Der Hochzeitsvertrag
im Jahr ihr neues Zuhause sein? Emily schluckte.
"Nun komm", meinte Nicholas locker und fasste sie am Ellbogen. "Es wird Zeit, den Haushalt zu überraschen. Ich hätte einen Boten vorausschicken sollen. So hat das mein Vater meist gemacht. Sei nicht enttäuscht, wenn unser Empfang nicht allzu grandios ausfällt."
"Nicholas, könnten wir nicht …"
Ungerührt stieg der Earl of Kendale die Treppe zur Eingangstür hinauf. "Der Klopfer wird nicht angebracht sein. Du musst die Knöchel benutzen", wies er Wrecker an.
Diese Art von nächtlichem Überraschungsbesuch würde sie bei den Dienstboten nicht beliebter machen, das wusste Emily. "Warte, Nicholas! Du hast doch sicher Schlüssel. Könnten wir uns nicht hineinstehlen und uns bettfertig machen, ohne das ganze Haus zu wecken? Die Dienerschaft schläft doch bestimmt schon!" gab sie leise zu bedenken.
"Uns hineinstehlen ?" Nicholas unterdrückte ein Lachen. "Es tut mir Leid, meine Liebe, aber das ist nun wirklich unmöglich. Unter keinen Umständen!" fügte er hinzu, als ob er annahm, dass sie in Erwägung zog, den Hintereingang zu benutzen, sobald er nicht dabei war.
"Du musst mich nicht auf mögliches Fehlverhalten hinweisen, nur weil ich einmal unbefugt dein Haus betreten habe", fauchte sie ihn wütend an. "Ich will nur niemanden aus dem Tiefschlaf holen."
"Überleg dir nur, wie entsetzt das Personal am Morgen wäre, wenn es uns in den ungemachten Betten finden würde. Außerdem ist es noch nicht einmal zehn Uhr. So früh wie auf dem Land begibt sich hier niemand zur Ruhe", erklärte er ihr, während er die letzte Stufe erklomm.
Der Earl und die Countess of Kendale werden das in Zukunft auch nicht, vermutete Emily. Schnippisch gab sie zurück: "Wenn du mich auf diese Weise an meine einfache Herkunft erinnern willst, dann …"
"Du weißt sehr gut, dass das nicht meine Absicht war", erklärte Nicholas unwirsch. "Und jetzt sei still und lächle, um Himmels willen."
"Ich soll lächeln ?" Empört funkelte sie ihn an, verkniff sich aber eine Bemerkung, als in der Stille der Nacht das Geräusch widerhallte, das Wreckers Knöchel auf der massiven Eichentür verursachten.
Auch Nicholas war zusammengezuckt und meinte nun leise zu ihr: "Ja, das solltest du. Und Haltung annehmen, bitte."
Emily versteifte sich.
"Wunderbar", sagte er und nickte bestätigend. "Genau so. Nicht einmal Mutter wirkte so … so distinguiert. Und jetzt: Fertig zum Entern!"
Was meint er damit wohl, rätselte Emily. Fertig zum Entern?
Als die Türflügel beinahe lautlos einen Spaltbreit geöffnet wurden, sah Emily einen älteren Herrn in ungepflegter Livree in der Eingangshalle stehen. Er wirkte verwirrt. "Mylord?" stammelte er. "Wir hatten Sie nicht … Willkommen daheim!" Er trat einen Schritt zurück, so dass sie eintreten konnten.
"Guten Abend, Upton. Und wie geht es Ihnen?" fragte Nicholas und trat mit Emily über die Türschwelle. "Schön, wieder zu Hause zu sein. Und ich habe die Countess mitgebracht." Er sah zu seiner Frau. "Das ist Upton, unser Butler." Er wies auf den Diener. "Upton? Dies ist deine neue Herrin, Lady Kendale."
"Mr. Upton", begrüßte Emily ihn freundlich.
Er nickte ihr zunächst knapp zu, dann erinnerte er sich an seine Manieren und deutete steif eine Verbeugung an. "Mylady."
Wrecker trat hinter ihnen in die Eingangshalle. Nicholas deutete auf einen Stuhl, und Wrecker setzte sich.
"Lassen Sie doch bitte unser Gepäck ins Schlafzimmer von Mylady bringen. Wo sind denn die anderen?" Nicholas sah sich in der Eingangshalle um, als erwartete er, dass sämtliche Dienstboten plötzlich hinter den Statuen hervortreten würden, um ihn zu begrüßen.
"Ich kümmere mich um das Gepäck und werde das Personal zusammenrufen, Mylord", meinte der alte Butler. Er schritt zu einem Raum auf der linken Seite voraus, öffnete die Flügeltüren und zündete mit geübter Hand ein paar Kerzen an. "Wenn Sie so gütig wären zu warten." Er zog sich rückwärts aus dem Zimmer zurück.
"Aber natürlich. Wir werden hier warten, bis Sie den Haushalt davon unterrichtet haben, dass wir eingetroffen sind."
Emily zupfte an seinem Ärmel und sagte mit gedämpfter Stimme: "Nicholas, das ist doch nicht nötig. Wir können bis morgen …"
"Sei still", unterbrach er sie mit gedämpfter Stimme, während der Butler die Tür hinter ihnen schloss.
Der Raum roch muffig. Schatten schienen im Licht der wenigen Kerzen durch die Ecken des riesigen Raumes zu kriechen. Es ist, als ob der alte Earl noch immer
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