Der Hochzeitsvertrag
"Ich nehme an, du hast nichts dagegen, der Countess aufzuwarten?"
Rosie knickste noch einmal, dieses Mal etwas geschickter. "Nein, Sir. Überhaupt nicht."
"Deine Mutter hat uns verlassen?"
"Sie ist gestorben, Sir, schon vor fünf Jahren."
"Ich bedauere außerordentlich, das hören zu müssen. Mrs. Hempstead hatte immer ein gutes Wort für jeden." Er überlegte kurz. "Ich hätte gedacht, dass du ihre Stellung in Bournesea übernehmen würdest?"
"Nein, Sir, Ihr Vater meinte, ich sei zu jung, um als Haushälterin zu arbeiten. Ich bin immer noch Zimmermädchen, wie damals."
"Aha. Nun, dann bewähre dich als Kammerzofe. Es ist zwar nur für kurze Zeit, aber wir werden sehen, was sich machen lässt."
"Danke, Mylord." Rosie knickste noch einmal, ihr Hemd vorn mit einer Hand zusammenhaltend. Dann wandte sie sich unterwürfig an Emily. "Hier entlang bitte, Miss … Mylady", murmelte sie und ging mit der Handleuchte auf die große, geschwungene Treppe zu, die in den ersten Stock führte.
Emily wünschte ihrem Mann eine gute Nacht, raffte müde ihre Röcke und folgte dem Mädchen in den ersten Stock, dann weiter in den zweiten. Sie fragte sich, wer sich unbehaglicher in dieser neuen Situation fühlte: Sie oder Rosie. Allerdings hoffte sie, dass zumindest Rosie wusste, was von ihr, Emily, erwartet wurde. Sonst würden sie beide großes Unheil anrichten.
"Am Ende des Ganges ist es, Mylady. Mylord schläft gleich neben Ihnen", sagte Rosie schließlich, als sie den Treppenabsatz im dritten Stock erreichten. "Soll ich Ihnen ein Bad einlassen?"
"Bemüh dich nicht, Rosie. Ich möchte nicht, dass jemand aufbleiben muss, um Wasser zu bringen."
Rosie schien jetzt, da sie mit Emily allein war, nicht mehr so schüchtern zu sein wie Nicholas gegenüber. Sie lächelte. "Ach, nein, Mylady, das Wasser kommt aus einem Rohr in der Wand des Badezimmers, wissen Sie", meinte sie und fügte hinzu: "Auf dem Land ist das Lebern eben viel primitiver." Sie seufzte begeistert, offensichtlich auch nach vierzehn Tagen in der Großstadt noch immer fasziniert von den Wundern der Zivilisation. "Und raten Sie nur, was es noch gibt! Ach nein, Sie erraten es nie! Stellen Sie sich vor, hier gibt es keine Nachttöpfe." Das Blut schoss ihr in die Wangen. "Nicht, dass Sie jemals Nachttöpfe …"
"Ach, ich habe eine Reihe davon leeren müssen", versicherte Emily ihr und errötete zart. "Sprich nur weiter."
Rosie öffnete die Schlafzimmertür. "Es wird Wasserklosett genannt. Sie werden schon sehen. Alles wird durch Rohre aus dem Haus gespült. Sogar für die Dienerschaft gibt es eins." Sie ließ Emily den Vortritt und betrat den Raum nach ihr.
Emily fiel auf, dass das Gemach der Countess dem in Bournesea sehr ähnelte, auch wenn es ein wenig kleiner und in Hellblau gehalten war. Die Vorhänge waren aus Samt, nicht aus Chintz, aber die Möblierung war fast gleich und die Wände waren mit einer Seidentapete verziert.
"Wenn Sie mir bitte ins Badezimmer folgen wollen?" bemerkte Rosie.
Bereitwillig ließ sich Emily von Rosie in einen angrenzenden Raum führen. Tatsächlich stand neben einem herkömmlichen Waschtisch eine große, mit Mahagoniholz verkleidete Porzellanwanne.
"Das wollte ich schon die ganze Zeit probieren", murmelte Rosie, mehr zu sich als zu ihrer Herrin. "Ich durfte hier immer nur sauber machen – Staub wischen und dergleichen."
Emily sah zu, wie das Mädchen an einem kleinen Hahn drehte, der offenbar die Leitung öffnete. Es rumpelte ein wenig, dann strömte Wasser aus dem Rohr in die Wanne.
"Sehen Sie nur! Ein Wunder, nicht wahr?" Rosie hielt andächtig den Finger in den Wasserstrahl. "Ich kann Ihnen auf dem Badeofen auch ganz schnell Wasser warm machen." Ehrfürchtig deutete sie auf die andere Errungenschaft der modernen Technik. "Und da. Das ist das Klosett ."
"Danke, Rosie. Ich kenne diese Einrichtung aus der Zeitung."
Staunend sah Rosie sie an. "Wie merkwürdig: Sie sind jetzt Countess, und ich bin Kammerzofe. Sie werden mich doch behalten, oder? Ich brauche zwar noch ein bisschen Übung, und ich würde alles tun, was Sie sagen", fügte sie ängstlich hinzu.
Emily wusste nicht, wie sie auf die unbefangene Vertraulichkeit reagieren sollte, mit der Rosie sie nun behandelte. Beim Empfang war sie sehr zurückhaltend gewesen. "Wir werden sehen", sagte sie, lächelte aber aufmunternd.
"Das werden wir", pflichtete Rosie ihr heftig nickend bei. "Und Sie können sich drauf verlassen, dass ich den neugierigen, klatschsüchtigen
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