Der Hochzeitsvertrag
ging ins Schlafzimmer. Die Reisetruhe war tatsächlich schon nach oben gebracht worden.
Sie stöberte nach einem Hemd, schlug die Bettdecke des hohen Pfostenbettes zurück, ließ das Handtuch achtlos auf den Boden sinken und schlüpfte zwischen die Laken, wo sie sogleich einschlief.
Der Morgen dämmerte. Noch war der Himmel grau. Es sieht nach Regen aus, aber noch fehlt der Wind, dachte Nicholas schlecht gelaunt. Ein Dunstschleier hatte sich über London gesenkt.
Er wäre am Vorabend am liebsten zu Emily gegangen, nachdem das Personal sich wieder zurückgezogen hatte, hätte sie gern in die Arme genommen, um sich eigenhändig davon zu überzeugen, dass es ihr gut ging, und um sie zu trösten. Aber sie hatte völlig erschöpft gewirkt, und er hatte sie lieber in Ruhe gelassen.
Gewiss machte sie sich große Sorgen darüber, wie sie hier in Kendale House behandelt werden würde. Der kühle Empfang gestern Abend war kein gutes Vorzeichen dafür gewesen, dass die Dienstboten ihre Autorität akzeptieren würden. Aber jede Einmischung von seiner Seite unterminierte ihre Stellung noch mehr, hier und in Bournesea.
Er klingelte nach Wrecker und setzte sich ans Fenster, während er wartete. Wrecker war ein schauderhafter Kammerdiener, aber sein eigentlicher Kammerherr war in Gujarat geblieben.
Nach einem kurzen Klopfen wurde die Tür geöffnet. "Jawohl, Mylord?"
"Komm rein. Wir sollten noch darüber reden, ob dir die Stellung als Kammerdiener zusagt. Die Bezahlung ist natürlich besser als die eines bloßen Dienstboten, und ein eigenes Zimmer steht einem Kammerherrn auch zu."
"Ich danke vielmals. Im Vertrauen, Mylord: Ihre Männer schnarchen fürchterlich. Bei all dem Lärm hab ich schon geträumt, ich wäre wieder auf See. Was muss ich denn alles so machen?"
Nicholas beschloss im Stillen, dass er noch an Wreckers Wortwahl würde arbeiten müssen, verschob dies aber auf einen Zeitpunkt, wo er dessen Dienste nicht mehr so dringend benötigte. "In erster Linie wirst du darauf Acht geben, dass meiner Frau kein Leid geschieht, wenn ich nicht da bin. Jeden Morgen wirst du mir hier Bericht darüber erstatten, ob du etwas Verdächtiges bemerkt hast. Was sonst so ansteht, sage ich dir, wenn's nötig ist."
"Sie haben also keine Verwendung für einen Burschen, der Ihnen beim Ankleiden behilflich ist, oder?" meinte Wrecker und kratzte sich hinter dem Ohr.
"Fein, dass du immer ohne Umschweife zur Sache kommst. Ja, du hast Recht. Ach, da fällt mir ein, soll ich dich mit deinem Vornamen oder mit MacFarlin anreden? Wie heißt du eigentlich?"
" Percy , aber nicht mal meine Mutter nennt mich so. Können Sie nicht einfach Wrecker sagen wie bisher?" fragte der Seemann irritiert. "Was ist damit nicht in Ordnung?"
"Gar nichts", beruhigte Nicholas ihn. "Ich dachte nur, dir wäre vielleicht an einem deiner neuen Stellung angemessenen Namen gelegen."
Wrecker dachte kurz nach und strich sich mit dem Daumen über das Kinn. Dann seufzte er. "Sie haben Recht. Nennen Sie mich MacFarlin." Er nahm Haltung an und sah erwartungsvoll zu seinem Herrn.
"Gut. Und – Hände weg von den Mädchen, MacFarlin. Das weibliche Personal ist tabu. Verstanden?"
Kummervoll verzog Wrecker das Gesicht. "Auch die Rothaarige, die sich um Ihre Frau kümmert?"
"Die ganz besonders", betonte Nicholas. Wrecker schien aufbegehren zu wollen, daher fügte er hinzu: "Wenn du Rosie den Hof machen willst, bitte. Aber nur, wenn sie nichts dagegen hat. Und wenn du ihr den gebührenden Respekt erweist."
Der Ton der Enttäuschung, den Wrecker ausstieß, wirkte fast schon komisch, doch Nicholas blieb ernst. "Wir haben uns verstanden, denke ich. Geh jetzt. Außerdem wünsche ich, dass mir das Frühstück serviert wird. Du wirst deine Mahlzeiten mit Upton und der Haushälterin einnehmen. Verhalte dich manierlich, und erschrecke die beiden nicht mit irgendwelchen grausigen Seemannsgeschichten."
"Sie meinen, ich kann nicht mal mit dem Mädel essen?" Wrecker sah aus, als würde er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen.
"Unsinn. Rosie ist Myladys Kammerzofe, zumindest im Moment. Und solange sie Kammerzofe ist, wird sie die Mahlzeiten mit dir einnehmen."
Wrecker konnte es kaum erwarten, nach unten zu kommen. Nicholas war überrascht, dass sich zumindest ein Mensch in diesem Haushalt so sehr auf den Tag freute.
Mit einem Seufzer rieb er sich über sein stoppeliges Kinn und sah auf seine staubigen Stiefel hinunter, die ein aufmerksamer Kammerdiener schon am Vorabend geputzt
Weitere Kostenlose Bücher