Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2
tatsächlich hier – in all seiner fürchterlichen Schönheit.
Die Tatsache, dass ich meinen Geist doch nicht verloren hatte, traf mich wie ein Schlag auf die Brust. Ich schrie auf und stürzte auf ihn zu, wobei ich für einen Moment vergaß, dass sich Eisenstangen zwischen uns befanden. Ich lief dagegen wie ein Wrestler, und meine Vorwärtsbewegung wurde blitzartig und begleitet von einem lauten Boing in eine schmerzhafte Rückwärtsbewegung überführt. Ein zwiefacher Schmerz pochte in meinem Oberkörper, in jeder Schulter einer. Benommen rappelte ich mich auf und stolperte auf meinen Geliebten zu. Ich steckte die Arme durch die Käfigstangen und berührte sein Ektoplasma. Er war es wirklich! »Heinrich«, rief ich. »Du bist es wirklich.«
»Wer sonst sollte hier herumgeistern?«, erwiderte er lächelnd.
»Hab ich’s doch gesagt, Mann«, murmelte Graham.
»Aber … du wurdest exorkiziert?«, sagte ich.
»Exorkiziert? Aber bestimmt nicht«, sagte Heinrich. »Wie kommst du darauf?«
»Ich habe überall in der Höhle nach dir gesucht. Du warst verschwunden! Dann sah ich Schorsch Ratzinga im Garten, wie er mich spöttisch angrinste, und da dachte ich …«
»Der?«, schnappte Heinrich. »Der könnte ja noch nicht einmal ein Ei exorkizieren. Egal welcher Größe.«
Natürlich fühlte ich mich mehr als erleichtert, meinen geliebten Geist wiederzusehen, aber irgendetwas an der Situation störte mich. So dankbar ich war, dass ich ihn wiederhatte, so wütend war ich auf ihn, dass er mich die ganze Zeit über hatte glauben lassen, ich hätte ihn verloren. Die beiden Emotionen waren zwei Flammen im selben Feuer. Das ist eines der besonderen Merkmale von Liebe, nicht wahr? Oberflächliche Menschen meinen oft, dass »Liebe« und »Hass« Gegensätze seien. Das sind sie natürlich nicht; »Liebe« und »Gleichgültigkeit« wären bessere Gegensätze. Liebe und Hass, beides intensive emotionale Zustände, hatten auf beunruhigende Weise jede Menge gemeinsam. Aber nur jemand, der nicht ganz bei Trost war, würde sie als völlig gleich bezeichnen. Liebe stellt den anderen über dich; Hass stellt ihn unter dich. Verstehen Sie? Oben und unten. FC Bayern und 1860 München. Deshalb »stürzen« wir uns auch nicht in eine Liebe, wie man gemeinhin sagt, sondern schwingen uns zu ihr hinauf … Wie auch immer, Liebe – und ich spreche nicht von einer flüchtigen Schwärmerei, sondern von richtiger, lebenslanger, tiefer Liebe – hat viel mit Ärger und Gereiztheit zu tun. Das ist das Seltsame: dass man seinen Partner so sehr lieben und ihn gleichzeitig – und ohne dass es ein Widerspruch wäre – wirklich nervtötend finden kann.
In diesem Moment zum Beispiel ging mir Heinrich maßlos auf die Nerven. »Warte mal«, sagte ich. »Du warst die ganze Zeit über am Leben? «
»Natürlich nicht«, erwiderte er empört, als wäre er noch nie so beleidigt worden.
»Du weißt genau, wie ich das meine. Du warst die ganze Zeit über tot? «
»Nun, jedenfalls wurde ich nicht exorkiziert.«
Und wieder machte mein Herz vor Erleichterung einen Sprung. Und wieder schäumte ich vor Ärger. »Ich wäre vor Kummer beinahe gestorben, Heinrich. Du bist einfach abgehauen? Hättest du nicht eine Nachricht hinterlassen können?«
»Aber ich habe Dir eine Nachricht hinterlassen«, erwiderte er. »Auf dem Badezimmerspiegel, in Blut geschrieben. Hast du sie nicht gesehen?«
»Nein«, sagte ich trotzig. »Aber das könnte möglicherweise daran liegen, dass ich die letzten drei Wochen hier in diesem Käfig verbracht habe … Heinrich, wo warst du nur?«
»Bingo, weißt du etwa nicht, was geschieht?«
»Doch. Wie ich gerade sagte: Ich bin in einem Käfig seit …«
Er unterbrach mich. »Die Welt der Hobbnixe – und der Menschen und Elben und Zwerge – ist dem Untergang geweiht. Die gesamte Zivilisation der Entgeisterten steht am Rande der völligen Vernichtung.«
»Oh, tatsächlich? Und das ist deine Entschuldigung dafür, einfach so zu verschwinden? Ist das nicht eine ziemlich schwache Ausrede?« Dann, als mein Herz einmal mehr vor Freude überlief, dass ich ihn wiederhatte, fügte ich hinzu: »Oh, ich war wirklich wütend auf dich, ich gebe es zu. Aber kannst du mir das verdenken?«
Jetzt schien auch Heinrich wütend zu werden. »Ich habe dir eine Nachricht hinterlassen! Auf dem Badezimmerspiegel! In Blut!«
»Bist du sicher? Ich habe die ganze verfluchte Höhle durchsucht. Und ich erinnere mich an keine Nachricht auf dem
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