltigen Harzexplosion in Stücke sprengen. Es wäre besser als das hier. Ich schloss die Augen in der festen Überzeugung, dass es eine große Erleichterung sein würde, sollte ich sie nie wieder öffnen.
    Ich schlief. Einmal wurde ich von dem Ruf einer Eule geweckt und ein weiteres Mal vom Kreischen einer Nachtschwalbe. Schließlich erhellte sich der Himmel im Osten und mir wurde – durch eine graduelle Veränderung der Geruchssituation – bewusst, dass Graham nicht nur wach war, sondern sich mir auch genähert hatte. Ich öffnete die Augen und sah seine Umrisse – es war noch zu dunkel, um Einzelheiten zu erkennen – nahe an den Käfigstangen. Und wieder: So nah und doch so fern! 45
    »Hallo noch mal«, sagte ich von meiner liegenden Position (oder positionierten Liege) aus.
    »Maaann«, murmelte er. »Was machst du da drin?«
    »Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte ich. »Letztlich läuft es darauf hinaus, dass ich keine Freunde habe.«
    »Maaann, du musst mit den Bäumen sprechen«, sagte er. Und um dem Satz Nachdruck zu verleihen, fügte er ein weiteres »Maaann« hinzu.
    Ich spürte, wie meine Nase leicht zu zucken begann. »Ich bezweifle doch sehr, dass mir die Bäume helfen können.«
    Diese Antwort schien ihm nicht zu gefallen. »Maaann«, rief er. »Maa-a-ann!«
    Ich setzte mich auf und rieb mir das Gesicht. Da ich mich etliche Wochen nicht gewaschen hatte, bedeutete das Reiben des Gesichts, dass ich kleine wurmförmige Schmutzwürstchen aufrollte und von der Haut kratzte. Aber es war immer noch dunkel, also konnte ich sie nicht sehen. »Ich weiß wirklich nicht, warum Sie mich ständig mit ›Mann‹ ansprechen«, sagte ich. »Ich bin kein Mann. Ich bin ein Hobbnix.«
    »Geist«, sagte Graham plötzlich mit verträumter Stimme.
    »Nein, auch kein Geist. Ein Hobbnix. Wobei ich nicht mehr lange einer sein werde, wenn das so weitergeht. Vermutlich werde ich erneut krank. Oder der Schimmel auf dem Käse, den Barnabas mir bringt, vergiftet mich. Oder …« Ich stockte, als würde mir gerade die ganze Bedeutung dessen klar, was ich da sagte. »… ich gebe einfach den Geist auf. Den Geist aufgeben! Nie, nie, nie hätte ich den Geist aufgeben sollen! Hätten wir uns doch nie gestritten, dann wäre er nicht allein gewesen, als der Exorkist kam …« Ich war den Tränen nahe. Tatsächlich war es im Käfig nicht einfach, sich von den Tränen zu entfernen – wegen den Stäben und so.
    »Welcher Exorkist?«, fragte Heinrich mit verwirrter Stimme.
    Zuerst dachte ich, es wäre eine weitere Halluzination: Heinrich, der etwa einen Meter über dem Boden direkt vor dem Käfig schwebte. Aber da war etwas Lebendiges an seiner Erscheinung (nun, lebendig im metaphorischen Sinne). Heinrich war

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